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StartFinanzenMehr Spielraum für riskante Investments

Mehr Spielraum für riskante Investments

Mit einer Reihe von Maßnahmen hatte die Ampel den Start Up-Standort Deutschland stärken und Wachstumsunternehmen besser bezuschussen wollen. Branchenverbände halten das nicht für nicht ausreichend und fordern von einer neuen Bundesregierung mehr Taten. 

Die deutsche Start Up-Szene kommt nur schwer vom Fleck. Hierzulande finden die meisten Wachstumsunternehmen zwar in der Frühphase Investoren – vor allem Privatpersonen oder mittlere Venture-Capital-Fonds –, die mit ein paar Millionen Euro Startkapital unterstützen. Doch treten die jungen Unternehmen in die nächste Wachstumsphase ein, gestaltet sich das Akquirieren von Wagniskapital-Investoren bereits deutlich schwieriger. 

Darin liegt ein entscheidender Unterschied zum Wirtschaftsstandort USA. Eine Studie des Investors Lakestar zeigt, dass Deutschland und die Vereinigten Staaten zwar in puncto Forschung gleichauf liegen, in den USA jedoch achtmal mehr Geld für Wachstumsfinanzierungen ausgegeben wird als hierzulande. Die Differenz zwischen den beiden Nationen machen auch folgende Zahlen deutlich: Bei Finanzierungsrunden von mindestens 100 Millionen Euro, die in Deutschland zwischen 2020 und Mitte 2023 stattfanden, stammten mehr als 46 Prozent der Investments aus den USA. Die Folge: Deutsche Start Ups werden abhängiger von ausländischen Investoren, die wiederum die unternehmerischen Strategien unter Umständen entscheidend mitbestimmen.

Um die Start Up-Szene zu stärken und Wagniskapital-Investitionen anzukurbeln, legte die Ampelkoalition eine Reihe von Maßnahmen auf. So präsentierte das Bundesfinanzministerium (BMF) im November 2024 die „Initiative für Wachstums- und Innovationskapital (WIN-Initiative)“ – ein Bündnis aus Wirtschaft, Verbänden, Politik und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Ziel des Bündnisses ist es, bis 2030 das deutsche Venture-Capital-Ökosystem mit rund zwölf Milliarden Euro zu bezuschussen. Die Bundesrepublik soll so zu einem führenden Standort für Innovationen und Wachstumskapital ausgebaut werden, schrieb das BMF in einer entsprechenden Mitteilung. 

Deutschland hinkt bei Wachstumsfinanzierungen hinterher

Ein ähnliches Ansinnen verfolgt der HGTF-Opportunity-Fonds, der im Juni 2024 von BMF und BMWK mit einem Fondsvolumen von insgesamt 660 Millionen Euro aufgelegt wurde. Im Vorfeld war 2005 der High-Tech-Gründerfonds lanciert worden, der seit Bestehen in mehr als 750 Start Ups aus den Bereichen Digital Tech, Industrial Tech, Life Sciences und Chemie investierte. Mit dem im vergangenen Jahr neu gestarteten HGTF-Opportunity-Fonds sollen ausgewählte Unternehmen auch in späteren Wachstumsphasen mit hohen Finanzierungssummen unterstützt werden. 

Ein drittes, politisch instruiertes Vorhaben: Anfang 2024 erweiterte das BMF den Kapitalzugang für Start Up-Firmen – mit 1,6 Milliarden Euro aus dem Zukunftsfonds sowie 150 Millionen Euro aus dem ERP-Sondervermögen. Dazu erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: „Zu den 1,75 Milliarden Euro an öffentlichen Mitteln, die wir investieren, kommt mindestens der gleiche Betrag an privaten Mitteln hinzu.“ 

Wie beurteilen Branchenverbände die von der Politik geschnürten Maßnahmenpakete? Sind sie ein Schritt in die richtige Richtung? Das schon – so der einhellige Tenor, aber ausreichend seien sie bei Weitem nicht. So hält der Bundesverband Beteiligungskapital (BVK) die WIN-Initiative und die Verbesserung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung zwar für eine gute Entscheidung, doch die vorzeitige Auflösung der Ampelregierung habe den Effekt gehabt, dass wichtige regulatorische Maßnahmen nicht mehr verabschiedet werden konnten. Nun müsse eine neue Bundesregierung die „Zielmarke an mobilisiertem privatem Kapital deutlich steigern“, sagte BVK-Vorstandssprecherin Ulrike Hinrichs. Damit Banken, Versicherungen oder Pensionsfonds zu mehr Investments in die Anlageklasse Venture Capital animiert werden, müssten „unangemessene Einschränkungen“, etwa durch die Anlageverordnung CRR oder Solvency II, abgebaut werden. 

Rechtssicherer Rahmen für Investitionen in Infrastruktur

Auch der deutsche Fondsverband BVI sieht noch etliche Hemmnisse, die einem verstärkten Investieren in Wagniskapital entgegenstehen. Bestehende Steuervorschriften würden beispielsweise Risiken für Asset-Manager bergen und dafür sorgen, dass deren Einfluss auf die Zielgesellschaft eingeschränkt ist. Einen ersten Lösungsansatz sieht der BVI in dem im Dezember 2024 vorgelegten Gesetzentwurf für ein zweites Zukunftsfinanzierungsgesetz. Die darin vorgesehenen steuerlichen und aufsichtsrechtlichen Änderungen würden „die Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt und für Wachstumsunternehmen“ verbessern, teilte ein Sprecher des Verbands mit.

Aus Sicht des Startup-Verbands seien HTGF-Opportunity-Fonds, Wachstumsfonds sowie die WIN-Initiative „wichtige Meilensteine“, um Innovationen zu stärken. Dennoch schränkt die Vorstandsvorsitzende des Verbands, Verena Pausder, ein: Die Maßnahmen könnten lediglich „Startschuss für eine umfassende Finanzierungsoffensive in der nächsten Legislaturperiode“ sein. Komme es dazu nicht, bestehe die Gefahr der Abhängigkeit von ausländischen Investoren. „Europa muss lernen, selbstständig zu laufen“, so Pausder. „Sonst bauen wir die Rampe, machen Startups groß – und am Ende picken sich andere die Rosinen raus.” 

Gründerbranche kommt aus der Krise

Die aktuelle finanzielle Situation der deutschen Start Ups umreißt auch eine Mitte Januar veröffentlichte Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY. Diese kommt allerdings zu einem positiven Ergebnis. So schreiben die Autoren, dass sich die Gründerbranche von der Krise, die nach dem Zinsanstieg ausgebrochen war, allmählich erhole. Deutsche Wachstumsunternehmen hätten im vergangenen Jahr gut sieben Milliarden Euro an Wagniskapital eingesammelt – knapp eine Milliarde mehr als 2023.

EY-Partner Dr. Thomas Prüver fasst zusammen: „Hohen Zinsen, zurückhaltenden Investoren und einer schwachen Konjunkturentwicklung zum Trotz hat sich die Start Up-Szene in Deutschland nach einer Talsohle in den vergangenen Jahren im Jahr 2024 stabilisiert.“ Der Anstieg bei den Investitionssummen sei auf die Zunahme „großer Deals“ zurückzuführen. Diese Trendwende gilt es weiterzuverfolgen.

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