- Anzeige -
- Anzeige -
StartVerteidigungPistorius zu Gast in Washington

Pistorius zu Gast in Washington

Bei seinem Besuch in Washington vergangene Woche diskutierte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die Beschaffung US-amerikanischer Waffentechnologie.

Zwar musste sich der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in Washington nicht in die Höhle des Löwen des US-Präsidenten Donald Trump begeben, dennoch war sein Antrittsbesuch in den USA nicht trivial. Pistorius’ Gastgeber, US-Verteidigungsminister Pete Hegseth, gilt als Wortführer der US-amerikanischen Forderungen, Europa müsse seine konventionelle Verteidigung künftig eigenständig leisten.
Es überrascht daher nicht, dass der deutsche Verteidigungsminister in Washington vor allem die Beschaffung US-amerikanischer Rüstungstechnologie bekannt gab.

Pistorius auf Shoppingtour

Erster Punkt der Agenda zwischen den beiden Verteidigungsministern war die Beschaffung des US-amerikanischen Luftverteidigungssystems Patriot für die Ukraine. Nach einem internen Bericht des US-Verteidigungsministeriums stellt die Trump-Administration die Lieferung weiterer Waffensysteme an die Ukraine infrage. Grund dafür ist der laut Bericht rückläufige Bestand der US-Arsenale infolge der bisherigen Unterstützung für das von Russland angegriffene Land. Um die ukrainische Luftverteidigung dennoch aufrechtzuerhalten, schlug die US-Regierung vor, dass europäische Staaten Patriot-Systeme aus den USA erwerben und an die Ukraine weitergeben. Deutschland zeigt sich offen für diesen Vorschlag und ist bereit, die Finanzierung für den Transfer von zwei Patriot-Systemen zu übernehmen. Technische, logistische und finanzielle Details seien noch abzustimmen. Klar sei jedoch, dass es nun schnell gehen müsse.

„Die Stärkung der Luftabwehrfähigkeiten der Ukraine ist ein Schwerpunkt der deutschen Ukraine-Unterstützung. Deutschland und die USA sind nach wie vor die größten Unterstützer der Ukraine“, so Pistorius.
Darüber hinaus sprachen Pistorius und Hegseth über Waffensysteme, die nicht in der Ukraine, sondern in Deutschland selbst zum Einsatz kommen sollen. Pistorius kündigte in Washington die Absicht zur möglichen Beschaffung des US-Waffensystems Typhon an – eine landbasierte Abschussplattform für verschiedene Lenkflugkörper. Die formelle Anfrage Deutschlands, der sogenannte Letter of Request, befinde sich in Vorbereitung. „Die Reichweite dieser Systeme ist deutlich größer als die, die wir bislang in Europa haben“, so der Minister. Aktuell existiert in Europa keine vergleichbare Fähigkeit. Mit dem Projekt European Long-Range Strike Approach (ELSA) wird zwar an einer europäischen Lösung gearbeitet, doch bis diese die Lücke bei Deep Precision Strike schließt, werden voraussichtlich noch mindestens sieben Jahre vergehen. Typhon soll daher als Interimslösung dienen.

Zusätzlich berieten Pistorius und Hegseth die geplante Verlegung von US-Mittelstreckenwaffen nach Deutschland. Ab 2026 sollen US-Systeme mit Reichweiten von bis zu 2.500 Kilometern zeitweise auf deutschem Boden stationiert werden.

Der Minister beschwichtigt

Neben Beschaffungen nutzte Pistorius den Besuch in Washington auch, um den USA rhetorisch entgegenzukommen. Deutschland und die europäischen Verbündeten hätten als Reaktion auf die veränderte Sicherheitslage „bedeutende Schritte unternommen, um den europäischen Beitrag innerhalb der NATO zu stärken“, so der Minister. Den US-Beitrag zur europäischen Verteidigung begrenzte Pistorius auf die nuklearen Fähigkeiten: „Die Vereinigten Staaten stehen zum nuklearen Schutzschirm.“

Merz reist nach London

Während Pistorius seinen US-amerikanischen Amtskollegen traf, reiste Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nach London, um sich mit dem britischen Premierminister Keir Starmer zu treffen. Dort einigten sich beide Regierungschefs auf densogenannte Kensington Treaty – ein bilateraler Freundschaftsvertrag mit starker sicherheitspolitischer Komponente und militärischer Beistandspflicht. Konkret bekennen sich beide Länder zu ihrer Beistandsverpflichtung gemäß Artikel 5 des NATO-Vertrags.

Zudem ist eine engere verteidigungsindustrielle Zusammenarbeit vorgesehen. So vereinbarten beide Staaten, precision strike-Fähigkeiten mit Reichweiten von bis zu 2.000 Kilometern im nächsten Jahrzehnt gemeinsam zu entwickeln. Darüber hinaus sind gemeinsame Exportbemühungen für Rüstungsgüter wie den Eurofighter Typhoon und das gepanzertes Transport-Kraftfahrzeug (GTK) Boxer geplant. Berlin und London verständigten sich außerdem darauf, die Bedrohung durch feindliche U-Boote im Nordmeer gemeinsam zu bekämpfen, unbemannte Luftfahrtsysteme weiterzuentwickeln und die Ostflanke der NATO zu stärken.Nach der Unterzeichnung sprach Merz von einem „historischen Vertrag“. Diese Einschätzung teilte bereits die Vorgängerregierung: Auch Ex-Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich für ein engeres politisches Verhältnis zu Großbritannien eingesetzt. Die Gespräche mit der damaligen konservativen Regierung in London verliefen jedoch zäh. Das änderte sich mit dem Amtsantritt Starmers. Seit dessen Besuch in Berlin im vergangenen Jahr arbeiteten beide Seiten an dem nun verabschiedeten Vertrag. Folgerichtig sprach Merz in London seiner Vorgängerregierung Dank aus.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein