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Ran an die Fachverfahren

Die Digitalisierung in Deutschland – insbesondere in Kommunen und Ländern – möchte endlich ordentlich in Schwung kommen. Auf einem politischen Abend der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister VITAKO diskutierten Landes- und Bundesvertreter über die Modernisierung von Fachverfahren, Standardisierungen und den Deutschland-Stack.

Einig waren sich die Teilnehmenden darüber, dass die Fachverfahren modernisiert werden sollen. Dr. Johann Bizer, Vorstandsvorsitzender bei Dataport und Vorstand bei VITAKO, forderte höhere Investitionen und kritisierte, dass allein beim Wohngeld in Schleswig-Holstein beispielsweise neun unterschiedliche Fachverfahren mit „Schrott-Software“ laufen würden. Damit meinte er, dass die Software nicht cloud-fähig sei. „Wenn man aus diesem Verfahren nun ein ‚Wohngeld-as-a-Service‘ machen möchte, müsste man Geld in die Hand nehmen und diese neun Verfahren vom Markt nehmen und ein neues entwickeln“, schlug Bizer vor.

Risikoorientierte Ansätze wagen

Auch Ralph Brinkhaus (CDU), MdB und im Ausschuss für Digitalisierung und Staatsmodernisierung, forderte, viele Fachverfahren anders auszugestalten. Dazu nannte er als Beispiel das Fachverfahren „Heirat“ im Standesamt. Er erzählte eine Anekdote, dass ein Bekannter aufgrund seiner komplexen Familiengeschichte Originaldokumente von fünf verschiedenen Standesämtern einfordern musste. Das sei rechtlich nötig, um Bigamie, also Doppelehe, zu verhindern. Er hinterfragte diesen komplexen Prozess und sprach sich für einen „risikoorientierten“ Ansatz aus. „Was ist eigentlich das Risiko für einen Staat, wenn ein Bürger Bigamist ist?“, fragte Brinkhaus und führte aus, dass man es „vielleicht ertragen solle“, dass man in Deutschland zehn Bigamie-Fälle mehr habe, dafür der Prozess aber generell schlanker gestaltet sei. Ein risikoorientierter Ansatz heiße, dass das Standesamt die Unterlagen nur aufwendig prüfe, wenn z. B. Hinweise auf Bigamie vorlägen.

Eine Vereinfachung der Fachverfahren wäre so oder so nötig. So erklärte Alexander Handschuh, Beigeordneter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund, dass es insgesamt 10.800 Verwaltungsvorgänge gäbe: „Insgesamt braucht es klare Standardisierungen und einheitliche Schnittstellen“, so Handschuh. Neben den Fachverfahren müsste man auch in der klassischen Verwaltungsdigitalisierung Fahrt aufnehmen, so Parsa Marvi (SPD), MdB und im Ausschuss für Digitalisierung und für Staatsmodernisierung. „Wir haben gewaltigen Digitalisierungsbedarf z. B. in Standes- oder Ausländerämtern“, erklärte er.

Deutschland-Stack als Booster

Hoffnung für eine Digitalisierungsoffensive soll auch der sogenannte „Deutschland-Stack“ liefern. Er sei „Projektionsfläche für vieles“, bemerkt Marvi. Mit dem Deutschland-Stack möchte die Bundesregierung eine interoperable und sichere Plattform für digitale Verwaltungsleistungen schaffen. Dabei soll eine Vernetzung der IT-Systeme von Bund, Ländern und Kommunen erreicht werden. Diese gemeinsame IT-Architektur sei aber noch im Aufbau, hieß es von den Teilnehmenden.
Sachsen-Anhalt versucht bereits aktiv, gegen zu komplexe Fachverfahren vorzugehen. Bernd Schlömer, Staatssekretär im Digitalministerium Sachsen-Anhalt und CIO, ist in einer Arbeitsgruppe aktiv, die sich mit digitaltauglicher, medienbruchfreier Gesetzgebung beschäftigt. So soll es unter anderem darum gehen, Fachverfahren zu optimieren, wie z. B. die des Wohngeldantrags. Dafür müssen auch nicht immer nur Gesetze geändert werden: „Man kann auch untergesetzlich viel schaffen, indem man Geschäftsordnungen ändert“, so Schlömer. Dort bräuchte man auch das Parlament nicht beteiligen. „Allein durch kleinere Änderungen in der gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundes oder in den Landesregierungen lassen sich schon wesentliche, signifikante Verbesserungen erzielen.“ Dies seien Initiativen, die aus Schlömers Sicht „relativ schnell kommen könnten“ und sichtbare Fortschritte bei der Verwaltungsdigitalisierung erzielen könnten, resümiert Schlömer bei der Netzwerkveranstaltung in Berlin.

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