Am 19. Januar veranstaltete der Behörden Spiegel eine neue Ausgabe seiner Online-Diskussionsrunde „Defence Days“. Erneut stand der Ukraine-Krieg im Fokus, diesmal konnten allerdings Ukrainerinnen und Ukrainer ihre Sicht der Dinge – und ihre Erfahrungen in dem Kriegsgebiet – mit den Zuschauern teilen. So antwortete Professorin Inna Sovsun, Mitglied des ukrainischen Parlaments, auf die Frage, ob Friedensverhandlungen mit Wladimir Putin denkbar wären, mit einem deutlichen „Nein“.
„Präsident Putin hat in der Vergangenheit alle seine Zusagen, alle seine Versprechen gebrochen“, sagte Sovsun. „Er hat wenige Wochen vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine noch von einer reinen Militärübung gesprochen. Und kurz danach befahl er den Angriff.“ Auch die von Putin einseitig angekündigte Feuerpause zwischen den Jahren habe es nicht gegeben, vielmehr fand der russische Beschuss ohne Unterbrechung durchgehend statt. „Putin könnte uns keine Zusage machen, die wir ihm glauben würden.“
Eine Einschätzung, die auch Sviatoslav Yurash teilte. Mit (heute) 26 Jahren ging er als jüngstes Mitglied des ukrainischen Parlaments in die Geschichte ein. Nachdem er die Bilder der russischen Massaker an ukrainischer Zivilbevölkerung gesehen hatte, schrieb er sich bei den ukrainischen Streitkräften ein. Yurash ist aktuell also Parlamentarier und aktiver Soldat, eine Mischung, die im derzeitigen ukrainischen Parlament nicht ungewöhnlich sei.
Anschaulich sprach Yurash etwa von den anfänglichen Engpässen. So seien ihnen anfangs Maschinengewehre gegeben worden, die noch von 1914 stammten. „Mein Ur-Großvater, der bei Stalingrad kämpfte, wäre schockiert gewesen – oder hätte gelacht – wenn er solche Waffen erhalten hätte.“ Besonders weitere Systeme zur Bekämpfung gegnerischer Artillerie und zur eigenen Luftverteidigung seien dringend notwendig. In den umkämpften Gebieten seien die Menschen andauerndem russischen Artilleriefeuer ausgesetzt, jeden einzelnen Tag, von morgens bis abends.
Yurash machte in seinem Vortrag deutlich, dass die Ukraine sich zwar an internationale Normen halte und auch die Bedenken anderer Nationen versuche zu beachten, sich aber gleichzeitig in einem Kampf um das Überleben als unabhängige Kultur und Volksgruppe befinde. Und deshalb würden die ukrainischen Streitkräfte selbstverständlich auch versuchen, etwa die russischen Versorgungslinien zu unterbrechen. Egal ob diese sich auf ukrainischem oder russischem Gebiet befinden.
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