Die Bundesrepublik organisiert das UN Peace-Keeping Ministerials in diesem Jahr. Die Verantwortlichen wollen dabei neue Wege beschreiten. Frische Konzepte sollen den Friedensmissionen aus der Krise helfen.
In dieser Woche ist Berlin erstmals Gastgeber des Peacekeeping Ministerials 2025. Seit 2014 dient das Format auf Ministerebene dazu, Herausforderungen und zukünftige Perspektiven der UN-Friedensmissionen zu diskutieren. Höhepunkt der Debatte sind dabei die sogenannten Pledges. Darin verpflichten sich die teilnehmenden Staaten zur Stärkung und Weiterentwicklung der Peacekeeping-Missionen. Konkret können solche Zusagen etwa Truppen, Material oder Trainingsbemühungen für die rund 70.000 Blauhelme, die derzeit weltweit im Einsatz sind, umfassen. Zuletzt fand das Peacekeeping Ministerial vor zwei Jahren im ghanaischen Accra statt.
Die erste deutsche Iteration des Ministerials knüpft an diese Tradition an, erweitert sie jedoch um neue Elemente. So sollen eine Reihe von Panels und bilateralen Zusammenkünften das diskursive Profil der Veranstaltung stärken. „Auf Initiative Deutschlands werden die Staaten bei dieser Konferenz deshalb erstmals auch über die Zukunft des Peacekeepings beraten. Es wird um Reformen gehen und darum, wie UN-Missionen präziser und passgenauer aufgebaut werden können“, heißt es in einer Pressemitteilung des Verteidigungsministeriums (BMVg). Dem Ruf aus Berlin werden laut BMVg Delegationen aus 130 Nationen folgen. Zu den Gästen wird auch UN-Generalsekretär António Guterres zählen.
Denkanstöße für die Neuausrichtung
Als Argumentationsbasis, insbesondere im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Blauhelm-Missionen, dient den erwarteten 1.000 Delegierten die Studie „Future of Peacekeeping, New Models, and Related Capabilities“. Sie entstand auf Anregung Deutschlands. Im Dokument sind unter anderem 30 Denkanstöße für künftige UN-Missionen festgehalten. Grundsätzlich kommen die Autorinnen und Autoren aber zu dem Schluss, dass die Friedenssicherung der Vereinten Nationen weiterhin ein wirksames multilaterales Instrument zur Verhütung und Begrenzung bewaffneter Konflikte, zur Erhaltung des Friedens und zur Reaktion auf ein breiteres Spektrum von Bedrohungen des internationalen Friedens und der Sicherheit sei. Allerdings stellt das Dokument auch einen enormen Investitionsbedarf fest – insbesondere bei den Kernfähigkeiten der Friedenstruppen.
Blauhelme unter Druck
Nachdem die malische Regierung im Jahr 2023 um den Abzug der im Land stationierten Blauhelmsoldatinnen und -soldaten bat, stecken die UN-Friedensmissionen in einer Krise. Weil die UN die Menschenrechtsverletzungen der Regierung anprangerte, waren die Blauhelme nicht länger erwünscht. Dieses Ereignis markierte den Höhepunkt des Trends, den Friedensmissionen der UN zunehmend weniger Vertrauen entgegenzubringen. Besonders in den Staaten des globalen Südens, welche die Unterstützung der UN-Friedenstruppen historisch am häufigsten erbaten, ist diese Entwicklung zu beobachten. Davon zeugen auch die Ereignisse in der Demokratischen Republik Kongo. Die Bevölkerung fühlte sich durch die Einheiten der UN nicht geschützt. Auf den Vertrauensverlust folgten Massendemonstrationen.
Darüber hinaus stehen die UN-Friedensmissionen auch vor strukturellen Herausforderungen. Die ursprüngliche Konzeption der Blauhelme aus den späten 1940er-Jahren sah vor, den Frieden zwischen zwei sich im Krieg befindlichen Staaten zu sichern. Diese Form des Konflikts ist jedoch nur noch selten Grundlage aktueller UN-Missionen. Stattdessen stehen die Soldatinnen und Soldaten zunehmend transnational vernetzten Konflikten gegenüber. Häufig bestehen Verbindungen zu organisiertem Verbrechen und global agierenden Terrorgruppen – eine Gemengelage, für die die Truppen nicht konzipiert wurden. Zusätzlich verlangt das Primat des Bevölkerungsschutzes unter diesen Bedingungen immer umfassendere finanzielle Mittel und personelle Ressourcen. Demgegenüber stehen schrumpfende Budgets für Friedensmissionen, wie Jean-Pierre Lacroix, UN-Untergeneralsekretär für Friedenseinsätze, im vergangenen Monat einräumte. Zudem tragen Gedankenspiele aus dem Weißen Haus, die US-Mittel für die Friedensmissionen zu kürzen, nicht zur Entspannung der Lage bei.
Mitte April gelang ein internes Dokument des White House Budget Office an die Öffentlichkeit, das die Halbierung der US-Zahlungen für UN-Friedensmissionen vorsieht. Ein solcher Schritt hätte weitreichende Folgen: 27 Prozent des 5,6 Milliarden US-Dollar umfassenden UN-Peacekeeping-Budgets stammen aktuell aus den Vereinigten Staaten. Zum Vergleich: Deutschland trägt als viertgrößter Beitragszahler rund sechs Prozent bei. Die Kürzung wird in Washington mit dem angeblichen Scheitern der Blauhelmeinsätze in Mali, im Libanon und im Kongo begründet. Vor diesem Hintergrund formuliert der deutsche Außenminister Johann Wadephul (CDU) ambitionierte Erwartungen an das Ministerial in Berlin: „Im Zentrum der Beratungen wird die Frage stehen, was getan werden muss, damit die Welt sich auch in Zukunft auf die Blauhelme als Gesicht und Arm der Vereinten Nationen verlassen kann.“