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StartSicherheitGewalt gegen Polizisten muss nachhaltig verfolgt werden

Gewalt gegen Polizisten muss nachhaltig verfolgt werden

Die vergangene Silvesternacht hat erneut deutlich gemacht, welchen Gefahren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte im Dienst ausgesetzt sind. Gleiches gilt inzwischen leider auch für Feuerwehrleute. Bei der Verfolgung der Straftaten ist vor allem die Justiz gefordert. Bei den Staatsanwaltschaften braucht es noch öfter spezialisierte Dezernate.

Denn die dort beschäftigten Staatsanwältinnen und Staatsanwälte könnten Attacken auf Polizistinnen und Polizisten nachhaltig, einheitlich und fokussiert bearbeiten und verfolgen, meint Kölns Polizeipräsident Falk Schnabel, der 2018 als Leiter der Staatsanwaltschaft Düsseldorf ein solches Sonderdezernat dort eingerichtet hatte. So werde eine einheitliche Strafverfolgung gesichert. Allerdings existieren solche Sonderdezernate seiner Kenntnis nach noch nicht bei allen Staatsanwaltschaften. Sie seien aber äußerst sinnvoll und sollten weitere Verbreitung finden, so Schnabel. Inzwischen sieht eine Verwaltungsvorschrift in Nordrhein-Westfalen fakultativ derartige Einheiten ausdrücklich vor. Bei der Polizei Köln habe sich die Bündelung solcher Vorgänge in einem eigenen Kommissariat seit Jahren gut bewährt.
Der Kölner Polizeipräsident regt an, in Zukunft bei Angriffen auf Vollzugskräfte noch genauer hinzuschauen, um eine zügige und nachdrückliche Strafverfolgung zu gewährleisten. „Die Strafe muss auf dem Fuße folgen“, unterstreicht Schnabel. Es brauche rasche Anklagen, um ein Signal an die Beschuldigten zu senden. Nicht erforderlich seien schärfere Gesetze. Vielmehr komme es darauf an, die bestehenden Rechtsvorschriften und Strafrahmen konsequent auszuschöpfen.

Auf beschleunigte Verfahren setzen

In diesem Kontext könnte helfen, vermehrt auf beschleunigte Verfahren zu setzen. Hierfür brauche es in jedem Fall aber eine klare Beweislage. Außerdem müsse die Gefahr bestehen, dass sich der oder die Beschuldigte dem Verfahren entziehen könnte. Sobald der oder die Beschuldigte einen festen Wohnsitz habe, werde von den Gerichten in der Regel davon ausgegangen, dass keine Entziehungsabsicht bestehe. Dies sei oftmals auch der Fall, wenn der oder die Beschuldigte in einer Sammelunterkunft polizeilich gemeldet sei. Ob eine solche Unterkunft tatsächlich als fester Wohnsitz anzusehen sei, könne man zumindest kritisch hinterfragen, gibt Schnabel zu bedenken.
Für Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), sind Sammelunterkünfte definitiv keine festen Wohnsitze. Auch er hält Sonderdezernate bei den Staatsanwaltschaften für sinnvoll. Zugleich brauche es entsprechend viele Richterstellen. Auch beschleunigte Verfahren müssten personell unterlegt werden.
Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, spricht sich ebenfalls für Schwerpunktstaatsanwaltschaften und beschleunigte Verfahren aus. Bei Letzteren müsse jedoch beachtet werden, dass sich nicht alle Vorgänge für ein beschleunigtes Verfahren eigneten.
Ähnlich äußert sich der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes (DRB), Sven Rebehn. Er unterstreicht: „Die Strafe muss möglichst auf dem Fuße folgen, um abschreckend zu wirken. Klar ist aber auch, dass eine Verfahrensbeschleunigung nicht zulasten gründlicher Ermittlungen und der Verfahrensrechte Beschuldigter gehen darf.“ Beschleunigte Verfahren seien personalaufwendig, weil die Gerichte hier sehr flexibel und kurzfristig reagieren können müssten. „Sollten sie in geeigneten Fällen häufiger angewendet werden, ist das also auch eine Frage des angemessenen Personaleinsatzes in der Justiz.“ Letztere sei seit Jahren unterbesetzt. Jetzt brauche es dringend eine aufgabengerechte Ausstattung, verlangt Rebehn.

Strafanträge durch Behördenleitung sinnvoll


Kölns Polizeipräsident Schnabel setzt zusätzlich auf ein weiteres Instrument bei Straftaten gegen Vollzugskräfte: Strafanträge durch ihn als Behördenleiter, zusätzlich zum Strafantrag des oder der Betroffenen. Dies gilt z. B. für Beleidigungen. Der Vorteil: „Bevor die Staatsanwaltschaft ein solches Verfahren, etwa wegen geringer Schuld oder gegen eine Geldauflage, einstellt, muss sie mir als Behördenleiter die Möglichkeit zur Stellungnahme einräumen.“ Die zuständige Staatsanwältin oder den zuständigen Staatsanwalt könnten dann im Einzelfall davon zu überzeugt werden, dass eine Verfahrenseinstellung nicht angezeigt sei.
Zwar liege die letzte Entscheidung darüber natürlich bei der Staatsanwaltschaft. In den letzten Jahren sei es aber immer seltener vorgekommen, dass diese solche Verfahren einstellen, erläutert Schnabel. Dies hätten entsprechende Richtlinien des nordrhein-westfälischen Justizministeriums bewirkt. Und selbst wenn ein Verfahren eingestellt wird, könne der Strafantragssteller immer noch Beschwerde bei der jeweils zuständigen Generalstaatsanwaltschaft einlegen.
Voraussetzung für das Stellen eines Strafantrages durch die Behördenleitung ist natürlich, dass ihr entsprechende Vorfälle bekannt werden. „Im Polizeipräsidium Köln gibt es dafür ein eigenes Meldesystem“, berichtet der Polizeipräsident. Außerdem existiere ein eigenes Sachgebiet innerhalb der Verwaltung, dessen Mitarbeitende sich um Betroffene kümmerten und ihnen Angebote zur Nachsorge machten. „Das gehört für mich zur Fürsorge des Dienstherren dazu“, unterstreicht Schnabel.

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