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StartStaat & RathausBarrierefreiheit ist für alle da

Barrierefreiheit ist für alle da

Stellen Sie sich vor, ein Formular, eine Stufe am Eingang oder ein unbeschrifteter Button auf einer Webseite entscheiden darüber, ob Sie Ihren Behördengang eigenständig bewältigen können – oder ob Sie auf fremde Hilfe angewiesen sind oder möglicherweise sogar scheitern. Für viele Bürgerinnen und Bürger ist das Realität. Es gibt Barrieren, die sie im Alltag von selbstständiger Lebensführung abhalten oder diese gar vollständig verhindern.

Barrierefreiheit ist daher weit mehr als eine gesetzliche Verpflichtung oder technische Vorgabe: Sie ist die Voraussetzung dafür, dass Menschen ihre Rechte wahrnehmen und ihre Angelegenheiten souverän regeln können – und somit gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft sind. Besonders die öffentliche Verwaltung trägt Verantwortung, da sie mit ihren Strukturen und Angeboten maßgeblich bestimmt, wie zugänglich und inklusiv das gesellschaftliche Leben gestaltet wird.

Weil Barrierefreiheit eine Aufgabe aller Ebenen ist, hat der Bund auf Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vor drei Jahren die Bundesinitiative Barrierefreiheit ins Leben gerufen. Diese soll Barrierefreiheit in Deutschland langfristig voranbringen. Unter ihrem Dach werden Maßnahmen umgesetzt, um Barrieren im öffentlichen und privaten Bereich abzubauen.

Im Mittelpunkt stehen gesetzgeberische Maßnahmen, barrierefreie Mobilität, Gesundheit, Wohnen und Bauen sowie digitale Barrierefreiheit. Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierung spielen eine zentrale Rolle, um das Thema in der Gesellschaft zu verankern. Auch die Barrierefreiheit im Geschäftsbereich der Bundesregierung zu verbessern, gehört zu den Zielen der Initiative.

Zugängliche Verwaltung

Wenn wir über Barrierefreiheit sprechen, denken wir oft zuerst an bauliche Maßnahmen wie stufenlose Eingänge oder Aufzüge, kontrastreiche Leitsysteme oder Sanitäranlagen. Doch Barrierefreiheit umfasst weit mehr: Sie reicht von baulichen und kommunikativen bis hin zu digitalen Aspekten öffentlicher Angebote.

Die bauliche Barrierefreiheit ist jedoch häufig der erste Berührungspunkt. Sie ist nicht nur für Menschen mit Behinderungen wichtig, sondern auch für ältere Menschen oder Familien mit kleinen Kindern. Eine Verwaltung, deren Gebäude zugänglich und gut orientierbar sind, zeigt: Wir heißen alle willkommen. Damit erfüllt sie nicht nur gesetzliche Pflichten aus dem Behindertengleichstellungsgesetz, sondern nimmt auch eine Vorbildrolle im öffentlichen Raum ein.

Die richtigen Worte

Ebenso entscheidend ist die kommunikative Barrierefreiheit. Denn wie heißt es so schön: Information ist die Währung der Demokratie. Einfache Sprache, klare Formulare, leicht orientierbare Beschilderung und mehrsprachige Informationen sorgen dafür, dass Verwaltungsprozesse nachvollziehbar und zugänglich für alle sind. Auch Menschen mit Sinnesbeeinträchtigungen profitieren von Formaten wie Untertiteln, Gebärdensprachvideos oder Audioversionen. Hier hat die Verwaltung die Chance, Standards zu setzen und ein breites gesellschaftliches Bewusstsein für inklusive Kommunikation zu fördern. Ein Erfolg der letzten Jahre ist, dass immer mehr Behörden Informationen in Leichter Sprache und Gebärdensprache anbieten. Das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) arbeitet zudem an einem Projekt, das für mehr Barrierefreiheit durch KI-Anwendungen sorgen kann.

Mit der fortschreitenden Digitalisierung gewinnt auch die digitale Barrierefreiheit zunehmend an Bedeutung. Öffentliche Stellen sind gesetzlich verpflichtet, ihre digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten. Diese Verpflichtung basiert auf dem Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes sowie entsprechenden Landesgesetzen. Doch die Umsetzung hinkt in vielen Fällen hinterher. Die Bundesinitiative Barrierefreiheit möchte auch hier beratend unterstützen. Wichtige Ansprechpartner sind etwa die Bundesfachstelle Barrierefreiheit und die entsprechenden Überwachungsstellen.

Ein weiterer Aspekt der digitalen Barrierefreiheit ist die Beschaffung barrierefreier Software innerhalb der Verwaltung. Diese hat großen Einfluss darauf, wie die Verwaltungen als Arbeitgeber für Menschen mit Behinderungen aufgestellt sind – auch mit Blick auf die Gewinnung qualifizierter Fachkräfte. Auch wenn der Markt nicht immer barrierefreie Software bietet: Wenn öffentliche Verwaltungen bei ihren Ausschreibungen konsequent auf das Merkmal Barrierefreiheit achten, kann die dadurch entstehende Marktmacht einiges bewirken. Beim Thema Vergabe können vom Bundeministerium des Innern (BMI) bereitgestellte Bausteine und Leitfäden der Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik unterstützen. Auch die Einbindung der Schwerbehindertenvertretungen ist an dieser Stelle grundlegend und wichtig.

Führungsaufgabe

Entscheidend ist es, sich vor Augen zu führen: Barrierefreiheit ist kein zusätzliches „Nice-to-have“, das dann angegangen werden kann, wenn alles andere erledigt ist. Sie ist ein Zeichen von wirtschaftlicher Stärke und Modernität und muss von Beginn an mitgedacht werden. Auch deswegen findet sie sich als Ziel in der neuen Modernisierungsagenda des Bundes wieder. In Behörden und Dienststellen von Bund, Ländern und Kommunen sollte sie verstärkt als Führungsaufgabe wahrgenommen werden und es sollte daher mehr in den Kompetenzaufbau aller Mitarbeitenden investiert werden: Dies zahlt sich mittel- bis langfristig aus – auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels.

Unter dem Motto „Deutschland wird barrierefrei. Mit Dir.“ läuft aktuell eine große bundesweite Kampagne der Bundesinitiative Barrierefreiheit. Mehr dazu unter: www.deutschland-barrierefrei.de

Autorin des Gastbeitrags ist Regine Laroche, Referatsleiterin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales und zuständig für die Bundesinitiative Barrierefreiheit.

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