Die Zahl der bei einem Verkehrsunfall getöteten Menschen ist 2023 in Hessen auf 189 gesunken. Das sind 19 beziehungsweise fast elf Prozent weniger als im Vorjahr. Innenminister Roman Poseck nannte vor allem gezielte Kontrollen und präventive Maßnahmen als Gründe für den Rückgang. Das Pandemiejahr 2021 ausgenommen ist dies der niedrigste Stand seit Beginn der elektronischen Erfassung im Jahre 2006.
Die Gesamtzahl der Verkehrsunfälle ist hingegen gestiegen. Der Anstieg von 137.260 auf 145.770 entspricht einem Plus von 6,2 Prozent. Den Anstieg begründete der Innenminister mit der fortschreitenden Normalisierung des Verkehrsaufkommens und dem Anstieg der Kraftfahrzeugzulassungen. „Jeder Verkehrsunfall, bei dem ein Mensch verletzt wird oder sogar ums Leben kommt, ist einer zu viel. Gegenseitige Rücksichtnahme und regelkonformes Fahren können Unfälle minimieren“, appellierte Poseck an alle Verkehrsteilnehmer.
Junge Menschen besonders gefährdet
Am stärksten gefährdet sind junge Menschen, weshalb Hessens Polizei hier einen Schwerpunkt setzt. Ein in NRW bewährtes Präventionsprogramm wurde 2022 unter dem Namen „CrashKurs Hessen“ ins Leben gerufen, um schwere Verkehrsunfälle unter Beteiligung junger Menschen nachhaltig zu reduzieren. In Zusammenarbeit mit interessierten Schulen richtet es sich an Jugendliche und junge Erwachsene der Oberstufe sowie an Berufsschülerinnen und Berufsschüler. Es soll die Schülerinnen und Schüler in Bezug auf Unfallrisiken durch Alkohol, Drogen, Ablenkung und Geschwindigkeit informieren und sensibilisieren. Angehörige der „Rettungskette“ von Polizei, Rettungskräften, Feuerwehr und Notfallseelsorgern berichten dabei von ihren persönlichen Erfahrungen hinsichtlich tragischer Verkehrsunfälle mit Todesfolge oder schwersten Verletzungen.
Bei Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrern ist die Gesamtzahl der Unfälle 2023 von 4.568 auf 4.491 zurückgegangen. Die Schwerverletzten sind dabei von 546 auf 497 zurückgegangen, die der getöteten jedoch von 13 auf 15 gestiegen. Bei den Zweirädern über 125 Kubikmetern stieg die Zahl der Unfälle nur leicht von 1.864 auf 1.876. Dabei stieg die Zahl der Leichtverletzten um 33, die der Schwerverletzten hingegen fiel um 41 , die der Getöteten um 6 Personen.
Gefahr durch Drogen
Der Alkohol- und Drogeneinfluss auf die Statistik ist erfreulicherweise leicht gesunken: Die Zahl sank von 3.602 auf 3.498 Verkehrsunfälle unter Einfluss von Rauschmitteln. Bei 2.143 dieser Unfälle blieb es zum Glück bei einem Sachschaden, wohingegen bei 1.55 Unfällen Personen zu Schaden kamen. Langfristig betrachtet bleibt die Gesamtzahl der Verkehrsunfälle unter Alkohol- und Drogeneinfluss jedoch seit Jahren auf einem ähnlichen Niveau.
Seit der Teillegalisierung von Cannabis legt man besonderes Augenmerk auf Kotrollmaßnahmen zum Fahren unter dem Einfluss von Tetrahydrocannabinol (THC). Grenzwertkommission und Rechtsprechung legten den Grenzwert auf 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum fest. Bei Überschreiten droht nicht nur eine Geldbuße, sondern auch ein Punkteeintrag sowie die Verhängung eines Fahrverbotes. Sollten auch noch Auffälligkeiten bei den Fahreigenschaften oder Ausfallerscheinungen beim Fahrzeuglenker festgestellt werden, wird die Fahrt sogar als Straftat gewertet. Die Fahrerlaubnis kann dann dauerhaft entzogen und erst nach Bestehen einer Medizinisch-Psychologischer Untersuchung wiedererteilt werden. Innenminister Poseck äußerte sich kritisch zum schnellen Inkrafttreten der Legalisierung: „Der Bundesgesetzgeber hat der Praxis mit dem neuen Cannabisgesetz schwerwiegende Probleme bereitet. Das Gesetz ist überstürzt in Kraft gesetzt worden, nämlich ohne jegliche Übergangs- und Vorbereitungsfristen bereits zum 1. April. Ich halte es zum Beispiel für ein großes Versäumnis, dass die Teillegalisierung bereits seit 1. April gilt, die Frage eines neuen Grenzwertes für den Straßenverkehr aber erst anschließend in Angriff genommen wurde. Im Interesse der Verkehrssicherheit wäre es dringend geboten gewesen, diese Frage im Vorfeld zu klären.“
Unfallursachen
Als Unfallursache Nummer eins rangiert immer noch mangelnder Sicherheitsabstand auf dem vordersten Platz. 3.879 Unfälle und damit 22 Prozent aller Unfälle waren darauf zurückzuführen. Mit 3.383 Unfällen (20 Prozent) folgt Vorfahrt/Vorrang auf dem zweiten Rang. Zu hohe und nicht angepasste Geschwindigkeit liegt mit 3.173 Unfällen und 18 Prozent auf dem dritten Platz. Hessen geht rigoros gegen Raser vor. So hessische Polizei im vergangenen Jahr 224 Anzeigen wegen verbotener Kraftfahrzeugrennen aufgenommen. Dazu setzt sie sieben spezialisierte Kontrolleinheiten bzw. Kontrollgruppen mit zivilen Fahrzeugen mit Videofunktion ein.