- Anzeige -
- Anzeige -
- Anzeige -
StartSicherheitKrise ist Alltag

Krise ist Alltag

Es herrscht Einigkeit unter Politikerinnen und Politikern sowie Expertinnen und Experten des Katastrophenschutzes: Die Dauerkrise ist das „New Normal“ geworden. Um dem New Normal besser zu begegnen, sollen die Behörden, der Staat und die Gesellschaft selbst resilienter werden. Ideen und Initiativen, wie das gelingen soll, gibt es viele, wie der Digitale Katastrophenschutz-Kongress gezeigt hat, an dem über 500 Vertreterinnen und Vertreter aus den verschiedenen Bereichen des Katastrophenschutzes und der Politik teilnahmen.

„Die Frage, wie wir resilienter werden, stellen wir uns jeden Tag“, sagt Juliane Seifert (SPD), Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI). Eine Antwort aus ihrem Haus ist die Nationale Resilienz-Strategie, mit der man die gesamtstaatliche Resilienz mit fünf Schritten erreichen will. Neben der Verbesserung der Vorbereitung sowie die Vorsorge auf Krisen sollen u. a. auch die Regeneration und der Wiederaufbau nach einem Katastrophenfall mitgedacht werden. „Es geht aber nicht darum, dass ein Ministerium auf Bundes- oder Landesebene bzw. eine Organisation sich alleine um das Thema kümmert“, so Seifert. Das Thema Resilienz sei eine Querschnittsaufgabe der Bundesregierung. Sie verpflichte deshalb jedes Ministerium sich resilienter aufzustellen.

Zudem kündigt die Staatssekretärin ein Dachgesetz für Kritische Infrastrukturen (KRITIS) an, welches noch in dieser Legislaturperiode kommen soll. Eckpunkte des Gesetzes seien u. a. eine Neudefinition, wer zur KRITIS gehöre, welche Mindeststandards in puncto Sicherheit erfüllt werden müssen und wer dies überprüft. Dr. Christoph Hübner, stellvertretender Leiter der Abteilung Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz im BMI, ergänzt, dass dieses Dachgesetz an das BSI-Dachgesetz angelehnt sei. Jedoch rücken bei dem KRITIS-Dachgesetz vielmehr die physischen Gefahren und Angriffe in den Fokus. „Mit dem Gesetz wollen wir alle KRITIS wesentlich fitter machen“, so Hübner.

Bevölkerung gefordert

Auch der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Ralph Tiesler, will die Bundesrepublik fitter machen. Neben der Resilienzstrategie will er die Bevölkerung stärker mitnehmen. Leider habe die Bevölkerung kein Risikobewusstsein trotz vergangener Krisen entwickelt. Die Bevölkerung müsse wieder Akteur werden. Eine neue Sicherheitspartnerschaft mit den Bürgerinnen und Bürgern sei zu etablieren.

„Ein Weiter wie bisher kann sich Deutschland nicht leisten“, so Tiesler. Deshalb brauche es eine offene und transparente Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie Informationen zur Steigerung der Selbsthilfefähigkeit. Aber auch die Behörden müssten ein offenes Ohr für die Schutzbedürfnisse der Bevölkerung haben. Hier seien aber auch alle Katastrophenschutzorganisationen gefragt.

Oben auf der Agenda sieht auch der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) die Steigerung der Selbsthilfefähigkeit sowie des Gefahrenbewusstseins der Bevölkerung. Beides sei noch gering ausgeprägt. Er möchte diese Feststellung aber nicht als Kritik verstanden sehen. Seit dem Fall der Mauer habe es eine lange Periode von Frieden und Sicherheit gegeben. Diese sei jetzt aber vorbei. Deshalb müsse die Kommunikation verbessert werden und die Bürgerinnen und Bürger für Gefahren sensibilisiert werden.

Sondervermögen Bevölkerungsschutz kommt

Wie bei jeder Diskussion um Steigerung der Schlagkraft des Katastrophenschutzes kommt früher oder später immer die Frage nach dem Geld. Pistorius ist sich sicher, dass die geforderten zehn Milliarden für Bevölkerungsschutz kommen werden. Ein Großteil werde vom Bund finanziert, zeigt sich der Niedersachse überzeugt. Dennoch dürfe dieses Sondervermögen nicht alleine stehen. Es seien ebenso die Länder und die Kommunen gefordert.

„Geld war immer ein Problem“, sagt Hübner. Das BMI könne nur mit dem Geld arbeiten, welches die Bundesregierung dem Ministerium zuweist, erklärt der stellvertretene Abteilungsleiter den momentanen Haushalt. Dennoch werde sich das BMI in den kommenden Jahren dafür einsetzen, dass die Mittel für den Bevölkerungsschutz erhöht würden, kündigte er an.

Auch Dr. Tobias Bräunlein, Abteilungsleiter Brand- und Katastrophenschutz, Krisenmanagement im hessischen Ministerium des Innern und für Sport, sieht dabei noch Gesprächsbedarf. Es mache keinen Sinn, nur 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr zu stecken, auch der Zivilschutz müsse mit mehr Geld bedacht werden, schließlich seien dies beides zwei Seiten einer Medaille.

Föderalismus als Teil der Resilienz

Auch von militärischer Seite sieht man die Notwendigkeit, dass die zivile Seite mehr tun muss. Durch die neue weltpolitische Lage liege der Fokus der Bundeswehr verstärkt auf der Bündnisverteidigung, hält Generalleutnant Carsten Breuer fest. Das Pendel in der Zivil-Militärischen-Zusammenarbeit schwang vor dem 24. Februar, dem Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine, eher in Richtung der zivilen Seite. Nun schwinge das Pendel vom Krisenmanagement in Richtung Landesverteidigung. Breuer macht sich dennoch dafür stark, nicht nur in Szenarien zu denken, da sonst so eine flexible Reaktion seitens der Gefahrenabwehr verloren ginge. Resilienz müsse gesamtsystematisch gedacht werden. Dabei gelte es auch den viel diskutierten Föderalismus als einen Teil der Resilienz zu begreifen.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein