Die Vision Zero hat sich zur Aufgabe gemacht, die Zahl der Verkehrstoten und -schwerverletzten kontinuierlich zu senken. Peter Schlanstein von der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen machte auf dem Bundekongress für Kommunale Verkehrssicherheit im baden-württembergischen Ludwigsburg zu Recht darauf aufmerksam, dass die Zahlen seit 2010 stagnieren. Dabei hatte die Bundesregierung seinerzeit im Verkehrssicherheitsprogramm eine Reduktion der Verkehrstoten um 40 Prozent angestrebt. Es wurden aber nur 25 Prozent erreicht. Auf europäischer Ebene ist das Ziel noch ambitionierter: Hier will man Verkehrstote bis 2050 gänzlich vermeiden.
Kontrollieren und sanktionieren
2021 wurde die Vision Zero in der Verwaltungsvorschrift des Bundes für alle Mitarbeitenden in der Verkehrssicherheit als „Grundlage aller verkehrlichen Maßnahmen“ festgelegt. Im Straßenverkehr, so betont Schlanstein, seien mehr Opfer durch Dritteinwirkung zu beklagen als in jedem anderen Lebensbereich. Seit 2010 bewege sich die Zahl der Verkehrstoten um die 3.000. Bedeutende Fortschritte wurden seither nicht mehr erreicht. Ziel muss es daher sein, die Vision Zero im Gesetz zu verankern. Hauptursache für schwere Verkehrsunfälle sei nach wie vor zu hohe oder unangepasste Geschwindigkeit. Doch wie sollen die Zahlen weiter reduziert werden?
Als Hebel zur Reduktion der Opferzahlen sollen die Mittel der Überwachung und Sanktionierung genutzt werden, da Entdeckungswahrscheinlichkeit und Sanktionsfurcht Verkehrsteilnehmer am ehesten zur Änderung des eigenen Verhaltens veranlassen.
Kontrollwahrscheinlichkeit und Sanktionsfurcht steigern
In beiden Bereichen liegt Deutschland im europäischen Vergleich weit hinten. Die Kontrollwahrscheinlichkeit fällt hierzulande äußerst gering aus. Nur 30 Prozent der Verkehrsteilnehmer nehmen laut Schlanstein an, entdeckt zu werden, wenn sie zu schnell fahren, weniger als die Hälfte der Verkehrsteilnehmenden wurde in den letzten fünf Jahren kontrolliert – die Sanktionsfurcht ist dementsprechend niedrig. Die Überwachung müsse vor allem an Unfallhäufungspunkten stattfinden. Deutliche Kritik äußerte Schlanstein an der Tatsache, dass das effektive Mittel der Section Conrol, also die Messung der Durchschnittsgeschwindigkeit von Fahrzeugen über einen bestimmten Streckenabschnitt, aufgrund des Datenschutzes derzeit nicht einsetzbar sei. Auch die derzeitige Sanktionshöhe in Deutschland ist Schlanstein ein Dorn im Auge. So würden beispielsweise in Norwegen bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 km/h mindestens 620 Euro fällig, in Deutschland seien hingegen 60 Euro zu zahlen. Wünschenswert wäre es, das Bußgeld an die Höhe des Einkommens zu koppeln.
Einen ausführlichen Bericht zum Bundeskongress für Kommunale Verkehrssicherheit finden Sie in der Oktober-Ausgabe des Behörden Spiegel.