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StartDigitalesStandardisierung – Rückgrat der Registermodernisierung

Standardisierung – Rückgrat der Registermodernisierung

Die Registermodernisierung ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer modernen, vernetzten Verwaltung. Wenn es nicht gelingt, Interoperabilität auf technischer, organisatorischer und semantischer Ebene herzustellen, droht ein zentrales Projekt der Verwaltungsmodernisierung zu scheitern. Wir sollten uns daher auf die Standardisierung konzentrieren. Nur durch zukunftsfähige Standards funktioniert die Kommunikation über Organisationsgrenzen hinweg.

Die Registerlandschaft in Deutschland zeichnet sich durch eine große Heterogenität aus (Normenkontrollrat 2017). Sie ist über Jahrzehnte gewachsen und spiegelt die Bedürfnisse der Behörden zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben wider. Das Once-Only-Prinzip führt dazu, dass Register auch außerhalb ihres ursprünglich angedachten Verwendungszwecks an Bedeutung gewinnen. Es gibt eine Vielzahl von IT-Standards, diese werden aber z.T. spezifisch interpretiert und sind nicht verbindlich. Im Kern entsteht hier ein Interoperabilitätsproblem auf mehreren Ebenen:

  • Technisch/syntaktische Ebene: Die Kommunikationsschnittstellen sind nicht vereinheitlicht.
  • Fachlich/semantische Ebene: Die Datenmodelle sind inkompatibel.
  • Organisatorische Ebene: Die beteiligten Akteure haben keine Zusammenarbeitsmodelle etabliert, um über Organisationsgrenzen hinweg effektiv digitale Prozesse umzusetzen.

Sowohl die technisch/syntaktische Ebene als auch die fachlich/semantische Ebene lassen sich mit Standards lösen. Zwar existieren Standards, dennoch reicht deren bloße Existenz nicht aus:

  • Standards sollten fachliche Aspekte nur lose an technische Rahmenbedingungen koppeln, um eine Weiterentwicklung der Fachlichkeit losgelöst von technischen Aspekten zu ermöglichen. Derzeit weit verbreitete Fachstandards, z.B. aus der XÖV-Familie, weisen jedoch eine enge Kopplung auf, was eine Weiterentwicklung erschwert. Auch sind die Standards nicht strikt genug formuliert und deren Einhaltung wird nicht kontrolliert. Dadurch weisen Software-Lösungen, die Standards implementieren, eine Varianz auf. Das Kernziel von Standards, die Herstellung von Interoperabilität, wird so verfehlt.
  • Der Einsatz von Standards ist von einer hohen Komplexität gekennzeichnet, gerade im Umfeld der Verwaltungsdigitalisierung. Die Einstiegshürden sind hoch, hinzu kommt der Fachkräftemangel.
  • Die Arbeit über Behördengrenzen hinweg erfordert komplexe Abstimmungsvorgänge. Diese können nur erfolgreich gestaltet werden, wenn geeignete Kooperationsmodelle genutzt werden. Anforderungsmanagement, Lösungsfindung und Weiterentwicklung sollten gemeinschaftlich gedacht werden. Organisationsübergreifende, verbindliche Standards sind gegenüber „Hausstandards“ zu bevorzugen.

Standardisieren und steuern

Die Standardisierung ist derzeit in der deutschen Verwaltungslandschaft nicht verbindlich und eindeutig geregelt. Erfolgskritische Aspekte sind:

  • Etablierung einer zentralen Steuerung für die Verwaltungsdigitalisierung sowie Betrieb- und Weiterentwicklung zentraler Standards. Die tätigen Organisationen sind in ihrer jeweiligen Verantwortung zu stärken, eine weitere Ausdifferenzierung von Verantwortlichkeiten ist notwendig, konstruktive Zusammenarbeit ist zu fördern.
  • Die Nutzung von zentralen Standards ist durch die Bereitstellung von Referenzimplementierungen unter Open Source-Lizenzmodellen zu vereinfachen. Dies mindert Eintrittshürden, Standards zu adaptieren und macht diese besser nutzbar. Als Positivbeispiel sei die Initiative Interoperable Europe genannt.
  • Entwicklung automatisiert ablaufender Tests zum Nachweis der Konformität von Software-Lösungen gegenüber einem definierten Standard. Positivbeispiel ist hier das Open Geospatial Consortium mit der „Test, Evaluation, and Measurement (TEAM)-Engine“. Geo-IT-Standards gelten schon lange als Vorzeigelösungen zur Interoperabilität.
  • Zertifizierung von Lösungen, die einem Standard entsprechen und Pflege eines zentralen Software-Katalogs. Dies stellt sicher, dass Standards auch spezifikationskonform implementiert werden.
  • Aufbau von Wissensbasen und Tutorials, um Standards leichter erlern- und anwendbar zu machen. Dies unterstützt das Verständnis von Standards sowie deren regelkonforme Umsetzung. Im DIN-Whitepaper zur Normung und Standardisierung bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung wird die Schaffung eines Ökosystems der Normung und Standardisierung gefordert. Gut, jedoch sind weitergehende Lernplattformen zu schaffen, um das Wissen auch in die Anwendung zu bringen. Ein Positivbeispiel bietet das World Wide Web Consortium mit seinen Dokumentationen und Tutorials.

Standardisierung ist das Rückgrat der Registermodernisierung. Um diese erfolgreich und nachhaltig zu gestalten, ist ein Paradigmenwandel herbeizuführen. Insbesondere im Bereich der Konformitätsprüfung, der Pflege und Weiterentwicklung von Standards, aber auch der Schulung dieser sehr komplexen Materie besteht erheblicher Steuerungs- und Umsetzungsbedarf. Die Bereitstellung von Referenzimplementierungen und geeigneter Teststellungen, um den komplexen interbehördlichen Datenaustausch pilotieren zu können, sind ebenso erfolgskritisch wie eine Vereinfachung des Zugangs zu Standards. Damit eines der wichtigsten Vorhaben in der Verwaltungsdigitalisierung nicht scheitert, müssen wir umgehend beginnen, der Standardisierung den Stellenwert beizumessen, den sie verdient.

Dieser Gastbeitrag wurde verfasst von Dr. Christian Kiehle, Leiter des Bereichs Interoperabilität bei der msg (Public Sector).

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