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StartVerteidigungDie Drehscheibe darf sich keinen Stillstand erlauben

Die Drehscheibe darf sich keinen Stillstand erlauben

Aus der geopolitischen Lage der Bundesrepublik erwächst eine zentrale Aufgabe im NATO-Kontext. Als Durchgangsland für die alliierten Kräfte im Verteidigungsfall sind entscheidende Funktionen beim Aufmarsch, Staging und der Versorge zu übernehmen. Dafür braucht es umfassende logistische Fähigkeiten. Die gegenwärtigen Kapazitäten genügen dem nicht.

Im Forum Bundeswehrlogistik 2023 in Erfurt erklärt Generalleutnant André Bodemann, wie Deutschland seiner besonderen Rolle in der Landes- und Bündnisverteidigung gerecht werden kann und an welchen Stellen noch Handlungsbedarf besteht. Der Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos betonte, dass die Landes- und Bündnisverteidigung keine Herausforderung der Zukunft sei, sondern bereits jetzt erfolge. Zu dieser Erkenntnis kommt Bodemann, weil er die gegenwärtige sicherheitspolitische Lage Deutschlands zwischen Krieg und Frieden verortet. Zwar gäbe es keinen offenen Konflikt, dennoch seien wir täglich Angriffen ausgesetzt. Spähflugzeuge kreisten über Deutschland, Kritische Infrastruktur ist Gegenstand von Cyber-Attacken, Desinformationskampagnen sollen Menschen verunsichern und Sabotage wird unter anderem gegen die Deutsche Bahn durchgeführt.

Aus diesem Umstand folgten rechtliche Fragen. „Wie darf die Bundeswehr gegen hybride Angriffe vorgehen?“ Bodemann stellt die Frage in den Raum, ob es Veränderungen im rechtlichen Rahmen bedürfe, um diesen Bedrohungen zu begegnen. Unserer Gegner würden nämlich bewusst den nicht von der Bundeswehr verantworteten Raum bespielen. Mit ihren Aktionen agierten die Angreifenden gezielt unterhalb des Artikel 5 der NATO. Es gäbe allerdings eine Möglichkeit, der Frage nach der Verantwortlichkeit der Bundeswehr zuvorzukommen. Denn wenn Abschreckung umfänglich gelingt, kommt es gar nicht erst zum Verteidigungsfall. „Wir wollen gar nicht verteidigen! Wir wollen so gut abschrecken, dass Verteidigung nicht notwendig wird“, lautet Bodemanns Credo.  

In entscheidender Rolle

Damit Abschreckung ihrer Funktion nachkommen kann, muss sie vor allem eine Voraussetzung erfüllen: sie muss glaubwürdig sein. Der Bundesrepublik kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Als Transitland übernimmt sie eine Dreifachfunktion in der NATO. Sie stellt Truppen, leistet Host-Nation-Support und ist Transitnation. Wollten die Alliierten aufmarschieren, sei das zentral von den logistischen Fähigkeiten Deutschlands abhängig. Das träfe auch auf Friedenszeiten zu, in denen der Host-Nation-Support im Sinne der Abschreckung stark an Bedeutung gewinnen wird. Dieser zentralen Rolle kann Deutschland zurzeit allerdings nicht gerecht werden. Die logistischen Fähigkeiten seien nicht im benötigten Umfang vorhanden. „Wir brauchen Hilfe“, konstatiert Bodemann.

Auf Hilfe angewiesen

Diese Hilfe soll vor allem von zwei Seiten kommen. Von der zivilen Sphäre, insbesondere der Deutschen Bahn und privaten Unternehmen sowie von anderen Behörden mit Sicherheitsfunktion. Denn nur die Landespolizei sei in Zeiten ohne Konflikt berechtigt, Hindernisse aus dem Weg zu räumen. So sei zum Beispiel bei einer Demonstration nur diese berechtigt, eine Menschenmenge aufzulösen. Darüber hinaus verfügen die Länder über umfassende Lagebilder ihrer Infrastruktur.    Genau diesem Thema – der Infrastruktur – müsse laut Bodemann mehr Aufmerksamkeit zuteilwerden. Die weithin bekannte Kategorie der Kritischen Infrastruktur erweiterte er deshalb um die Figur der „verteidigungswichtigen Infrastruktur“. Institutionen, welche mit diesem Prädikat versehen sind, dürften sich dem Schutz durch die Streitkräfte sicher sein. Für die Resilienz der Kritischen Infrastruktur spricht Bodemann den Betreibenden die Verantwortung zu. Die Logistik der Bundeswehr kann folgerichtig nicht auf die Streitkräfte beschränkt werden. Vielmehr sei sie eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.  

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