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StartVerteidigungSchwedens Beitritt zur NATO

Schwedens Beitritt zur NATO

Der Ukraine-Krieg wirft ein Schlaglicht auf die Defizite bestehender Staatsgemeinschaften. Aktuell zeigen etwa die Probleme bei den NATO-Beitrittsverhandlungen von Finnland und besonders Schweden, wie erpressbar ein Bündnis durch das Einigkeitsprinzip werden kann. Es findet ein Kampf der moralischen Wertesysteme statt, der bei der Gründung des Militärbündnisses nicht vorhersehbar war.

Am 18. Mai 2022 beantragten Schweden und Finnland offiziell den Beitritt zur NATO. Zwei Länder, die zum Zeitpunkt ihres eigenen NATO-Beitritts nach westlichem Verständnis demokratischere und freiheitlichere Werte verfolgten als aktuell, blockieren: Türkei und Ungarn. Während der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Forderungen stellt, fehlt ähnliches beim ungarischen Präsidenten Viktor Orbán. Zudem ist das ungarische Staatsgefüge vollständig auf Orbán zugeschnitten, sodass er nicht von einem Parlament gezwungen werden kann. Ungarn bleibt also ein Unsicherheitsfaktor, da die Zustimmung vom Willen einer einzelnen Person abhängt. Wie der Behörden Spiegel aus Stockholm erfahren konnte, ist mit einer ungarischen Ratifizierung noch in diesem Mai zu rechnen. Bleibt also die Türkei als Blockierer.

Wobei die Türkei signalisierte, dass sie nichts gegen den Beitritt Finnlands einzuwenden habe. Die Spannung besteht allein zwischen Türkei und Schweden. Die Knackpunkte bestehen in der Einordnung terroristischer Organisationen, der Ausweisung mutmaßlicher Terroristen sowie in einer unterschiedlichen Gewichtung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und dem Schutz von Gefühlen.

Schweden machte allerdings bereits Zugeständnisse, vor allem im Bereich der Terrorabwehr. So wurde die syrische Kurdenmiliz YPG mittlerweile als nahe stehend zur Terrororganisation Kurdische Arbeiterpartei PKK bezeichnet. Weiterhin ungelöst ist die Auslieferung mutmaßlicher Terroristen. In Schweden bestimmten die Gerichte über die Auslieferungen, nicht die Regierung. So lehnte ein schwedisches Gericht im Dezember 2022 die Ausweisung des türkischen Journalisten Bülent Keneş ab. Keneş soll 2016 am gescheiterten Militärputsch in der Türkei beteiligt gewesen sein.

Einen weiteren Rückschlag erlebten die Verhandlungen durch eine Aktion des schwedischen Rechtsextremen Rasmus Paludan, der im Januar vor der türkischen Botschaft in Stockholm einen Koran verbrannte. Eine weitere Koranverbrennung durch die schwedische Organisation Apallarkerna wurde verboten. Apallarkerna wollte die Koran-Verbrennung nach eigenen Angaben gezielt nutzen, um den NATO-Beitritt Schwedens zu verhindern.

Vollkommen festgefahren ist die Situation allerdings nicht. Erstens machte Schweden bereits Zugeständnisse in Richtung Türkei inklusive Auslieferung mutmaßlicher Terroristen. Zweitens ist die Türkei angesichts des katastrophalen Erdbebens auf ausländische Hilfe angewiesen. Drittens verbinden die USA militärische Lieferungen mit der türkischen Zustimmung. Und viertens finden am 14. Mai dieses Jahres die türkischen Präsidentschaftswahlen statt. Mit der Zustimmung sei daher noch in diesem Sommer zu rechnen, so die Informationen des Behörden Spiegel aus NATO-Kreisen. Eines ist zumindest sicher, Finnland wird nicht ohne Schweden der NATO beitreten. Die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin sagte in einem gemeinsamen Statement mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson, dass beide Länder nur gemeinsam in die NATO gehen werden.

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