if (wohnflaeche<=100) { buergerkonto++; } – so könnte ein Gesetz aussehen, das direkt als Software ausführbar ist. Das ist die Vision der Initiative „Law as Code“. Das Team der SPRIND verspricht sich davon Effizienzgewinne und eine einheitliche Anwendung von Gesetzen. Doch wie realistisch ist dieser Systemwandel?
Spätestens seit der Einführung des Digitalchecks auf Bundesebene im Jahr 2023 ist vielen das Ziel digitaltauglicher Gesetze bekannt. Gemeint ist, dass Recht auch in der digitalen Verwaltungspraxis funktionieren muss, nicht nur in der analogen. Die Initiative „Law as Code“ der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) möchte hingegen noch einen Schritt weitergehen: Sie schlägt vor, Gesetze nicht erst analog als Fließtexte zu verabschieden und im Nachhinein aufwendig zu digitalisieren, sondern sie von Anfang an zusätzlich als Code zu entwerfen und bereitzustellen.
Einheitliche Programme
Davon erhofft sich die Initiative mehr Effizienz und Standardisierung. Ein Beispiel ist das Lohnsteuergesetz: Würde seine nächste Änderung nicht nur als juristischer Text, sondern auch als ausführbarer Code veröffentlicht, könnten Unternehmen diesen direkt in ihre jeweiligen Steuerprogramme übernehmen. So würden sie sich die ‚Übersetzung’ des Gesetzestextes in Software sparen, die in der derzeitigen Praxis jeder Anwender für sich erledigt. Das hat unterschiedliche Ergebnisse und damit nicht miteinander interoperable Programme zur Folge.
Und es gibt noch einen weiteren Aspekt – die Transparenz. „Das Recht ist heute ein Expertentool geworden – kaum ein Bürger liest Gesetzestexte und hat dazu Zugang“, meint Dr. Hakke Hansen, der die Initiative der SPRIND leitet. Das digitalisierte Recht könnte das ändern, so die Vision. Bürgerinnen und Bürger könnten nachvollziehen, welche Regeln wann angewendet werden – in klar strukturierter, verständlicher Form. Auch die künftige Automatisierung, für die das maschinenlesbare Recht die Basis darstelle, solle keineswegs eine Blackbox sein, erklärt sein Kollege Jörg Resch.
Revolution erproben
Diesen innovativen Weg in der Gesetzgebung zu gehen, ist eine politische Entscheidung, weiß das Team der SPRIND, welches für die Initiative rege Unterstützung erhält. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Ralph Brinkhaus etwa ist der Meinung, dass das Konzept von „Law as Code“ einer „Revolution unseres Rechtswesens“ gleichkomme – und diese hält er für dringend nötig. Er plädiert dafür, zeitnah Pilotprojekte zu starten, um das aus seiner Sicht „vielversprechende Konzept“ möglichst viel in der Praxis zu erproben und daraus zu lernen. Dies sollte auch ohne gesetzliche Grundlage möglich sein. Neben dem Steuerrecht eigne sich seiner Meinung nach auch das Sozialrecht besonders gut für die maschinenlesbare Gesetzgebung.
In Frankreich und Estland würden indes bereits erste prototypische Anwendungen für maschinenlesbare Rechtsnormen entwickelt und auch die EU-Kommission verfolge vergleichbare Ziele, sagt Alisha Andert, Vorstandsvorsitzende des Legal Tech Verbands. Das zeige, dass „die Vision einer maschinenlesbaren und damit digitaltauglichen Gesetzgebung längst keine Utopie mehr“ sei. Für ihre Umsetzung brauche es neben Pilotprojekten auch standardisierte Modelle, Überzeugungsarbeit, Aus- und Weiterbildung in der Legistik (Gesetzgebungslehre) sowie eine engere Zusammenarbeit zwischen Juristen, Informatikern und Fachleuten aus der Verwaltung, beispielsweise in Normlaboren.
Bundesregierung plant Reallabore
Die Bundesregierung scheint zumindest Schritte in diese Richtung gehen zu wollen. Im Koalitionsvertrag sind Praxistauglichkeitstests, die Visualisierung von Strukturen und Prozessen sowie die digitale Umsetzung festgeschrieben. Erst kürzlich kündigte der Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung, Dr. Karsten Wildberger (CDU), an, die Frühphasen von Gesetzen „besser nutzen“ zu wollen, etwa mithilfe von Reallaboren und dem „Mut zum Neudenken“. Sein Haus ist für die „bessere Rechtssetzung“ verantwortlich. Und auch der Parlamentarische Staatssekretär im Ministerium, Philipp Amthor (CDU), findet die Idee „super“, jedoch müssten erst einmal Standards gesetzt und Medienbrüche abgebaut werden, zum Beispiel durch die Registermodernisierung.
Inwiefern „Law as Code“ Realität werden kann, wird sich in den kommenden Jahren und durch erste Pilotprojekte zeigen. Bis dahin lädt die Initiative alle relevanten Akteure dazu ein, sich aktiv einzubringen. Der Anspruch der SPRIND ist es schließlich, mit ihren Innovationen „den größtmöglichen gesellschaftlichen Nutzen“ zu erzielen.