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StartVerteidigungEuropa in der Schockstarre

Europa in der Schockstarre

Die Rede des US-amerikanische Vizepräsidenten J.D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz stieß in Europa auf Kritik. Vance warf den europäischen Demokratien vor, die Meinungsfreiheit zu unterdrücken. Der französische Präsident reagiert und lädt die Europäer zum Gespräch.

Zwischen Lissabon und Warschau und nicht etwa in Moskau verortete der US-amerikanische Vizepräsident J.D. Vance vergangene Woche in München die größte Gefahr für Europa. Er warf den europäischen Staaten vor, die Meinungsfreiheit und konservative Stimmen auf dem Kontinent zu unterdrücken. Nachdem der neue Verteidigungsminister der USA, Pete Hegseth, in der Vorwoche noch beinahe versöhnliche Töne auf dem Treffen der NATO-Verteidigungsministerinnen und -minister in Brüssel anschlug, folgte am Wochenende die verbale Breitseite.
Auch zum zukünftigen Umgang der USA mit dem Krieg in der Ukraine gaben die Vereinigten Staaten in München Auskunft. Um dem Ziel, den Krieg zu beenden, näherzukommen, plane der US-Präsident, sich mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin zu einem Gipfel in Saudi-Arabien zu treffen. Für die europäischen Staaten sehen die USA keinen Platz am Verhandlungstisch vor – sehr wohl aber eine Rolle bei der militärischen Absicherung einer territorial neu geordneten Ukraine. Der amerikanische Ukraine-Beauftragte, Keith Kellogg, forderte die europäischen NATO-Staaten in einem Fragebogen auf, potenzielle Beiträge für eine Absicherung der Ukraine aufzulisten. Darunter fallen unter anderem Personal für eine Friedenstruppe oder Ausbildungsmissionen sowie gelieferte Waffensysteme. Der ukrainische Präsident machte bereits im Voraus klar, dass er Friedensverhandlungen ohne die Beteiligung seines Landes nicht akzeptieren werde.

Die Wertegemeinschaft in der Krise

„Wir erwarten von unseren Freunden – und wir sagen dies in Solidarität –, dass sie mehr für die Verteidigung ihres Landes auf diesem Kontinent ausgeben und verstehen, dass das amerikanische Militär und das amerikanische Volk an ihrer Seite stehen, so wie wir es in der NATO tun“, gab sich Hegseth in Brüssel noch ansatzweise versöhnlich. Er betonte jedoch auch, dass gemeinsame Werte – so bedeutend sie auch sein mögen – „Hard Power“ nicht ersetzen könnten. Dass sich die Europäer verteidigungspolitisch auf die USA abstützen können, ist damit also nicht gemeint. Am Freitagabend auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) war von gemeinsamen Werten wenig zu vernehmen.

Im Gegenteil: Vance warnte vor der Gefahr aus dem Herzen Europas, die sich von fundamentalen transatlantischen Werten entferne. Wie der amerikanische Vize weiter ausführte, bezog sich diese Kritik auf europäische Maßnahmen gegen Hate Speech in sozialen Medien, Schutzmaßnahmen um Abtreibungskliniken und die deutsche Brandmauer gegen extremistische politische Bewegungen. Vances größte Sorge ist aber die Migration in den Westen und die fehlende politische Anerkennung derjenigen, die diese eindämmen wollen. Nach der Schelte der etablierten politischen Kräfte in Europa traf sich der US-amerikanische Vizepräsident mit der Kanzlerkandidatin der AfD, Alice Weidel.

Europa wehrt sich

Erwartungsgemäß ließ die amtierende deutsche Regierung diese Äußerungen nicht unkommentiert. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stellte klar, dass die Bundesrepublik es nicht akzeptieren werde, „wenn Außenstehende zugunsten dieser Partei [AfD] in unsere Demokratie, in unsere Wahlen und in die demokratische Meinungsbildung eingreifen“. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) nannte Vances Ausführungen inakzeptabel. Er kritisierte, dass Vance die Zustände in Teilen Europas mit denen in autoritären Regierungen vergleiche.

Als Reaktion auf die Fundamentalkritik aus den Vereinigten Staaten lud Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz, den britischen Premierminister Keir Starmer, die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk, die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, den spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez sowie NATO-Generalsekretär Mark Rutte, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und den Präsidenten des Europäischen Rates, António Costa, zu einer Unterstützungskonferenz ein. Dabei waren auch die transatlantischen Beziehungen und die Sicherheit Europas Thema. Aus Kreisen des französischen Präsidenten ist zu vernehmen, dass der Gesprächstermin einen ersten Aufschlag für ein neues Format darstellen solle. Daran sollen die verbleibenden Partner beteiligt werden. Dahinter verbergen sich wohl die EU-Staaten, die keine Einladung zum Treffen am Montagabend erhalten haben.

Wer stellt Truppen für die Ukraine?

In Paris ging noch kein EU-Staat so weit – wie vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gefordert –, eine eigene europäische Verteidigungsarmee aufzustellen.
Allerdings gab es erste positive Signale für eine Stationierung nach einem möglichen Friedensschluss. Der britische Premier Starmer betonte bereits vor dem Gipfel, dass ein anhaltender Frieden in der Ukraine essenziell sei, um ein weiteres militärisches Ausgreifen Russlands zu verhindern. Deshalb sei er bereit, britische Truppen in der Ukraine zu stationieren, um den Frieden nach einem Waffenstillstand zu gewährleisten.
In Deutschland hingegen ist das Stimmungsbild divers. Beim NATO-Treffen in Brüssel im Dezember vergangenen Jahres schloss die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) den Einsatz deutscher Soldatinnen und Soldaten zur Friedenssicherung in der Ukraine nicht aus.
Eine klare Absage an die Idee, die Bundeswehr an einer möglichen Friedenssicherung in der Ukraine zu beteiligen, erteilte hingegen die AfD. Die Partei, deren Ausschluss von der Sicherheitskonferenz der US-amerikanische Vizepräsident als undemokratisch brandmarkte.
Im TV-Quadrell am Sonntagabend schloss AfD Spitzenkandidatin Weidel die Lieferung des Marschflugkörpers Taurus an die Ukraine aus. Dies begründete sie damit, dass ihrer Ansicht nach deutsche Soldatinnen und Soldaten den Einsatz des Systems in der Ukraine unterstützen müssten. Bundeswehrangehörige auf ukrainischem Boden will die AfD nämlich unter keinen Umständen erlauben.

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