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StartStaat & Rathaus(Rück-)Schritte wagen

(Rück-)Schritte wagen

Veränderung fällt schwer – besonders in einem über lange Zeit gewachsenen System wie der öffentlichen Verwaltung. Doch wo Behörden Neues ausprobieren, aktiv umdenken und ihre Freiräume bei der Umsetzung von Gesetzen gekonnt nutzen, wird der Weg hin zu spürbarer Entlastung Realität.

Eine effektive Möglichkeit zum Rückbau von Bürokratie ist die Bündelung von Aufgaben. Die Auswirkungen überbordender Bürokratie treffen in besonderem Maße die Beschäftigten auf kommunaler Ebene. Sie müssen Bundes- und Landesrecht umsetzten, haben aber selbst kein Mitspracherecht beim Verfassen oder der Änderung von Vorgaben. Gleichzeitig sind sie es, die im direkten Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern stehen und so auch unmittelbar mit deren Kritik an komplexen Verfahren konfrontiert sind. Vor allem aber müssen sie mit wenig Personal die verschiedenen Fachbereiche abdecken und in allen über das nötige Know-how verfügen.

Margret Mergen, stellvertretende Vorsitzende des Normenkontrollrats Baden-Württemberg, rät Kommunen daher, bestimmte Aufgaben abzugeben und auf Landratsebene zusammenzuführen. Das könne zu erheblichen Erleichterungen und Zeitersparnissen führen, wenn z. B. die Beschäftigten kommunaler Standesämter nicht mehr sämtliche Schulungen zu Änderungen im Namensrecht etc. selbst belegen müssten, sondern entsprechende Anliegen zentral beim Landratsamt geklärt würden.

Auch darüber hinaus benötigen Kommunen die Unterstützung durch andere Verwaltungsebenen. Mergen nennt hier beispielsweise den Bereich der Digitalisierung. Diese scheitere nicht am Können oder am Wollen, sondern an Schnittstellen. Sie wünsche sich bei Themen wie Registermodernisierung (RegMo) oder Datenschutz mehr Angebote von Bund und Ländern und eine Kostenübernahme durch ebendiese. Das Einer für alle-Prinzip (EfA) sei ein guter Ansatz, allerdings nur, wenn Kommunen nicht mit den finanziellen Belastungen allein gelassen würden.

Mit Engagement und Haltung

„Die Handlungsfähigkeit des Staates steht auf dem Spiel“, warnt Andreas Hemsing, Zweiter Vorsitzender und Fachvorstand Tarifpolitik des Deutschen Beamtenbunds und Tarifunion (DBB). Vermeidbare Bürokratie binde zu viel Zeit und Arbeitskraft, die dringend gebraucht werde. Er wünscht sich, das Beschäftigte wieder mehr Zeit für die Menschen und für ihre Kernaufgaben haben. Hemsing bricht eine Lanze für die Beamten und Angestellten, die mit großem Engagment ihren Aufgaben nachgingen, Regeln befolgten und so den Staat am Laufen hielten. Der Frust von Bürgerinnen und Bürgern gegenüber Staat und Bürokratie treffe oft ebendiese motivierten Beschäftigten, bedauert er. Entlasten statt Belasten dürfe daher auch im Sinne der Beschäftigten nicht als Motto verstanden werden, sondern als Auftrag.

Innerhalb der gegebenen Vorgaben kann und muss Verwaltung Freiräume gezielt dazu nutzen, selbst ihren Teil zum Bürokratierückbau zu leisten. Gleichzeitig bleibt sie auf die Politik angewiesen. Diese muss nicht nur durch bessere Rechtsetzung die notwendigen Voraussetzungen schaffen, sondern auch Haltung zeigen.

„Zu oft erleben wir, dass Menschen sich dann, wenn es ums Umsetzen geht, politisch wegducken“, kritisiert Dr. Frank Nägele, Beauftragter für den Strukturwandel der Landesregierung des Saarlands. Er fordert mehr Sicherheit für die, die Regelungen umsetzen. Es gebe bereits Häuser, die Bürokratie aktiv zurückbauten und z. B. die Prüfungstiefe aus Förderanträgen herausnähmen, lobt der Landesbeauftragte: „Aber nur, wenn oben drüber jemand sitzt und sagt: ‚Ich bin es, der die Verantwortung hat, ich habe das mitentschieden und ich werde euch an der Stelle immer unterstützen‘.“

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