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StartVerteidigungKeine Erfolge für den Aggressor!

Keine Erfolge für den Aggressor!

Nach der Entscheidung vom letzten Mittwoch, Leopard Panzer und M1 Abrams an die Ukraine zu übergeben, ein kurzer Blick zurück. Denn der Weg zur Entscheidung kennzeichnet den Umgang mit Unterstützung der Ukraine, ohne „Kriegspartei“ zu werden.

Unterstützen der Ukraine – aber nicht „Kriegspartei“

Nach dem Ramstein Treffen am 20. Januar, das von der ausbleibenden Entscheidung zur Lieferung des Kampfpanzers Leopard 2 überschattet war, trafen sich am 23. Januar die AM der EU. Auch dort war die Unterstützung der Ukraine, auch militärisch, ein wichtiges Thema. Und erneut wurde die Entscheidung, weitere 500 Mio. Euro verfügbar zu machen, getrübt durch die immer noch verzögernde Haltung der Bundesregierung zur Panzerlieferung. Das bisherige Argument, erst eine westlich abgestimmte Entscheidung zu erreichen, kann nicht mehr gelten, da für mindestens zwei Staaten nur die Zustimmung der deutschen Regierung aussteht, Leopard 2 liefern zu dürfen. Dann tauchte das Argument auf, man könne nur zustimmen, wenn auch die USA M1 Abrams in die Ukraine senden. Diese Nötigung nervte auch US-Abgeordnete schon derart, dass sie vorschlugen, sendet ein paar M1 Abrams, damit diese Schutzbehauptung endlich überwunden wird.

So bleibt das zweigeteilte Argument der Sorge vor weiterer Eskalation des Krieges einerseits und die damit verbundene skeptische Stimmung in größeren Teilen der Bevölkerung andererseits. Die Regierung blieb eine klare Aussage schuldig, warum anders als Pz Haubitzen, MARS, Gepards, die alle bereits an die Ukraine geliefert wurden, nun die mögliche Lieferung von Kampfpanzern eine völlig andere, höhere Gefahr der Eskalation darstellen soll. Damit gab sie der russischen Propaganda die Möglichkeit, alle westlichen Öffentlichkeiten weiter zu beschallen, dass es hier um die russische Existenz gehe, wie Lawrow gerade wieder in Südafrika angriffsfreudig verkündet hat. Damit wird nicht nur innenpolitisch die russische Bevölkerung mobilisiert, sondern eben auch das Meinungsbild in westlichen Ländern adressiert. Solange dies diffus bleibt und der Bundeskanzler keine Entscheidung trifft und überzeugend erklärt, müssen er und die SPD sich nicht wundern, dass auch in der Bevölkerung Unsicherheit besteht oder zunimmt. Dabei weiß doch jeder aktive Politiker, dass es nicht erfolgreich ist, Mehrheiten zu suchen, d.h. Stimmungen nachzulaufen, sondern Mehrheiten zu schaffen, d.h. mit Argumenten die Bürgerinnen und Bürger von seinen entschlossen vorgetragenen politischen Zielen und Maßnahmen zu überzeugen.

Entscheiden bei Unsicherheit und Ungewissheit

In den letzten Wochen, ja Monaten hat man den Eindruck, dass die Regierung in diesem Fall nur schwer mit Ungewissheit und Unsicherheit, mit dynamischen Lageänderungen umgehen kann. Die Kenntnis der Umstände hat sich vermehrt, aber die Ungewissheit ist dadurch nicht verringert, sondern gesteigert. Denn diese Erfahrungen erfolgen nicht alle mit einem Mal, sondern nach und nach. Das bedeutet, dass Entschließungen nicht aufhören, davon bestürmt zu werden, und der Geist der Entscheider– so Clausewitz – „immer unter den (geistigen) Waffen sein muss“. Um hierbei zu bestehen, braucht man einen durch Können geschärften Verstand und Mut – also Urteilsfähigkeit und Entschlossenheit.

Amerika bleibt Hauptanker unserer Sicherheit

Der Bundeskanzler hat am 24. Januar entschieden und am folgenden Tag im Bundestag bestätigt, nun Leopard 2 in die Ukraine zu liefern und so endlich eine Möglichkeit geschaffen, dass sich viele Staaten mit Leopard Panzern anschließen können. Das ist eine gute Nachricht! Dass sie nicht schon deutlich früher und v.a. nicht bereits beim Treffen in Ramstein vergangene Woche erreicht und ausgesprochen werden konnte, wird uns der Bundeskanzler wohl nicht erklären. Aber er hat noch einmal darauf hingewiesen, wie sehr es ihm darauf ankam, gleichzeitig M1 Abrams der USA in der Ukraine zu sehen. Präsident Biden war – offensichtlich nach zeitraubenden Diskussionen – aus politischen Gründen bereit, letztlich gegen militärischen Rat 31 M1 Abrams an die Ukraine zu geben. Von Abgeordneten des US-Kongresses wird geäußert, das sei wohl erforderlich geworden, um die innenpolitische „Selbstbehauptung“ des Bundeskanzlers bei seiner Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte zu stärken.

Zwei Punkte sind zu berücksichtigen. Zum einen hält Scholz Europa nicht für stark genug, eine mögliche russische Eskalation eigenständig zu parieren. Das ist wahrscheinlich realistisch. Zweitens steckt in der Forderung nach M1 Abrams eine Portion Misstrauen in die politische Solidarität der USA, wenn Europäer von Putin gezielt herausgepickt werden. Diese Einschätzung zeichnete sich schon bei der gemeinsamen Entscheidung zur Lieferung von Schützenpanzern ab. Dem muss man gegenüberstellen, dass die USA mit der Lieferung von HIMARS mit 80 km Reichweite und demnächst ATACMS mit 300 km Reichweite neben der starken Luftabwehr der Ukraine für eine aktive Verteidigung wesentliche Dienste leisten und damit auch eine russische Reaktion einkalkulieren müssen. Offensichtlich reicht das dem Bundeskanzler als Beweis unerschütterlicher Solidarität nicht aus. Er war deshalb bereit, das Risiko des Scheiterns der Ukraine bei einer russischen Frühjahrs-

offensive in Kauf zu nehmen und solange zu warten, bis Bidens Interesse am Bündniszusammenhalt dazu führte, politisch eine militärisch eher wenig überzeugende Entsendung von M1 Abrams anzuordnen.

Ziel einer souveränen Ukraine erfordert starke Mittel

Nach dem Ende dieser von Scholz mitverursachten Hängepartie für die Verteidigung der Ukraine ist zu hoffen, dass der gemeinsame politische Zweck, für die territoriale Integrität der Ukraine und damit für das Europa der Charta von Paris einzutreten, nicht mehr in Zweifel gezogen wird. Und die erbetene und notwendige weitere Unterstützung der Ukraine sich vorrangig am Erfolg der Selbstverteidigung der Ukraine orientiert und danach berücksichtigt, mit welchen Maßnahmen der Abschreckung russischer Eskalation vorgebeugt werden kann. Dass die Entscheidung für die Lieferung von Kampfpanzern erst Monate nach den begründet vorgelegten Aufstellungen des notwendigen Bedarfs für eine aktive Verteidigung gefallen ist, kann sich noch nachteilig auf die Gefechte im Osten und Süden der Ukraine auswirken. Denn Training, Zusammenstellung der logistischen Ketten v.a. von Munition, Ersatzteilen und Betriebsstoff sowie Verlegung werden Wochen, teilweise Monate dauern. Gelingt es den russischen Streitkräften und Söldnertruppen eine erwartete Frühjahrsoffensive früher zu starten, kann die späte Entscheidung der Bundesregierung und weiterer Staaten dazu führen, dass die Widerstandskräfte vor Ort nicht stark genug sind und russische Durchbrüche nicht verhindert werden. Wenn dies geschieht und die Ukraine keine ausreichenden Kräfte hat, um weitere Gebiete zurückzugewinnen, signalisiert dies der Ukraine, dass westliche Staaten ihren politischen Zweck nicht mit genügend Mitteln ausstatten und so den häufiger geäußerten Zusagen, der Ukraine zu geben, was sie für ihre Selbstverteidigung braucht, nicht gerecht werden.

Für die kommenden Monate und weitere Überlegungen und Entscheidungen muss manchem wohl noch einmal erklärt werden, dass Abstimmung nicht Einstimmigkeit heißt. Denn die militärische Unterstützung wird in der Ramstein Kontaktgruppe und eben bewusst nicht durch die NATO oder die EU vorangebracht. Wenn die Ukraine im Frühjahr aufgrund mangelnder – auch und gerade militärischer – Unterstützung nicht in der Lage ist, eine absehbare Großoffensive abzuwehren und weitere Gebiete zurückzugewinnen, rückt der erklärte politische Zweck der territorialen Integrität der Ukraine in weitere Ferne. Im Ergebnis signalisiert es der Ukraine, dass westliche Staaten ihren politischen Zweck nicht mit unverzichtbaren militärischen Mitteln ausstatten mit dem unausweichlichen Ergebnis, dem Aggressor Erfolge gegen die Ukraine zu ermöglichen.

Gegen nukleare Drohung – glaubwürdige, wirksame Abschreckung

Die von einigen geäußerte Auffassung, dass Russland als Nuklearmacht nicht verlieren könne oder gar dürfe, scheint der Grund zu sein, dass die deutsche Bundesregierung – vielleicht auch andere – den eigenen politischen Zweck für eine wiederhergestellte Integrität der Ukraine und damit der Geltung der Charta von Paris für Europa nicht (mehr) entschlossen und nachhaltig durchsetzen (wollen).

Damit die Unterstützung der Ukraine im Vordergrund bleibt und sie sich erfolgreich verteidigen kann, ist es deshalb dringend erforderlich, dass die westlichen Staaten, Amerika an der Spitze, mit erfolgversprechenden Maßnahmen einer umfassenden Abschreckung gegen Russland ihre Angst überwinden können, Russland zum Rückzug aus der Ukraine zu bewegen – mit den Worten des lettischen Außenministers; „to defeat the fear to defeat Russia“. Wenn der politische Zweck noch gilt, ist mehr militärische Unterstützung sowohl in Quantität als auch Qualität geboten. Ein Land, dem die EU den Kandidatenstatus zuerkannt hat, darf nicht an der russischen Aggression scheitern. Das wird dann überzeugend gelingen, wenn allen bewusst und anerkannt wird, dass Russland mit der Aggression gegen die Ukraine auch Krieg gegen den „liberalen Westen“ führt.

Der Autor des Gastbeitrags ist Generalleutnant a.D. Dr. Klaus Olshausen.

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