Die Bundesregierung will den Staat einfacher, digitaler und erfolgreicher machen. Das Kabinett hat bei seiner Klausur in der Villa Borsig heute die lange vorbereitete Modernisierungsagenda für ein schnelles Deutschland beschlossen – in Form eines bindenden und ressortübergreifenden Fahrplans mit klaren Fristen, Monitoring und einer Vielzahl an Maßnahmen. Das Papier wird als echte Chance gesehen, Kritik gibt es jedoch für die unzureichende Einbeziehung der öffentlichen Verwaltung.
„Der heutige Beschluss der Modernisierungsagenda ist ein großer Schritt, um Bürger und Unternehmen zu entlasten. Diese Agenda bildet die Arbeitsgrundlage für die Legislaturperiode – mit konkreten Vorhaben, die nun nachhaltig und Schritt für Schritt umgesetzt werden müssen“, erklärt Dr. Karsten Wildberger, Bundesminister für Staatsmodernisierung. Die geplanten Reformen sind in fünf Handlungsfelder strukturiert und umfassen insgesamt mehr als 80 Einzelmaßnahmen.
Das erste Handlungsfeld widmet sich dem spürbaren Bürokratieabbau. Neben der Stärkung der Bürokratiebremse ist u. a. die Nutzung digitaler Tools wie eines neuen Bürokratiemeldeportals geplant. Das Ziel lautet hier 25 Prozent weniger Bürokratiekosten. Im Bereich Bessere Rechtsetzung setzt die Agenda auf die digitaltaugliche Umsetzung neuer Regelungen. Das Handlungsfeld Bürger- und unternehmenszentrierter Service beschreibt Maßnahmen zur konsequenten Digitalisierung von Verwaltungsleistungen und KI-gestützter Evaluation. Im Themenfeld Zukunftsgerichtete Personalentwicklung spielt u. a. die Modernisierung des Dienstrechts eine wichtige Rolle und im Bereich Effiziente Bundesverwaltung wird die Verschlankung von Behörden und Verwaltungseinheiten wie auch die zentralisierte IT thematisiert.
Startpunkt mit Potenzial
Zudem definiert die Agenda 23 zentrale Hebelprojekte, die konkrete Verbesserungen bringen sollen. Darunter auch die Zentralisierung der digitalen Fahrzeugzulassung, die 24-Stunden-Unternehmensgründung oder die Work-and-stay-Agentur, die Fachkräfteeinwanderung und Begleitung in den deutschen Arbeitsmarkt erleichtern soll.
Die Umsetzung der ersten Projekte soll unmittelbar starten. Dabei dient die Modernisierungsagenda als Startpunkt, weitere Maßnahmen können im Laufe der Legislaturperiode ergänzt werden. „Mein Haus und ich werden uns persönlich dafür einsetzen, dass die Umsetzung nachverfolgt, gemessen und mit der notwendigen Transparenz begleitet wird“, so Wildberger.
Ambitionierte Ziele
Lutz Goebel, Vorsitzender des Nationalen Normenkontrollrats (NKR) lobt, dass die Bundesregierung mit der Modernisierungsagenda über den klassischen Bürokratieabbau hinaus gehe und darauf abziele, staatliche Strukturen und Services grundlegend zu modernisieren und zu digitalisieren. Gleichzeitig mahnt er: „Papier ist geduldig und es liegt an Bundeskanzler Merz sowie Vizekanzler Klingbeil die gesamte Regierungsmannschaft auf die Ziele einzuschwören. Jetzt zählt die Umsetzung.“ Die Agenda benenne ambitionierte Ziele, aber auch viele noch zu erarbeitende Konzepte. Um die genannten Pläne zu verwirklichen, brauche es umfassende Reformen, eine politisch klar gesteuerte Umsetzung und starke Führung durch das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung sowie das Bundeskanzleramt. Goebel fordert konkrete Umsetzungsschritte: verbindliche gesetzgeberische Standards, ressortscharfe Abbauziele bei der Bürokratie, ausreichende Fristen zur Einbindung der Praxis und eine frühzeitige Einflussnahme auf EU-Regulierungen bei der Gesetzgebung, genau wie eine effektive Erfolgskontrolle.
„Was die Agenda bislang vermissen lässt, ist der konsequente Einbezug von Ländern und Kommunen. Staatsmodernisierung muss föderal gedacht werden“, so Goebel. Die angekündigte zweite föderale Modernisierungsagenda der Länder müsse mit den Vorgaben des Bundes abgestimmt werden.
Aufgabenkritik
Der DBB-Bundesvorsitzende Volker Geyer sieht in der Modernisierungsagenda einen Schritt in die richtige Richtung. „Wir als DBB unterstützen alle Vorhaben, die Digitalisierung und Bürokratieabbau konsequent voranbringen. Mit Überbürokratisierung, undurchsichtigen und unverständlichen Gesetzen muss endlich Schluss sein.“ Geyer hebt mit Blick auf das umfangreiche Maßnahmenpaket besonders das vorgesehene Entwicklungsprogramm für Führungskräfte hervor. Sie müssten entscheidende Weichen für die Modernisierung des Staates stellen, Prozesse managen und erforderliches Wissen an ihre Teams weitergeben. Dafür bräuchten sie die bestmöglichen Voraussetzungen.
Kritik gibt es vom Beamtenbund für den geplanten Personalabbau von acht Prozent. „Pauschaler Stellenabbau schwächt den Öffentlichen Dienst, der ohnehin schon in weiten Teilen völlig überlastet ist“, betont Geyer. Er fordert vor der Einsparung von Stellen eine klare Aussage dazu, welche Aufgaben wegfallen sollten. Alles andere sei eine unverantwortliche Sparpolitik auf dem Rücken der Beschäftigten.
Gemeinsam modernisieren
Ähnlich äußert sich Verdi-Chef Franke Werneke: „Die pauschale Stellenstreichung gehört selbst gestrichen – am besten sofort.“ Deutschland schnell, digital und handlungsfähig zu machen, sei ein gutgemeintes Vorhaben, in der Modernisierungsagenda sei aber ein hierfür entscheidender Partner vergessen worden: die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst, die den Staat am Laufen hielten. Er fordert eine Beteiligung der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaft an der Modernisierungsagenda sowie ein klares Signal an die Beschäftigten, dass ein Erneuerungsprogramm nur mit ihnen und nicht gegen sie umgesetzt werde.
Hier geht es zur Modernisierungsagenda.