Mit dem Entwurf zum „Artikelgesetz Zeitenwende“ plant der Gesetzgeber, die personelle Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu steigern. Der Deutsche Bundestag wird sich voraussichtlich im November mit der Thematik befassen.
Am 4. September verabschiedete das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft und zur Änderung von Vorschriften für die Bundeswehr. Damit gehen vielfältige Anpassungen einher, die die Einsatzbereitschaft der Truppe steigern sollen. Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr müssen sich auf Änderungen im Bereich des Arbeitszeitrechts einstellen. Allerdings bemüht sich die Ampel-Koalition auch darum, den Dienst attraktiver zu gestalten. Konkret konzipiert das Papier folgende Maßnahmen:
Um die Verfügbarkeit des militärischen Personals zu steigern, sieht der Entwurf Änderungen im Bereich des Arbeitszeitrechts für militärisches Personal vor. Unter anderem soll das Artikelgesetz die Verlängerung der höchstzulässigen durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit auch für Teile von Schiffsbesatzungen ermöglichen. Auch fliegende Besatzungen zur Überwachung des nationalen Luftraums sowie fliegende Besatzungen im maritimen Such- oder Rettungsdienst sind davon betroffen. Das Hauptaugenmerk der Anpassungen liegt allerdings auf Ausbildungs- und Übungsvorhaben. Soldatinnen und Soldaten sollen umfänglicher für derartige Verwendungen zur Verfügung stehen. „Die Verfügbarkeit muss […] auch für häufigere und anspruchsvollere mehrtägige Ausbildungs- und Übungsvorhaben, einschließlich mehrtägiger Seefahrten, im nationalen und multinationalen Kontext inner- und außerhalb Deutschlands […] erhöht werden“, lautet die Formulierung, deren sich der Gesetzentwurf bedient.
Einsatzbereitschaft steigern
Darüber hinaus streben die Autorinnen und Autoren des Entwurfs an, die Kaltstartfähigkeit der Bundeswehr zu erhöhen. Damit dies gelingt, schwebt den Verantwortlichen vor, erhöhte Einsatzbereitschaft monetär zu entlohnen. So sieht der Entwurf eine Erweiterung der Verpflichtungsprämien für Soldatinnen und Soldaten auf Zeit vor. Ebenfalls dürfen sich die Angehörigen der Bundeswehr über eine finanzielle Vergütung für zeitliche Belastungen freuen. Dies gilt auch im Rahmen von Auslandsverwendungen.
Zum Beispiel bei der Brigade Litauen. Ebenfalls als Entgegenkommen gegenüber Angehörigen der deutschen Streitkräfte im Ausland zu verstehen ist, dass nach der Wiederkehr in die Heimat bei dienstlichem Bedarf für das notwendige Pendeln zwischen Wohnort und Dienststätte im Inland Trennungsgeld neben der Umzugskostenvergütung gewährt werden kann. Außerdem sieht der Entwurf vor, Soldatinnen und Soldaten, die besonders gefährliche Aufgaben übernehmen, besser zu versorgen. Diese Regel ist auch für Angehörige der Streitkräfte an der NATO-Ostflanke anwendbar. Zudem soll eine Vergütung für Soldatinnen und Soldaten mit besonderen Alarmierungsverpflichtungen in das Bundesbesoldungsgesetz aufgenommen werden.
Für ausgewählte Aufgabenbereiche – zum Beispiel bei Combat Controllern – sieht der Entwurf neue Stellenzulagen vor. Auch für das Ende der militärischen Karriere sind im Entwurf neue Regelungen vorgesehen. Länger dienenden Soldatinnen und Soldaten ab 20 Jahren Verpflichtungszeit plant man, die Übergangsbeihilfe in das zivile Leben zu erhöhen.
Aufwertung des zivilen Personals
Der Gesetzentwurf sieht darüber hinaus vor, zivilem und militärischem Personal in Zukunft die gleiche Unterstützung bei Sorge- und Pflegeaufgaben in krisenhaften Entwicklungen, einschließlich der Landes- und Bündnisverteidigung, zukommen zu lassen. Dementsprechend erfahren die Erstattungsmöglichkeiten von Betreuungskosten eine Erweiterung. Weiterhin sieht der Gesetzentwurf Verbesserungen im Bereich der Einsatzversorgung und bei der doppelten Ruhegehaltfähigkeit vor. Auch eine entsprechende Ausweitung der Zuschläge an Entgeltpunkten in der gesetzlichen Rentenversicherung und den gesetzlichen Versorgungseinrichtungen für militärisches Personal ohne Pensionsanspruch sowie für Zivilbeschäftigte ist im Entwurf vermerkt.
Dass derartige Maßnahmen mit nennenswerten Kosten verbunden sind, ist selbsterklärend. Das Verteidigungsministerium (BMVg) prognostiziert jährliche Mehrausgaben im Umfang von 40 bis 170 Millionen Euro. Ein erstes Resümee zum Vorschlag fällt verhalten positiv aus. Der Deutsche BundeswehrVerband (DBwV) nannte den Entwurf in einer Pressemitteilung einen Schritt in die richtige Richtung. Der Verband fordert allerdings – neben weiteren Anregungen – Anpassungen bei der Ausgestaltung der Alarmierungszulage. Auch dass die Rückwirkung der Ruhegehaltfähigkeit der Zulagen für Kompaniefeldwebel und Bundeswehr-Feuerwehrleute weiterhin nicht vorgesehen ist, moniert der DBwV. „Der DBwV beurteilt den Entwurf grundsätzlich positiv. Gleichwohl sehen wir die Notwendigkeit weiterer Anpassungen, Ergänzungen und Verbesserungen. Die vorgesehenen Regelungen im Bereich der soldatischen Arbeitszeit gehen am Ziel vorbei und bedürfen dringend einer Überarbeitung“, erklärte der Vorsitzende des Fachbereichs Besoldung/Haushalt/Laufbahnrecht im Deutschen Bundeswehr Verband, Oberstleutnant i.G. Detlef Buch.