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StartVerteidigungMacrons „Dritte Macht“ – Xi Jinpings Weltmachtplan

Macrons „Dritte Macht“ – Xi Jinpings Weltmachtplan

Mit Amtsantritt als Präsidentin der EU-Kommission 2019 hatte Ursula von der Leyen – im Konzert mit anderen – betont, die EU müsse die Sprache der Macht lernen und weltpolitikfähig werden. Das waren wichtige Aufforderungen in einer Phase, wo die autokratisch geführten Staaten Russland und China jeweils auf ihre Art selbstbewusst und offensiv in ihrer Region und der Welt als Große Mächte trachten, ihre Regeln als maßgebend voranzubringen.

Ein Blick auf den Globus zeigt EU- und NATO-Europa als begrenzten überschaubaren geographischen Raum mit einem Drittel der Bevölkerung Chinas, demographisch abnehmend und nur begrenzten eigenen Rohstoffen.

Seit über einem Jahr tobt der Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine. Die Ukraine behauptet sich bisher durch eigenen Willen und ihr Können mit massiver, wenn auch begrenzter Unterstützung westlicher Staaten, an erster Stelle der USA.

Xis China (PRC) verbindet sich – gerade seit dem Angriff – sehr stark mit Russland, auch militärisch. Das zeigt nicht nur der kürzliche Besuchs Xis in Moskau, sondern der gerade erfolgte Besuch des chinesischen Verteidigungsministers, der die militärische Zusammenarbeit weiter verdichtete. Und rund um Taiwan setzt China ständig seine militärischen Fähigkeiten in Szene, um so eine angriffsweise Wiedervereinigung mit Taiwan allen vor Augen zu führen.

In dieser Lage trifft Präsident Macron Präsident Xi zu einem ausführlichen Staatsbesuch. Er wird von Xi und der Regierung bevorzugt behandelt, während die zeitweise mitreisende Präsidentin der EU-Kommission besonders reserviert wahrgenommen wird. Es sind diese Gegebenheiten, die Macrons Aussagen über Twitter und in einem Interview auf der Rückreise von China ihre zweifelhafte Aufmerksamkeit verschaffen.

Er betont nicht nur die enge Freundschaft Frankreichs mit dem heutigen China (das er mit der EU auch als Systemrivalen einordnete). Er distanziert sich schon mal vorab von einer Krise oder Auseinandersetzung um Taiwan, wobei er eher den USA die Verschärfung zuschiebt, die dann zu chinesischen Überreaktionen führen würde. Frankreich, das im Indo-Pazifik durchaus eigene Interessen vertritt, wird durch Macrons Auftreten und Aussagen eher nahe der PRC als der Pazifikmacht USA gedeutet, wenn er von der Faszination und einem einzigartigen Weg mit der Volksrepublik China spricht.

Diesen Eindruck verschärft er noch dadurch, dass er die Situation mit der fehlenden „strategischen Autonomie“ Europas verknüpft. Bevor er die strategische Autonomie als eine dritte Großmacht zwischen Amerika und China entwirft, lässt er aber erst einmal erkennen, dass es ihm um Distanz zu den USA geht, zu deren Vasallen „man“ gerade in der Taiwanfrage nicht werden wolle/solle.

Der „Kreuzstütz“ zwischen den USA und China, den Macron als seinen politischen Zweck für Europa vor Augen hat, wirkt in einer Zeit des russischen Angriffskrieges, der vor allem durch die amerikanische Unterstützung für die Ukraine noch durchzustehen ist, nicht nur illusorisch, sondern geradezu gefährlich. Solche Vorschläge zu machen, wenn eine dadurch angeregte Abwendung der USA von Europa westlich von Russland herbeigeführt wird, kann nur Russlands politischem Zweck einer eurasischen Großmacht-Konstellation in die Hände spielen. Und die Volksrepublik China, die seit Kriegsbeginn Russland zunehmend zum „strategisch-abhängigen Partner“ machen kann, könnte dies neben ihren Seidenstraßen- und Technologieprojekten für die anvisierte Weltführerschaft, die „Wiedergeburt Chinas“ zur dominierenden Landmacht über zwei Kontinente nutzen. Die Regeln der internationalen Ordnung könnte China dann in großem Maße bestimmen, da viele Staaten in Afrika und Lateinamerika schon heute der Stimme Pekings zu folgen bereit scheinen.

Noch steht allerdings fest, dass der „westliche Vorposten Europa“ nicht von der eurasischen Landmasse okkupiert werden will. Und Nordamerika wird zu seiner eigenen Existenzsicherung an beiden Gegenküsten auf Partner, ja Verbündete kompatibler politischer und gesellschaftlicher Strukturen angewiesen bleiben. Wenn Europa die Sprache der Macht lernt, weltpolitikfähig wird und alle Fähigkeiten dazu bereitstellt – und einsetzt, wird es bei fortschreitendem ökonomischen, technologischen und politisch-territorialem Vordringen der PRC erkennen müssen, dass es die Auseinandersetzung mit dem Systemrivalen im Pazifik und Indo-Pazifik nicht allein von den USA erwarten kann und darf. Und Nordamerika muss sich das Bewusstsein erhalten, dass es das Europa am westlichen Ende der eurasischen Landmasse in dessen Behauptung gegen die Systemrivalen aus vitalem Eigeninteresse nicht allein lassen darf. Zugleich wird Amerika hohe Anforderungen, ja Erwartungen an die Handlungsfähigkeit Europas in der EU wie in der NATO stellen. Denn den Hauptanteil der Auseinandersetzung mit der PRC – und ggf. Nordkorea – wird Amerika mit ost- und südostasiatischen Partnern leisten müssen.

All dies zeigt, dass ein Kreuzstütz à la Macron für Europa eine Überforderung gegen die Risiken der Systemrivalität darstellt und die Verbesserung des Verbundes für Sicherheitspolitik, der Nordamerika, die EU und die NATO zusammenschweißt, der erfolgversprechendere Weg ist, um jetzt Russlands Aggression zu stoppen und dann mit der PRC und Russland im Wettbewerb zu bestehen und jedem ausgreifendem, aggressivem Vorgehen erfolgreich Paroli zu bieten.

Generalleutnant a.D. Dr. Klaus Olshausen

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