- Anzeige -
- Anzeige -
- Anzeige -
- Anzeige -
StartSicherheitUnbefristete Verträge im Rettungsdienst rechtswidrig

Unbefristete Verträge im Rettungsdienst rechtswidrig

Unbefristete Verträge sind im Rettungsdienst rechtswidrig. Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Lüneburg mit seinem Urteil vom 29. Januar 2025 (6 A 55/24). Verträge, die schon seit Jahrzehnten bestehen, verstoßen zudem gegen die Berufsfreiheit gewerblicher Anbieter. Es hatte die Falck Notfallrettung und Krankentransport GmbH gegen den Landkreis Lüneburg geklagt.

Mit der Entscheidung muss der Landkreis Lüneburg seine bestehenden Verträge mit den Hilfsorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) Niedersachsen e.V. und DRK-Kreisverband Lüneburg e.V., die seit 1993 ohne wettbewerbliches Verfahren bestehen, kündigen und neu ausschreiben. Das Gericht stellte klar, dass der Landkreis durch die jahrzehntelange Vergabepraxis den Falck Rettungsdienst unrechtmäßig vom Markt ausgeschlossen habe.

Streitpunkt Bereichsausnahme

Der Gesetzgeber in Deutschland sieht bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen ein transparentes Vergabeverfahren im Wettbewerb vor. In diesen Verfahren sollen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Verhältnismäßigkeit beachtet werden.

Doch sieht das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auch Ausnahmen vor. Durch Paragraf 107 Absatz 1 Nr. 4 können bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen sogenannte Bereichsausnahmen vorgenommen werden. Das Vergaberecht findet keine Anwendung bei „Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden.“ Unter gemeinnützige Organisationen fallen Hilfsorganisationen, die durch Bundes- oder Landesrecht anerkannt sind. Diese Regelung war schon häufiger Gegenstand von Streitigkeiten vor Gericht. Entscheidend ist dabei immer das Landesrecht, ob die Bereichsausnahme greift oder nicht.

Das VG Lüneburg hält die sogenannte Bereichsausnahme für Niedersachsen für nicht anwendbar. Das Gericht argumentierte, dass das Niedersächsische Rettungsdienstgesetz (NRettDG) keine ausdrückliche Bevorzugung gemeinnütziger Anbieter vorsieht und somit kein Grund für eine Ausnahme vom Vergaberecht besteht. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hatte in einer ähnlichen Klage anders entschieden.

Gewinnabsicht vorhanden?

Selbst der Europäische Gerichtshof (EuGH) musste sich mit diesem Streitthema befassen. Der EuGH kritisierte in der Vergangenheit in diesem Zusammenhang die Definition von Gemeinnützigkeit. In seinem Urteil vom 21.03.2019 (Rechtssache C-465/17) entschied der EuGH, dass die Bereichsausnahme bei Rettungsdienstleistungen zulässig sei. Wichtig sei, dass die Bereichsausnahme nur für Leistungen gilt, bei denen ein Notfall vorliegt. Dies bedeutet, dass Krankentransporte nicht darunterfallen. Die Bereichsausnahme dürfe nach dem Urteil auch nur von gemeinnützigen Organisationen ohne Gewinnerzielungsabsicht genutzt werden. Die Problematik dabei ist, dass nach deutschem Recht dies nicht geprüft wird, sondern durch Gesetz die Hilfsorganisationen anerkannt sind. Ob eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, müssten die nationalen Gerichte klären.

Auswirkungen für andere Kommunen?

Falck begrüßt das Urteil als Meilenstein für mehr Transparenz und Wettbewerb im Rettungsdienst. „Uns geht es nicht darum, bewährte Strukturen zu verdrängen, sondern darum, einen fairen und transparenten Wettbewerb zu ermöglichen, der allen qualifizierten Anbietern eine Chance gibt,“ erklärt Prof. Dr. Klaus Runggaldier, Geschäftsführer von Falck Rettungsdienst. Am Ende zähle nur eine stabile, leistungsfähige und zukunftssichere Notfallversorgung, so Runggaldier.

Der Niedersächsischer Landkreistag (NLT) wollte sich auf Anfrage nicht zu einzelnen Gerichtsentscheidungen äußern, verwies aber auch darauf, dass die Beauftragung von Rettungsdienstleistungen ein hoch komplexer Vorgang sei. Das Thema Rettungsdienst spiele eine erhebliche Rolle in der Beratungspraxis des NLT.

Ob der Landkreis Lüneburg Berufung gegen das Urteil einlegen will, ist noch unklar. Bis Redaktionsschluss lag noch keine Antwort vor.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein