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Zu kurz gedacht

Im Februar des neuen Jahres steht die Neuwahl des Bundestags an. Die wenigsten Wahlberechtigten werden sich für ihre Wahlentscheidung die Wahlprogramme ansehen. Dieser Blick ist jedoch durchaus interessant, um sich über die Positionen der Parteien zu bestimmten Fragen zu informieren.

Was sagen die Parteien etwa zum Öffentlichen Dienst, zu Fragen der Bezahlung, Versorgung und Ausstattung? Geht man dieser Frage nach, ergibt sich ein relativ einheitliches Bild. Die Parteien formulieren alle, welche staatlichen Aufgaben sie mit welchem Gewicht verfolgen wollen. Zu den Menschen, die sie dafür in den staatlichen Einrichtungen benötigen, findet sich wenig.

Schwammige Vorstellungen

Alle Parteien stellen die Digitalisierung in den Vordergrund und wollen eine kompetente und bürgerorientierte Verwaltung. Die traditionellen Parteien streben eine Verkleinerung der Bundesverwaltung und einen Bürokratieabbau an. Was passiert aber mit den Menschen, die von der Verkleinerung der Bundesverwaltung betroffen sind? Wo genau wird verkleinert, wer übernimmt die Aufgaben? Wie man diese Ziele sozialverträglich erreichen will, findet sich in den Programmen nicht. Die Wählerinnen und Wähler müssen auf eine gute Gesetzgebung des neuen Bundestages hoffen.

Konkreter werden zum Öffentlichen Dienst AfD und BSW. Die Forderungen sind konsequent dem politischen Standpunkt angepasst. Das BSW fordert ein Streikrecht für Beamte. Dass das Streikverbot für Beamte als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankert ist (siehe das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Juni 2018), wird nicht erwähnt. Außerdem fordern sie eine Quotenregelung, die die AfD konsequent ablehnt. Diese fordert dagegen die personelle Aufstockung der Ermittlungsbehörden – nur dort – und deren besseren Schutz. Im Programm dieser Partei wird auch die „gezielte“ Verschärfung des Beamten- und Disziplinarrechts als Instrument zur „politischen Beeinflussung“ der Beamten beklagt. Auf welche Regelungen diese Klage sich konkret bezieht, ist nicht erkennbar. Das Beamten- und Disziplinarrecht differenziert nicht nach „links“ oder „rechts“. Eine bessere Besoldung und Versorgung verlangt die AfD nur für den Polizeivollzugsdienst. Sind alle anderen Bediensteten nicht so wichtig? Gute Gesetzgebung bedeutet auch die Beachtung des Gleichheitssatzes: Gleiches darf nicht ungleich behandelt werden!

Bloße Mindestanforderungen erfüllt

Zusammengefasst sind die Wahlprogramme zum Thema Öffentlicher Dienst nicht sehr erhellend. Sie enthalten Allgemeines und Erwartbares zu den Anforderungen an die Leistungsfähigkeit des Öffentlichen Dienstes, ohne konkret auf die dort arbeitenden Menschen einzugehen. Dort wo es geschieht, sind sie Personal oder sollen ein politisches Instrument sein.

Wir brauchen selbstverständlich eine bessere Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Wir brauchen aber auch motivierte Menschen, die die Aufgaben im Sinne des allgemeinen Wohls erfüllen. Deren Motivation wird wesentlich durch die Strukturen bestimmt, in denen sie arbeiten. Dass die bestehenden Strukturen modernisiert und verbessert werden sollen, findet sich in keinem der Programme. Das wäre aber ein essenzieller Bestandteil einer guten Gesetzgebung.

Autor des Gastbeitrags ist Dr. Ralph Heiermann, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Arbeitsrecht.

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