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BW-Logistik per Gesetz

Im Verteidigungsfall kann die Bundeswehr die logistischen Aufgaben nicht länger allein bewältigen. Mit den Vorsorge- und Sicherstellungsgesetzen sind juristische Möglichkeiten geschaffen, um zivile Organisationen zur Mitarbeit zu verpflichten. Diese sind allerdings voraussetzungsvoll.

In der Bundesrepublik nach der Zeitenwende müssen auch hier Stellschrauben nachjustiert werden. Während des Bundeswehrlogistikforum 2023 in Erfurt erklärt Dr. Katharina Ziolkowski, die Leiterin des Sekretariats Digitalisierung im Bundes Verteidigungsministerium (BMVg), dass man derzeit daran arbeite, einige der Vorsorge- und Sicherstellungsgesetze zu novellieren. Diese Gesetze erlauben es, sollte die Bundesrepublik existenziell bedroht sein, zivile Organisationen zur Mitarbeit an der Existenzsicherung der Nation zu verpflichten. Zwar ähneln sie sich in ihrer Funktion, dennoch beziehen sich das Vorsorge- und das Sicherstellungsgesetz jeweils auf unterschiedliche Sphären. Während das Vorsorgegesetz staatliche Eingriffe zu Bedarfsdeckung in friedenszeitlichen Notlagen organisiert, gilt das Sicherstellungsgesetz der Bedarfsdeckung im verteidigungsbezogenen Kontext.

Viele Köche

In der Praxis, klärt Ziolkowski jedoch auf, sei die Unterscheidung weniger trennscharf. Unter dem folgerichtig etwas diffusen Oberbegriff der Vorsorge- und Sicherstellungsgesetze (VSG) sammeln sich zwölf einzelne Gesetze. Inhaltlich beziehen sie sich auf ein breites Themenspektrum. Es reicht von der Wasser-bis hin zur Ölversorgung. Entsprechend der differenzierten Inhalte, sind auch die Anwendungshürden unterschiedlich. Während einige Gesetze auch in Friedenszeiten zum Tragen kommen dürfen, ist das Inkrafttreten anderen auf den Verteidigungsfall beschränkt.
Auch eine einheitliche Ressortverantwortlichkeit gibt es nicht. Abhängig vom Themenschwerpunkt zeichnet sich ein unterschiedliches Ministerium verantwortlich. Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) zum Beispiel ist lediglich für ein VSG gesetzgeberisch verantwortlich. Der Umstand überrascht, ist das Ministerium doch die zentrale Institution für die Sicherheit der Bundesrepublik. Das Wehrpflichtgesetz liegt exklusiv in der Hand des BMVg. Daher bräuchte es Überzeugungsarbeit, um die jeweiligen Resorts von den Änderungen im Sinne des BMVg zu überzeugen, erläutert Ziolkowski. Diese Schwierigkeiten verdeutlicht die Juristin anhand eines Beispiels. Das Ernährungssicherungs- und Vorsorgegesetzt (ESVG) ist Teil des Verantwortungsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Das BMVg wünscht sich eine Änderung an diesem Gesetz. Unter bestimmten Bedingungen erlaubt es die Gesetzespassage, Soldatinnen und Soldaten aufgrund ihrer körperlich belastenden Tätigkeit größere Rationen als der Durchschnittsbevölkerung zukommen zu lassen.

Das Ressort unter Leitung der Grünen ist von der Idee wenig angetan. An dieser Stelle wird bereits ein weiterer Faktor deutlich, der unter Umständen Friktionen erzeugt. Welche Farbe ein Ressort habe, spiele auch eine Rolle für die Umsetzung der Zeitenwende beim VSG, erläutert Ziolkowski. Die Reaktionen reichten von Aufgeschlossenheit und Interesse bis hin zum Fremdeln mit der gesamten Institution Bundeswehr.

Verfahren über Monate

Trotz dieser Komplikationen gibt es bereits drei VSGs, die der Logistik der Bundeswehr im Bedarfsfall zugutekommen. Ihre Wirk- und Umsetzbarkeit unterscheidet sich allerdings massiv. Das Verkehrsleistungsgesetz und das Bundesleistungsgesetz erlauben es der Bundeswehr auf Verkehrsunternehmen zuzugreifen. Sie sind allerdings mit sehr großen Hürden verknüpft. Wenn dem Antrag stattgegeben wird, bleibt den Unternehmen immer noch die Möglichkeit, gegen die Entscheidung zu klagen. Bis Kapazitäten der freien Wirtschaft der Bundeswehr zur Verfügung stehen, vergehen also Monate.

Ein Traum von einem Gesetz

Unverhältnismäßig potenter ist hingegen das Verkehrssicherstellungsgesetz. Als „einen Traum von einem Gesetz“ bezeichnet Ziolkowski dieses, speziell auf die Bahn bezogene, Dokument. Anders nämlich als wirtschaftliche Unternehmen, die vom Verkehrs- und Bundesleistungsgesetz betroffen sind, ist der Bahn die Möglichkeit genommen, sich juristisch zu wehren. Die Streitkräfte dürfen direkt anfragen, um ihre Logistikbedarfe umsetzen zu lassen.
Das Verkehrssicherstellungsgesetz ist zurzeit das schärfste Schwert im Arsenal der Bundeswehr-Logistik. Die anderen Möglichkeiten, die das VSG bietet, kommen bei weitem nicht an es heran. Mit ihm will man der Forderung der Nationalen Sicherheitsstrategie, als „logistische Drehscheibe im Zentrum der Allianz“ zu wirken, nachkommen. Die historisch gewachsene Verbindung zwischen der Bahn und den Streitkräften ist dabei sicherlich ein Faktor. Mit den Novellierungsversuchen in den VSG könnte das BMVg den Grundstein für weitere derartige Verbindungen legen. Das auch, wie Ziolkowski fordert, die zivile (Logistik)Branche ihren Beitrag leisten muss, steht derweil außer Frage.

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