Rot heißt Stopp! Oder freie Fahrt? Das hängt davon ab, mit welchem fahrbarbaren Untersatz man unterwegs ist. Denn in mehreren Städten, wie Kiel oder Bonn, haben sich nun dicke, rote Linien als Fahrbahnmarkierungen für Fahrradstraßen etabliert. Die ehemalige Bundeshauptstadt führt dies auf einen Radentscheid zurück, der 2020 als Bürgerbegehr von der gleichnamigen Initiative ins Leben gerufen und 2021 vom Stadtrat beschlossen wurde. Darin fällt unter anderem die Forderung nach mehr Platz für Rad- und Fußverkehr.
Die Stadt hat sich diesen Wunsch zu Herzen genommen und möchte nun ein durchgängiges Radverkehrsnetz schaffen – dafür werden derzeit 40 weitere Fahrradstraßen nach dem neuen Qualitätsstandard ausgewiesen und umgestaltet. Die Arbeiten dafür sind seit April 2024 im Gang und sind auch noch nicht abgeschlossen.
In einer roten Fahrradstraße haben die Fahrräder die Gebietshoheit – sie geben das Tempo vor und dürfen auch gemütlich nebeneinanderher fahren. Zum Teil sind diese neu markierten Straßen auch weiterhin für motorisierte Verkehrsteilnehmende freigegeben, diese haben sich jedoch an das Tempo der Fahrräder anzupassen.
Um die Gestaltung der neuen Fahrradstraßen einmal zu visualisieren: Links und rechts entlang der Fahrbahn verlaufen dicke rote Linien, mittig ist in manchen Fällen ein Fahrradpiktogramm aufgetragen und Einmündungsbereiche in solche Fahrradstraßen sind großflächig rot markiert. So weit so gut, aber wo liegt das Problem? Von klein auf bekommen wir eingetrichtert, dass rot eine Warnfarbe ist und erst einmal Stopp bedeutet. Hinzu kommt, dass nicht alle Einmündungen in eine solche Straße durch Schilder markiert sind. So fragt man sich als potenziell ahnungsloser Autofahrer oder Autofahrerin dann doch, ob man plötzlich etwas falsch gemacht hat und sich eigentlich gar nicht in dieser großflächig rot gestrichenen Straße aufhalten dürfte.
Hinzu kommt, dass um ausreichend Platz für alle Fahrbahnnutzenden zu schaffen, auch teilweise Parkplätze wegfallen sollen – gerade in Wohngebieten mit großen Büros in der näheren Umgebung könnte dies für Unmut sorgen.
Per se sollte jede Stadt der Umwelt zu liebe an einer aktiven Mobilitätswende arbeiten, doch ob diese Art der potenziell verwirrenden Markierung wirklich sinnvoll ist, bleibt abzuwarten.