Mehr als eine halbe Million Follower hat die AfD auf TikTok und damit mehr als dreimal so viele wie die „zweitplatzierte“ SPD. Die große Online-Reichweite der als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuften Partei gilt als einer der Schlüsselfaktoren für ihre Wahlerfolge. Haben die Rechten die Sozialen Medien besser verstanden? Der Bundestagsabgeordnete Robin Mesarosch (SPD), der jüngst mit einem kritischen Instagram-Video zur Aufarbeitung der Morde von Aschaffenburg viral ging, ordnet im Behörden Spiegel-Interview ein.
Behörden Spiegel: Herr Mesarosch, die AfD ist dem Rest des Parteienspektrums deutlich voraus, was das Erreichen von insbesondere jungen Menschen auf TikTok angeht. Was macht die AfD besser als andere Parteien?
Robin Mesarosch: Der Algorithmus spielt der AfD in die Karten. Reißerische Parolen haben es erst einmal leichter als ausführlichere Erklärungen. Trotzdem darf das keine Ausrede sein. Ich bin der Überzeugung: Am Ende ist das Interesse an positiven, wahrheitsgemäßen Botschaften größer als an Fake-News und CDU, SPD und andere Parteien sind ja auch größer als die AfD. Beispiele für erfolgreichen konstruktiven Content gibt es, auch in diesen Parteien. Der Punkt ist: Die AfD nimmt Social Media ernst, andere Parteien vernachlässigen die Plattformen nach wie vor. Dabei spielt der Einsatz von Geld und Zeit nicht mehr die wichtigste Rolle. Die demokratischen Parteien müssen endlich ihre Botschaften dort gezielt verbreiten und auch in ihre Arbeit aufnehmen, was über Social Media reinkommt. Das heißt es, Leute ernst zu nehmen. Das ist immer wichtig, aber nochmal besonders, wenn es um junge Leute geht.
Behörden Spiegel: Sie haben ebenfalls eine große Social-Media-Reichweite. Was ist Ihre Strategie, um viele Userinnen und User zu erreichen – und dabei sachlich zu bleiben?
Mesarosch: Meine Strategie, wenn man das so nennen will, ist Ehrlichkeit. Politikerinnen und Politiker machen oft den Fehler, wie ein Zirkus in die Stadt zu kommen und veralbern sich dabei selbst. Dabei haben Sie doch wichtige Dinge zu sagen. Genau deswegen folge ich keinen Trends oder tanze albern rum. Ich sage das Wesentliche oder das Nützliche für die Leute, die mir zuschauen. Jedenfalls versuche ich das. Viele positive Rückmeldungen und eine stark wachsende Reichweite von mehreren Millionen Klicks pro Monat bestätigen mir, dass ich auf dem für mich richtigen Weg bin.
Behörden Spiegel: Reicht der Digital Services Act (DSA) aus, um große Online-Plattformen wie TikTok zu regulieren und junge Menschen im Netz zu schützen? Wenn nicht, wo sollte nachgebessert werden?
Mesarosch: Die ehrliche Antwort lautet: Das wissen wir noch nicht. Im DSA steht das Richtige drin, da brauchen wir erst mal nicht viel Neues. Die Kunst besteht doch darin, seine Regeln durchzusetzen. Hier sollten wir sofort nachbessern, sobald wir merken, dass die Plattformen sich drücken. Das wird sich jetzt in den nächsten Monaten zeigen.
Behörden Spiegel: Was halten Sie von einer Social-Media-Altersgrenze wie sie Australien eingeführt hat?
Mesarosch: Eine durchsetzbare Altersgrenze halte ich für längst überfällig. Soziale Medien, wie sie heute funktionieren, schaden der jungen Generation in besonderem Maß. Wir brauchen bessere Regeln und Altersgrenzen sind ein Teil davon, damit diese Regeln auch funktionieren können. Ich bin froh, dass die EU zurzeit prüft, wie eine europäische Lösung aussehen kann.