Eine Preisprüfung ist vergabefehlerfrei, wenn der Bieter in seinem finalen Angebot erheblich von den Konkurrenzangeboten sowie der Kostenschätzung abweicht und seinen Preis im Vergleich zum ersten Angebot drastisch reduziert (OLG Frankfurt, 28.07.2022, 11 Verg 4/22).
Auftraggeber kann Bezugspunkt für die Beurteilung wählen
Eine Preisprüfung nach § 60 VgV setzt voraus, dass der vom Bieter in seinem Angebot angegebene Preis im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheint. Zur Beurteilung kann der Auftraggeber verschiedene Bezugspunkte wählen.
Preisprüfung zulässig bei deutlichen Abweichungen
Hier knüpfte der Auftraggeber an die Konkurrenzangebote an sowie an seine Kostenschätzung und den Preis des Erstangebots. Das Gericht entschied, dass die Einleitung der Preisprüfung vergabefehlerfrei ist, wenn das Angebot 16 % von dem nächsthöheren Angebot abweicht, weit unterhalb der Kostenschätzung liegt und der Bieter den Preis seines ersten Angebotes um etwa 60 % unterschreitet.
Nur eingeschränkte Überprüfung der Prognoseentscheidung
Liegt ein Unterkostenangebot vor, muss der Auftraggeber in einer Prognoseentscheidung prüfen, ob trotz des ungewöhnlich niedrigen Preises eine ordnungs- und vertragsgemäße Leistungserbringung zu erwarten ist. Dabei hat der Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum. Eine gerichtliche Überprüfung findet nur eingeschränkt statt.
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Die Autorin des Gastbeitrags ist Dr. Ute Jasper von der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek.
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