Expertinnen und Experten sehen Nachbesserungsbedarf bei dem von der Regierungskoalition vorgelegten Gesetzentwurf zur Beschleunigung des Telekommunikationsnetzausbaus. Besonders die Unterschiede zwischen Festnetz- und Mobilfunkausbau bewerteten einige Sachverständige in der Anhörung des Digitalausschusses kritisch.
Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung den Ausbau von Mobilfunk- und Glasfasernetzen beschleunigen. Der Netzausbau soll für alle Ausbauvorhaben in sämtlichen Genehmigungsverfahren „im überragenden öffentlichen Interesse“ stehen, so die Koalition. Das sogenannte Gigabit-Grundbuch soll zur zentralen Datendrehscheibe im Telekommunikationsgesetz (TKG) werden. Susanne Dehmel vom IT-Verband Bitkom bezeichnete die Grundbuch-Änderung als drohende „Datenkrake“, die mehr Bürokratie schaffe, ohne dass der Ausbau dadurch beschleunigt werde. Auch laut dem Rechtswissenschaftler Thomas Fetzer müsse das vermieden werden. Zugleich stufte er die Grundbuch-Weiterentwicklung als sinnvoll ein, um mehr Markttransparenz zu schaffen.
Priorität Mobilfunkausbau
Jürgen Kühling vom Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Immobilienrecht, Infrastrukturrecht und Informationsrecht der Universität Regensburg wies darauf hin, dass im Gesetzentwurf der Ausbau von Mobilfunknetzen gegenüber dem Ausbau anderer Netze bevorzugt werde. Dies sei wegen des Grundsatzes der Technologieneutralität problematisch. Auch für Gerrit Wernke vom Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten sei es nicht schlüssig, dem Festnetzausbau das „überragende öffentliche Interesse“ des Mobilfunkausbaus abzusprechen und eine Beschleunigung beim Glasfaserausbau nicht zu priorisieren.
Komplexes Minderungsrecht
Susanne Blohm vom Verbraucherzentrale Bundesverband war der Ansicht, dass der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher im Gesetz stärker berücksichtigt werden müsse. Als Beispiel führte sie das Minderungsrecht an, wonach Nutzende im Falle einer Minderleistung der Telekommunikationsversorger das Recht haben, ihre Entgelte zu mindern oder Verträge aufzukündigen. Verbraucher hätten es jedoch „relativ schwer, nachzuvollziehen, wie ihr individueller Minderungsbeitrag zustande kommt“, so Blohm. Daher schlage die Verbraucherzentrale eine feste monatliche Entschädigungssumme von 15 Euro vor, um mit den Problemen bei der unterschiedlichen Berechnung umzugehen. Sollte es bei prozentualen Abschlägen bleiben, müsse die Bundesnetzagentur (BNetzA) ermächtigt werden, ein einheitliches Berechnungsmodell vorzunehmen.