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StartSicherheitKommunale Vorbereitung auf den Krisenfall

Kommunale Vorbereitung auf den Krisenfall

Der Fall der Fälle kann schneller eintreten als gedacht. Die vielfältigen Krisen und Katastrophen betreffen nicht mehr nur einzelne Kommunen. Neben dem Bund und den Ländern sind auch die Kommunen vor Ort als untere Ebene der Gefahrenabwehr gefordert. Noch vor Jahren hätte sich keine kommunale Entscheidungsträgerin oder -träger gedacht, dass man sich noch ernsthaft um den Zivilschutz kümmern muss. Aber auch der Katastrophenschutz rückte nicht zuletzt aufgrund der Pandemie und der Flutkatastrophe in den Fokus. Doch wie kann man sich am besten vorbereiten?

„Die Stimmung in den Landes- und Kommunalverwaltungen ist extrem angespannt“, sagt Dr. Joachim Schwind, Geschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages (NLT). Dies läge an der momentanen Doppellage, die zurzeit bewältigt werden muss. Auch wenn die Corona-Pandemie aus dem medialen Fokus geraten ist, seien viele Kommunen, insbesondere die Gesundheitsämter, stark mit einem enormen Verwaltungsaufwand belastet. Nun kam mit dem russischen Angriff auf die Ukraine eine völlig andere Lage hinzu. Diese umfasse die Vorbereitungen auf die tausenden ukrainischen Vertriebenen und deren Versorgung. Darüber hinaus käme noch die Vorbereitung auf eine mögliche Gasmangellage oder schlimmeres hinzu.

Die früheren und jetzigen Krisen hätten gezeigt, dass es nicht „die“ Katastrophen- oder Krisenverwaltung gibt, sagt Andreas Karsten, Autor und Berater von Kommunen sowie Unternehmen für Krisenmanagement und Resilienz. Die Krisen hätten vielmehr gezeigt, dass alle Teile der Verwaltung bei der Bewältigung gefordert sind. Es reiche nicht mehr aus, sich einfach auf die originären Katastrophen- und Zivilschützer zu verlassen. Diese Erkenntnis müsse – das sei zwar unglücklich – in der Krise umgesetzt werden. Ebenso fehle den Kommunen als operative Ebene manchmal eine Gesamtstrategie von Bundes- oder Landesseite, kritisiert Karsten. Dennoch schätzt er die momentane Lage nicht als unbeherrschbar ein.

Krisenmanagement verwaltungsweit denken

Diese Erfahrungen teilt Ulf Krüger, Dozent für nationales Krisenmanagement an der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ). Er sehe häufig, dass Themen, die den Bevölkerungsschutz betreffen, an diese Personen abgedrückt werden, die sich mit dem Katastrophenschutz auseinandersetzen. Es fehle oft ein verwaltungsweites Bewusstsein für das Thema des Krisenmanagements. Dennoch sei ein Wandel zu beobachten.

Schwind kann diesen Wandel nur bestätigen. Seiner Auffassung nach wird die Kreisverwaltung der Zukunft eine Krisenverwaltung sein. Als Kernamt für diese Krisenverwaltung könnte das Amt 38 dienen, das für den Bevölkerungsschutz zuständig ist. „Wir werden aber aus allen anderen Querschnittsämtern Menschen vor der Krise schulen müssen“, so Schwind. Dies müsse flächendeckend geschehen. Ziel dabei ist es, im Krisenfall modular reagieren zu können, um schnell die Verwaltung auf „Sparflamme“ umzustellen und die Krisenverwaltung zu aktivieren. Beispielsweise könnte dann ein vorgeschulter Sachbearbeiter aus der Zulassungsstelle im Krisenfall auch im Gesundheitsamt oder Veterinärsamt eingesetzt werden. Er muss jedoch seine Rolle und Aufgabe im Stab vorher kennen. All diese Kenntnisse müssen auch geübt werden.

Zivilgesellschaft mitnehmen

Karsten will die Krisenfähigkeit der Kommunen noch durch einen weiteren Faktor erweitern. Es brauche die Zivilgesellschaft zur Bewältigung. Die vergangenen Krisen hätten nämlich gezeigt, dass der Staat nicht in der Lage ist, Krisen alleine zu lösen. Verwaltungsmitarbeiter müssen dafür ausgebildet werden, zivilgesellschaftliche Kräfte sinnvoll in das Management einzubinden. Andernfalls drohten Parallelstrukturen, Ressourcenverschwendung und Reibungsverlust, warnt Karsten.

Aber auch abseits der organisatorischen und ausbildungstechnischen Fragen weist Krüger daraufhin, dass sich jede Kommune individuell auf einen Krisenfall vorbreiten muss. Allgemeine Listen abzuarbeiten, reiche nicht. Dies beginne damit, dass eine eigene Risikoanalyse durchgeführt werden muss. So kann bei einer Kommune die Wahrscheinlichkeit für einen Tierseuchenausbruch höher sein. Bei einer anderen könnte ein erhöhtes Waldbrandrisiko bestehen. Dann müsse auch die rudimentären Voraussetzungen geschaffen werden, wie Räumlichkeiten für den Krisenstab oder die Technik, wie einen ständig geupdateten Laptop. Er rät den Kommunen, das Thema der Gefahrenabwehr bei der Ausbildung und immer wiederkehrenden Evaluation zu verstetigen. Dies dürfe nicht nur wie jetzt in Krisenphasen geschehen, sondern müsse auch in „Friedenszeiten“ vorangetrieben werden. Der Bevölkerungsschutz dürfe in Kommunen kein Schattendasein mehr fristen.

Die komplette Diskussionsrunde findet sich hier.

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