In einem internen Dokument, das dem Behörden Spiegel vorliegt, formuliert die SPD-Bundestagsfraktion, wie sie die Verteidigungsindustrie in Deutschland und Europa zu stärken plant. Der Zehn-Punkte-Plan sieht eine starke Steuerung durch die Bundesregierung vor.
In dieser Woche steht das „Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion – 10 Punkte der SPD-Bundestagsfraktion zur Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Deutschland und Europa“ während der Sitzung des Geschäftsführenden Vorstandes, des Fraktionsvorstandes und der Fraktion zur Abstimmung.
Konkret fordert das Papier:
- eine kooperative Steuerung der Industriepolitik
- eine kurz- und langfristige Verteidigungsplanung
- finanzielle Planungssicherheit
- ein unbürokratisches und kosteneffizientes Beschaffungswesen
- strenge Regulierung von Rüstungsexporten sowie Exporten von Kleinwaffen und Dual-Use Gütern
- fokussierte europäische Rüstungskooperationen
- den Schutz von Schlüsseltechnologien
- Stärkung der Forschungs- und Innovationsförderung, auch im Hinblick auf Dual-Use-Anwendungen
- Investitionen in strategische staatliche Beteiligungen
- attraktive Beschäftigungsbedingungen in der Rüstungsbranche
Die Politik am Steuerrad
Was genau die Autorinnen und Autoren des Zehn-Punkte-Plans unter „Steuerung der Industriepolitik“ verstehen, wird im weiteren Verlauf des Dokumentes deutlich: „[…] die Beratung über sicherheits- und verteidigungspolitische Anforderungen, die daraus abgeleiteten Bedarfe sowie die notwendigen Fähigkeiten, dann die entsprechenden Beschaffungen und schließlich die Exportentscheidungen zu treffen“ – so lautet die Interpretation des Begriffs „Steuerung“ im Zehn-Punkte-Plan. Auch wer die genannte Steuerungsfunktion leisten soll, macht das Papier deutlich. Während die strategische Steuerung aus dem Bundeskanzleramt erfolgen soll, gedenkt die SPD, die strategische Steuerung sowie die fachliche Zuständigkeit für die Rüstungsexporte im Bundesverteidigungsministerium (BMVg) anzusiedeln.
Darüber hinaus sieht die SPD vor, die Verteidigung in zwei Zeiträumen zu planen: kurzfristige Planung im Rahmen von zwei bis fünf Jahren soll dringende Fähigkeiten abbilden, und langfristige Planung soll Innovationszyklen Rechnung tragen. Für Aufsehen bei der deutschen Rüstungsindustrie wird die Idee, strategische Staatsbeteiligungen an relevanten Unternehmen der Industrie zu etablieren, sorgen. Im Einzelfall zieht der Plan auch Sperrminoritäten in Betracht.
Planungsgesetz gefordert
Um den rechtlichen Rahmen für die geforderte langfristige Planung zu schaffen, fordert die SPD ein „Planungsgesetz“. Es soll mittel- bis langfristige Verteidigungsplanung legislaturübergreifend ermöglichen. Zusätzlich finden sich im Zehn-Punkte-Plan Forderungen wieder, die industrieseitig häufig formuliert werden: „Eine angepasste Anwendung der Nachhaltigkeitskriterien der EU muss sicherstellen, dass der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie keine Nachteile aus der ESG-Taxonomie entstehen“, heißt es im Dokument. Des Weiteren stellen die Autorinnen und Autoren Abnahmegarantien bei Rahmenverträgen in Aussicht.
Neue Regeln für den Export
Das Papier erkennt an, dass die Bedarfe der Deutschen Bundeswehr nicht groß genug sind, um eine auskömmliche Auftragslage der deutschen Rüstungsindustrie zu gewährleisten. Demzufolge fordert das Papier ein „zeitgemäßes nationales Rüstungsexportkontrollgesetz“. Darunter verstehen die Autorinnen und Autoren eine strenge Endverbleibskontrolle. Sie befürworten aber gleichzeitig eine EU-weite Harmonisierung der Rüstungsexportkontrolle. Zwar seien Rüstungsexporte immer im Sinne demokratisch legitimierter Ziele in der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik durchzuführen, mit dem Ukraine-Krieg und der neuen globalen Sicherheitslage entstünden aber auch neue Räume. Diese solle man im europäischen Sicherheitsinteresse nutzen und nicht den anti-demokratischen Kräften überlassen.





