Roboter in der Kommunalverwaltung? Das klingt angesichts der ausbaufähigen Digitalisierung zunächst nach Satire. Doch der Einsatz sensomotorischer und mit künstlicher Intelligenz (KI) ausgestatteter Helfer wird bereits umfassend erprobt. Das Verbundprojekt „Ruhrbots“ erforscht die praktische Anwendung und präsentiert auf dem e-nrw Kongress erste Ergebnisse.
Sie sprechen wie Menschen, handeln wie Menschen und können Gefühlsregungen verstehen und imitieren. Sie brauchen keine Pausen, werden nicht krank, sprechen jede Sprache und begnügen sich mit einer regelmäßigen Akkuladung als Lohn. Eine Antwort auf die chronische Überlastung der Kommunalverwaltung könnte die Robotik liefern. Ein Zukunftsszenario, das den Mitarbeitenden neue Möglichkeiten zur Aufgabenteilung bietet – aber auch Fragen zur Datensicherheit und zum Schutz persönlicher Informationen aufwirft.
Die Vision
Das mögliche Einsatzfeld der Androiden ist vielfältig: Zunächst würde sich ihr Einsatz im Bereich der Information, bei der Terminabfrage und der Zugangskontrolle anbieten. Feldversuche und Anforderungsanalysen fanden bereits in Bibliotheken in Duisburg, Bottrop und Herne statt. Hier konnten Besuchende die Roboter „Pepper“ und „Nao“ bereits in Aktion erleben. Die beiden können sogar Gesichter wiedererkennen und somit nahtlos an unterbrochene Serviceleistungen anzuknüpfen. Durch die Nutzung von KI können die Roboter gezielt auf individuelle Bedürfnisse und Erwartungen der Bürger eingehen. Perspektivisch sind sie sogar zur Beratung und Sachbearbeitungen komplexer Anfragen fähig und könnten das menschliche Personal damit deutlich entlasten.
Großes Potenzial, hohe Akzeptanz
Eine prinzipielle Ablehnung gegenüber der Idee geht aus den durch Ruhrbots durchgeführten Befragungen nicht hervor. Der überwiegende Großteil der Befragten zeigt sich positiv fasziniert. Eine Mehrheit würde den Einsatz sozialer Roboter als Verstärkung des menschlichen Personals begrüßen. Besonders im Hinblick auf die Präsentation des jeweiligen Einsatzortes als modern und innovativ findet die Vision breite Zustimmung. Nicht zuletzt erhofft man sich mehrheitlich eine deutliche Effizienzsteigerung beispielsweise durch die Automatisierung repetitiver Aufgaben. Befragte Stakeholder heben besonders das Inklusionspotenzial hervor: Durch die Möglichkeit, sich an bestehende Handicaps der User anzupassen habe KI bei „der Verbesserung der Lebenssituation der Menschen mit Behinderungen erheblichen Einfluss gehabt“.
Neue Technik, alte Hürden
Frei ist der Weg für soziale Roboter hinter dem Tresen aber noch nicht. Angefangen bei der digitalen Infrastruktur über ungleich verteilte Affinitäten im Umgang mit KI bis hin zur Klärung rechtlicher Fragen – bis „Pepper“ den ersten Reisepass überreicht, wird es wohl noch eine Weile dauern. Größtes Sorgenkind sei aktuell der Datenschutz. Insbesondere beim Einsatz in Sozial- und Gesundheitsämtern ist der Umgang mit sensiblen Nutzerdaten zu klären. Datenschutzbeauftragte zeigen sich auf Nachfrage jedoch optimistisch ob der Lösung bestehender Hürden. Die Integration der Roboter in Verwaltungsprozesse setze jedoch ein hohes Niveau der IT-Sicherheit voraus – nicht zuletzt im Bezug immer öfter stattfindender Cyber-Angriffe. Diese Vorgabe gelte letztlich aber für jede genutzte IT-Infrastruktur im öffentlichen Dienst. Perspektivisch sei zur Realisierung der Vision eine Aktualisierung des rechtlichen Rahmens sowie eine enge Zusammenarbeit mit den zuständigen Aufsichtsbehörden unerlässlich.
Sorgen und Ängste ernst nehmen
Auch bestehende Bedenken erfasst Ruhrbots mittels umfassender Befragungen, um Rückschlüsse auf das weitere Vorgehen zu ziehen. 81 Prozent der Befragten befürchten eine potentielle Abnahme menschlicher Interaktionen. Mit Sorge blickt man weiterhin auf mögliche Defekte (75 Prozent) oder mutwillige Zerstörung der Roboter (68 Prozent). Weiterhin gibt ein Großteil zu bedenken, ältere Bürger (77 Prozent) und Mitarbeitende (70 Prozent) könnten durch mangelnde digitale Kompetenzen nachhaltig abgehängt werden. Gleichstellungs- und Schwerbehindertenvertretungen betonen die Notwendigkeit eines inklusiven Designs und der Barrierefreiheit. Die Angst, den eigenen Arbeitsplatz an einen Roboter zu verlieren, spielt hingen nur bei 44 Prozent der Befragten eine Rolle.
Ruhrbots forscht weiter
Das Verbundprojekt ist interdisziplinär aufgestellt und umfasst mehrere Partner: Neben der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW sind die Hochschule Ruhr West, die Hochschule Niederrhein, die Evangelische Hochschule Nürnberg sowie das Fraunhofer IMS beteiligt. Gefördert wird Ruhrbots durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Zur optimalen Abstimmung auf die konkreten Bedarfe vor Ort arbeiten die Beteiligten eng mit Mitarbeitenden und Bürgern zusammen. Erklärtes Ziel ist es, bestehende Hürden und Vorbehalte bei der Techniknutzung abzubauen um breite Akzeptanz für barrierefreie und diversitätsgerechte Assistenzroboter zu schaffen. Bisher ist der Einsatz dieser Technologie in Deutschland noch stark beschränkt. Einige Restaurants lassen ihre Kunden bereits heute von Robotern bedienen. In ausgewählten Alten- und Pflegeheimen finden ähnliche Modellversuche statt – das Konzept der Pflegeroboter ist regelmäßig Gegenstand öffentlicher Debatten.
Die Vision von sozialen Robotern in der Kommunalverwaltung bleibt ein Balanceakt zwischen Technikbegeisterung und berechtigten Bedenken. Gleichzeitig stößt die Idee auf große Offenheit und verspricht, die Verwaltung effizienter und bürgernäher zu gestalten. Wenn die Robotik den Weg in den Alltag der Rathäuser findet, könnte sie das Bild der öffentlichen Verwaltung revolutionieren. Bürger und Behörden werden die Karrieren von Pepper und Nao zweifellos mit großem Interesse beobachten.
Mehr Informationen finden Sie in unserem Podcast-Interview auf Future4Public.