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Momentaufnahmen

Die Fotos von Anna Neuhaus-Fischer sind besonders: Mal authentisch, mal kunstvoll setzt sie die Bundeswehr und ihre Beschäftigten in Szene. „Eigentlich bin ich schon seit elf Jahren in Rente“, erzählt sie. Doch Ruhestand ist für die passionierte Fotografin keine Option.

Freitagmorgen auf der Hardthöhe, die Pforte öffnet sich, ein kleiner roter Oldtimer fährt auf den Dienstsitz des Verteidigungsministeriums. Das weitläufige Gelände wirkt schlicht und geordnet, ein großes, graues Bürogebäude reiht sich an das nächste. Doch mittendrin bahnt sich der rote Renault 4 seinen Weg bis ans andere Ende der Liegenschaft und zieht dabei alle Blicke auf sich. Er bringt Farbe ins Spiel – genau wie seine Besitzerin.

Anna Neuhaus-Fischer hatte schon immer eine Vorliebe für klassische Autos. Auch alte Möbel und Flohmarktbesuche haben es ihr angetan. Früh war klar: Ihre Kreativität und ihre Leidenschaft für Ästhetik sollten ihr Beruf werden. Als junges Mädchen träumte Neuhaus-Fischer davon, Dekorateurin zu werden. Doch ihr Lehrer hatte eine andere Idee.

Ein kleines, aber etabliertes Fotogeschäft in der Bonner Innenstadt war auf der Suche nach einer Mitarbeiterin. Dort sollte die Schülerin sich vorstellen. Obwohl es für sie zuerst nicht leicht war, ihren eigentlichen Traum über Bord zu werfen, begann die 14-Jährige in dem kleinen Laden ihre Lehre zur Fotolaborantin und Fotografin und freundete sich bald immer mehr mit dem Beruf an. „Ich habe sehr gerne dort gearbeitet“, sagt sie heute.

Durch den Vater einer Kollegin erfuhr sie einige Jahre später von einer freien Stelle als Fotografin bei der Bundeswehr. Mit 20 Jahren wagte sie den Wechsel. Die junge Frau kannte die Strukturen bei der Bundeswehr nicht, musste sich erst eingewöhnen – doch das fiel ihr nicht schwer. Die Bezahlung war besser, außerdem musste sie hier nicht mehr am Abend oder am Wochenende arbeiten.

Feste Konstante

Neuhaus-Fischer mochte die familiäre Atmosphäre, die damals auf der Hardthöhe herrschte. „Zu dieser Zeit sah es hier noch etwas anders aus“, erinnert sich die Bonnerin. „Wir haben in einer kleinen Holzbaracke angefangen.“ Gleich dahinter stand der Bungalow, in dem der damalige Verteidigungsminister Helmut Schmidt lebte. Nebenan arbeitete dessen Frau Loki häufig im Garten.

Neuhaus-Fischer fotografiert nur noch digital. Doch ihr Herz schlägt weiter für analoge Kameras, darum sammelt sie besonders schöne Apparate. (Foto: BS/Fotostelle der Bundeswehr)

55 Jahre ist das her. Neuhaus-Fischer hat gerade ihren 76. Geburtstag gefeiert und könnte längst den wohlverdienten Ruhestand genießen. Doch das kommt für sie nicht infrage. Sie arbeitet nach wie vor mindestens zwei Tage in der Woche für das Dienstleistungszentrum der Bundeswehr und möchte ihrem Beruf weiter nachgehen, bis sie 80 ist.

„Ich glaube, ich bin die älteste Aktive in der ganzen Bundeswehr und bestimmt schon am längsten dabei“, sagt sie mit einem Lächeln im Gesicht. „Ich bin meiner Vorgesetzten und auch dem Personalrat sehr dankbar, dass die das möglich machen und ich immer noch hier arbeiten kann.“

Gesichter der Bundeswehr

Zur Fotostelle gehört ein kleines Studio. Täglich zwischen zehn und zwölf Uhr können Beschäftigte ohne Termin vorbeikommen, um z. B. ein Bild für ihren Dienstausweis machen zu lassen. Wenn sie ein bisschen Zeit mitgebracht haben, schießt Neuhaus-Fischer neben den starren Passfotos manchmal noch ein oder zwei lockere, fröhliche Portraitbilder. „Gesichter und Momentaufnahmen – die fotografiere ich am liebsten“, erklärt sie.

Viele der Portraits von Verteidigungsministern und Staatssekretären, die für deren öffentlichen Auftritt genutzt werden, stammen ebenfalls von Neuhaus-Fischer. 13 Minister und drei Ministerinnen hat sie in ihrer Dienstzeit miterlebt und abgelichtet. Berührungsängste hatte sie dabei nie.

Das Erfolgsgeheimnis der Fotografin: Egal, wer vor ihr sitzt, die Menschen sollen sich bei ihr wohlfühlen. Neuhaus-Fischer weiß, dass nicht jede und jeder gern vor der Kamera steht bzw. sitzt – sie selbst steht ebenfalls lieber dahinter. Doch mit ihrer ruhigen und gleichzeitig offenen, fröhlichen Art schafft sie eine Atmosphäre, in der Menschen sich gern fotografieren lassen.

Kamera im Gepäck

An der Wand neben der Tür der Fotostelle hängen kleine Zettel mit Arbeitsaufträgen für die nächste Zeit. Gruppenfotos, Urkundenverleihungen, Verabschiedungen, Festivitäten auf dem benachbartenMünchner Platz und hin und wieder ein Zapfenstreich gehören zu den typischen Terminen, die Neuhaus-Fischer und ihre Kolleginnen sich untereinander aufteilen. „Manchmal kommen weitere Aufträge spontan rein, dann klingelt hier das Telefon und wir machen uns auf den Weg.“

Seit dem Umzug der Regierung nach Berlin betreut das Team der Bonner Fotostelle nicht mehr so viele Veranstaltungen oder Reisen wie einst. Viele dieser Aufgaben werden nun von den Berliner Kolleginnen und Kollegen übernommen. „Ich finde das sehr schade“, erklärt die Bonnerin. Genug zu tun gebe es aber weiterhin.

Früher hat Neuhaus-Fischer häufig Reisen begleitet – oft mit dem Protokoll oder dem Generalinspekteur. „Wo die Bundeswehr war, da waren wir auch.“ Immer mit dabei: Viel Equipment und eine Auswahl schwarzer Kleidungsstücke. Das Protokoll verlangt von den Fotografen dezentes Auftreten. Eine Regelung, die Neuhaus-Fischer entgegenkommt. Wenn sie bei einem offiziellen Anlass fotografiert, möchte sie besondere Momente festhalten und nicht selbst im Mittelpunkt stehen.

Ihr Beruf bringt Neuhaus-Fischer an Orte, die den meisten Zivilisten verwehrt bleiben – so wie in diesen Panzer. (Foto: BS/Fotostelle der Bundeswehr)

Am liebsten erinnert sich die Bonnerin an eine achttägige Informationsdienstreise ganz zu Anfang ihrer Karriere. Als einzige Frau in einer Gruppe mit 45 hochrangigen Offizieren flog sie per Flugzeug und Hubschrauber quer durch Deutschland. Sie war immer ganz dicht dran, wenn die Generale und Admirale neue Liegenschaften besichtigten und Geräte inspizierten, hielt alles auf ihren Bildern fest und durfte selbst mit im Panzer fahren.

Fotos sagen mehr als Worte

Die Eindrücke ihrer Reisen hat die Bonnerin in eindrucksvollen Bildbänden gesammelt. Einmal begleitete sie einen afrikanischen Minister bei seiner Tour durch Deutschland. Wenn Neuhaus-Fischer den Bildband zu dieser Reise in den Händen hält, strahlen ihre Augen. Beim Durchblättern werden Erinnerungen wach: der Minister auf der Kieler Woche, bei seinem Aufenthalt im Berliner Luxushotel Adlon oder auf einem Schnappschuss von ihm mit seiner Frau im Flugzeug.

In einem anderen Buch hat Neuhaus-Fischer eine Auswahl ihrer schönsten Fotos vereint. „Das ist eins meiner Lieblingsbilder“, erzählt sie und blickt auf ein schwarz-weißes Portrait von Generalinspekteur Ulrich de Maizière. Jahre nach seiner aktiven Zeit als ranghöchster Soldat der Bundeswehr wurde das Bild zusammen mit weiteren ausgewählten Fotos im Gebäude ausgestellt. „Als sein Sohn Thomas de Maizière in seiner Zeit als Verteidigungsminister hier war, fiel ihm das Portrait ins Auge und er war sehr überrascht, seinen Vater darauf zu sehen.“ Darüber seien sie ins Gespräch gekommen. Ein paar Seiten später im Fotobuch: die Beerdigung des Generalinspekteurs. Auch solche Anlässe begleitet Neuhaus-Fischer.

Akzente setzen

Wenn die 76-Jährige nicht gerade Fotos aufnimmt, bearbeitet sie diese. Sie ist ein Fan von Schwarz-Weiß-Bildern, koloriert Aufnahmen gern nachträglich von Hand oder erstellt Collagen. In ihrer Freizeit fotografiert sie am liebsten ihre Dackeldame Paula, die Bonner Kirschblüte und hin und wieder eine Hochzeit von Bekannten.

Einige beeindruckende Kunstwerke von Neuhaus-Fischer schmücken die Wände im Bürogebäude auf der Hardthöhe. Manche sind bunt, andere schwarz-weiß mit leuchtenden Effekten und jedes von ihnen ist besonders – spiegelt kleine und große Momente aus dem Bundeswehr-Alltag, Emotionen und manchmal sogar Zeitgeschichte wider.

Vier ehemalige Verteidigungsminister vor der Linse: Volker Rühe, Peter Struck, Helmut Schmidt und Hans Apel (v. l.). (Foto: BS/Neuhaus-Fischer)
Neuhaus-Fischer mag Momentaufnahmen wie hier von General a. D. Harald Kujat und Helmut Schmidt (v. l.) im Gespräch. (Foto: BS/Neuhaus-Fischer)



Die Fotostelle

In der Fotostelle auf der Hardthöhe werden v. a. Portraits, Passfotos oder biometrische Bilder angefertigt. Zudem dokumentieren die Fotografinnen verschiedenste Veranstaltungen. Die Fotostelle gehörte ursprünglich zum Bundesministerium der Verteidigung (BMVg). Mittlerweile ist sie an das Dienstleistungszentrum der Bundeswehr angegliedert. Derzeit arbeiten hier eine Vollzeitkraft und zwei Teilzeitkräfte, die bei Bedarf auch die Berliner Kollegen bei Aufträgen unterstützen.

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