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StartVerteidigungKünstliches Denken und menschliche Moral

Künstliches Denken und menschliche Moral

Im Rahmen der Veröffentlichung des Sammelbandes “Bundeswehr der Zukunft – Verantwortung und Künstliche Intelligenz“ lud die Konrad-Adenauer-Stiftung zur Debatte über dieses hochbrisante Thema.

Am Abend des 17. Januars eröffnete zunächst der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung und Mitherausgeber des Buches, Norbert Lammert, die Diskussion zum Thema KI und Ethik in den Berliner Räumlichkeiten der Konrad-Adenauer-Stiftung. Lammert zeichnete die Entwicklung und die Debatten um die Streitkräfte des post-faschistischen Deutschlands nach.

Die sich wandelnde Wahrnehmung und das gleichsam dynamische Aufgabenfeld der Bundeswehr habe verdeutlicht, dass Deutschland mit seinen Bündnispartnern aktiv die Grundlagen der Sicherheit gestalten müsse. Aus technischen Errungenschaften erwüchsen in dieser Hinsicht neue Möglichkeiten aber auch neue Herausforderungen. Auf neue Technologie – insbesondere KI – gänzlich zu verzichten, sei jedoch unmöglich, wolle man den eigenen Sicherheitsansprüchen gerecht werden. Es gelte sich deshalb zwangsläufig der Frage zu stellen, wie KI moralisch integer einzusetzen ist. Die Verantwortung sich dieser Aufgabe anzunehmen obliege allen Ebenen der Bundeswehr, von der Generalität bis zu den Gefreiten.

Sich nicht an eine Perspektive klammern

Generalleutnant Dr. Ansgar Rieks, Stellvertretender Inspekteur Luftwaffe, betonte, dass sich nebst der militärischen Seite in dieser Debatte auch Politik, Technikerinnen und Techniker und jene, dies sich professionell mit Ethik befassen, zusammenfinden müssen. Folgerichtig richtet er seinen Appell an diesen größeren Personenkreis, gemeinsam militärische KI ethisch tragbar und zukunftsfähig zu gestalten.

Die Politik mahnt er an, die Rahmenbedingungen für den Einsatz zu schaffen und bei diesem Prozess alle Beteiligten zu hören und einzubeziehen. Ein Prozess, der darüber hinaus zeitliche Rahmen nicht sprengen dürfe. “Wir müssen bemüht sein diesen Zielkreis in einer endlichen Zeit zu erreichen“, so Generalleutnant Rieks.

Die Soldatinnen und Soldaten erinnerte er daran, dass militärisches Denken immer zielorientiert sei. Dies bedeute den gegenwärtigen Zustand der Automatisierung und Digitalisierung zu evaluieren und auf dieser Basis schlagkräftige operative Konzepte zu entwickeln. Das verändere auch die Führung und die Grenzen der Entscheidungsautonomie der Soldatinnen und Soldaten im Einsatz.

Auf technischer Ebene forderte Generalleutnant Rieks verstärkte Bildungsbemühungen. Nicht bloß die Fähigkeit Buzzwords korrekt zu nennen, sondern auch ein gewisses Maß an Verständnis für die Technik müsse man sich aneignen.

Im Bereich Ethik mahnte Generalleutnant Rieks das Finden einer gemeinsamen europäischen Perspektive an, woran sich die Technik in der Anwendung beurteilen ließe. Denn Technik in ihrer differenzierten Ausformung bedürfe spezifischer Kriterien, dafür müsse eine Autorität ethische Grenzen festlegen und deren Einhaltung überwachen.

Der Blick nach Innen, nach Außen und in die Welt

Als weiterer Rednerin kam die politische Seite zu Wort. MdB Serap Güler (CDU) ist Mitglied im Verteidigungsausschuss und stellte die Frage, wie die Zeitenwende auch in der breiten Bevölkerung ankommen könne.

Prof. Dr. Natascha Zowislo-Grünewald, Kommunikationswissenschaftlerin an der Bundeswehr Universität München, sieht hingegen seit jeher große Zustimmungswerte in der Bevölkerung zur Bundeswehr. “Die Eliten seien mittlerweile da angekommen, wo die Menschen im Land schon seit Jahren stehen.“ Deshalb sei es angezeigt, bei der Vermittlung der Notwendigkeit von KI eine strategische Gesamtplanung zu entwickeln aus welcher sich der Nutzen der Technik erschließe. “Wenn man etwas nicht erklären kann, gilt es die eigene Strategie zu überdenke“, so die Kommunikationsexpertin.

Güler, teilt zwar die Ansicht, dass die Bundeswehr in der Bevölkerung hohes Ansehen genießt, verschließt sich aber der Logik, dass aus diesem Zusammenhang auch die Bereitschaft folge, gestiegene Militärausgaben hinzunehmen. Dieser Sinneswandel, sei erst mit dem russischen Angriff auf die Ukraine erfolgt.

Während Zowislo-Grünewald also die Kommunikationsfähigkeit nach außen als Richtschnur für ein angemessenes Handeln bezüglich KI heranzieht, richtet die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Dr. Eva Högl, den Blick auf die Innere Führung. Dieses Konzept sei nicht starr, sondern müsse sich den Entwicklungen in Militär und Gesellschaft anpassen. Über diese Flexibilität dürften wertvolle Grundsätze allerdings nicht vergessen werden. Ein gewisser Spannungsbogen zwischen Grundsätzen und Weiterentwicklung sei dabei unvermeidbar und notwendig.

Neben dieser, auf das deutsche Militär und die deutsche Zivilgesellschaft fokussierten Perspektive, mahnte Zowislo-Grünewald an, die Bündnispartner nicht aus dem Blick zu verlieren. “Die bundesdeutsche Sicherheitspolitik hat langfristige außenpolitische Wirkung“, urteilt sie. Diese Folgen gelte es zu berücksichtigen.

Technik und Ethik verschmelzen

Der promovierte Physiker und Professor für Informatik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn, Prof. Dr. Wolfgang Koch, fasste die ethische Verantwortung von Technikerinnen und Technikern in einem Schlagsatz zusammen: “Ich habe die Aufgabe, alles zu tun, um die Anwendenden zu ermächtigen, die Verantwortung zu sehen und wahrzunehmen.“

Der Verantwortungsgedanken müsse in allen Entwicklungsschritten und auf allen Ebenen von Anfang an mitgedacht werden.

Das Rüstungsprojekt FCAS könne als Beispiel für einen derartigen Ansatz dienen.

Die Zukunft wird zeigen, ob dieses europäische Drei-Nationen-Projekt den Ansprüchen an den ethischen Einsatz von KI genügen kann. Unverkennbar jedoch ist, dass ein nüchterner und ethischer Umgang dringend in die Praxis implementiert werden muss.

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