Das Feuerwehrwesen ist innerhalb der EU sehr unterschiedlich organisiert. Die Herausforderungen sind aber häufig die Gleichen. Um die Bedürfnisse auch konsequent auf europäischer Ebene zu vertreten, soll ein Verband auf europäischer Ebene gegründet werden. Im Gespräch erklärt der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbands (DFV), Karl-Heinz Banse, warum er und sein französischer Konterpart die Gründung vorantreiben und wie der Verband arbeiten soll. Die Fragen stellte Bennet Biskup-Klawon.
Behörden Spiegel: Was ist der aktuelle Stand bei der Gründung des Europäischen Feuerwehrverbandes?
Karl-Heinz Banse: Wir hatten bisher insgesamt drei Zusammenkünfte, davon zwei offizielle im Jahr 2024: Einmal im April in Paris in der Nationalversammlung, danach im November in Brüssel, wo wir uns in der Hessischen Landesvertretung und im Europäischen Parlament getroffen haben.
Beim Treffen in Paris haben 18 Länder ihr großes Interesse bekundet, einen europäischen Verband zu gründen. Beim zweiten Treffen stieg die Zahl auf 21 Länder. Der weitaus größte Teil der Feuerwehrverbände der EU-Mitgliedsstaaten möchte mitmachen. Ein paar kleinere Länder, wie zum Beispiel Malta, waren bisher nicht dabei. Aber ich gehe davon aus, dass auch diese Länder sich letztendlich anschließen werden.
Es gibt niemanden, der explizit erklärt hat, nicht mitmachen zu wollen. Alle großen EU-Länder sind ohnehin schon an Bord. Das Ziel ist, den Verband im April 2025 in Berlin offiziell zu gründen. Derzeit suchen wir noch nach einer geeigneten Räumlichkeit. Wir haben Anfragen gestellt – unter anderem beim Deutschen Bundestag, dem Bundesrat und der Parlamentarischen Gesellschaft.
Die Entscheidung hängt von den jeweiligen Gegebenheiten ab. Allerdings erschweren die bevorstehenden Wahlen die Planung etwas. Wir möchten die Gründung des Verbandes auf jeden Fall in einem Regierungsgebäude durchführen.
Behörden Spiegel: Die Gründung des Verbands wird hauptsächlich vom DFV und dem französischen Verband vorangetrieben. Warum?
Banse: Die ursprüngliche Idee kam aus Kroatien. Der dortige Feuerwehrpräsident sprach mich an und fragte, ob es angesichts der aktuellen politischen Situation – insbesondere dem Krieg in der Ukraine und den damit verbundenen Herausforderungen – nicht sinnvoll wäre, enger zusammenzuarbeiten. Seiner Meinung nach muss Deutschland, als größtes und stärkstes Land, die Initiative ergreifen und die Führung übernehmen.
Ich habe mich daraufhin mit Frankreich, Österreich und Polen abgestimmt; wir tauschen uns regelmäßig aus. Wir treiben das Projekt nun besonders voran. In Brüssel wurden vorerst vier sogenannte Interimsvorsitzende bestimmt: die Feuerwehrverbandspräsidenten von Kroatien, Österreich, Frankreich und Deutschland. Diese vier sollen die Initiative jetzt leiten. Dabei ist es uns wichtig, nicht alleine zu handeln. Auch Polen ist bereits sehr aktiv beteiligt. Insgesamt sind es also fünf Länder, die das Projekt bis April vorantreiben werden, bevor wir dann einen offiziellen Präsidenten und weitere Vertreter wählen.
Die Satzung des Verbands haben wir nach deutschem Recht erstellt, da Deutschland in Europa eine besondere Expertise im Bereich Vereinsrecht hat. Ein erster Entwurf wurde im Rahmen unserer Zusammenkunft in Brüssel diskutiert. Dabei kam es zu etwas, das in Brüssel eher ungewöhnlich ist: Sämtliche vorbereiteten Punkte wurden eingehend besprochen und anschließend einstimmig beschlossen. Es gab weder Gegenstimmen noch Enthaltungen.
Behörden Spiegel: Was waren die Gründe für den europäischen Verband?
Banse: Die Herausforderungen, die durch den Klimawandel entstehen, betreffen uns alle. Naturkatastrophen wie eine mögliche Sturmflut an der Nordsee würden nicht nur Deutschland treffen, sondern auch Dänemark, die Niederlande, Belgien und Frankreich – je nachdem, wie weit sich die Auswirkungen erstrecken. In solchen Fällen ist gegenseitige Hilfe unverzichtbar.
Das Gleiche gilt bei Hochwasser, etwa an großen Flüssen wie dem Rhein oder der Donau, oder bei Waldbränden, die über Ländergrenzen hinausgehen, wie wir es bereits zwischen Tschechien und Sachsen erlebt haben. Es gibt zwar das EU-RescEU-Verfahren, das die gegenseitige Hilfe zwischen den Mitgliedsstaaten regelt. Deutsche Einheiten waren bereits in Schweden, Griechenland, Italien und Frankreich im Einsatz. Inzwischen ist es fast jedes Jahr der Fall, dass wir ins Ausland gehen. In dem Verfahren gibt immer wieder Entscheidungen dazu, wo zum Beispiel ein Löschflugzeug stationiert wird, was als Nächstes angeschafft werden soll oder welche Mittel von der EU bereitgestellt werden. Allerdings möchten wir in solchen Prozessen stärker mitreden. Bisher treffen diese Entscheidungen vor allem die Mitgliedsstaaten – was nicht heißt, dass sie schlechte Arbeit leisten, aber ihre Entscheidungen entsprechen nicht immer den Wünschen und Bedürfnissen der Feuerwehren.
Doch wir haben festgestellt, dass wir uns als Feuerwehren besser abstimmen müssen. Dieses Thema können und sollten nicht allein die jeweiligen Innenministerien oder die EU regeln. Es ist wichtig, dass die Feuerwehren selbst – durch ihre Verbände – ihre Interessen zusätzlich vertreten. Schließlich kennen wir die Bedürfnisse der Feuerwehren am besten.
Dabei ist es uns wichtig, eine klare Abgrenzung zum Zivilschutz zu schaffen. Feuerwehr ist Feuerwehr, Zivilschutz ist Zivilschutz. Natürlich stellt die Feuerwehr das Rückgrat des Zivilschutzes dar und stellt mit Abstand die meisten Einsatzkräfte, aber unsere Interessen gehen über die des Zivilschutzes hinaus. Gleiches gilt gegenüber anderen Organisationen wie den Rettungsdiensten oder dem Technischen Hilfswerk. Um das zu verdeutlichen: Allein in Deutschland gibt es zwischen 2,5 und vier Millionen Einsatzkräfte, je nach Definition. Die Feuerwehr stellt dabei den weitaus größten Teil dieser Einsatzkräfte – in Deutschland und auch in Europa. Deshalb möchten wir, dass die Feuerwehr eine stärkere Stimme auf europäischer Ebene bekommt.
Der europäische Feuerwehrverband wird seinen vereinsrechtlichen Sitz in Berlin haben, da er nach deutschem Recht gegründet wird.
Der operative Sitz mit Geschäftsführung und Verwaltung soll jedoch in Brüssel angesiedelt werden, um direkt vor Ort auf europäischer Ebene vertreten zu sein. Dort wird es eine Art Generalsekretär geben, der dann hauptamtlich beschäftigt sein wird.





