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StartVerteidigungDer neue Rahmen der Gesamtverteidigung

Der neue Rahmen der Gesamtverteidigung

35 Jahre ist es her, dass die Bundesregierung zuletzt die Rahmenbedingungen der Gesamtverteidigung festlegte. Heute ist die Welt eine andere.

Vergangenen Mittwoch legte die Bundesregierung die Überarbeitung der Rahmenrichtlinien der Gesamtverteidigung (RRGV) vor. In ihnen ist festgelegt, welche Maßnahmen einzuleiten sind, um die Unabhängigkeit und Souveränität Deutschlands in Krisen- und Konfliktsituationen zu sichern.
Die Ideen der Nationalen Sicherheitsstrategie finden sich darin wieder. Sie zeigt aber auch, wie sehr sich die internationale Sicherheitslage und die Bundesrepublik in den vergangenen 35 Jahren verändert haben.
„Erstmals seit Jahrzehnten ist Deutschland auch wieder militärisch bedroht“, stellt die RRGV bereits in der Einleitung klar.
Dabei gestaltet sich die Bedrohung anders, als das noch zu Zeiten des Kalten Krieges der Fall war. Die technologischen Möglichkeiten haben sich um ein Vielfaches erweitert.
Das Eindringen des Cyber-Informationsraums in alle Lebensbereiche und die fortschreitende Nutzung des Weltraums zeugen von dieser Entwicklung. Darüber hinaus haben sich die geopolitischen Bedingungen und die technokratische Einbettung verschoben. Deutschland ist nicht länger Frontstaat der NATO. Gleichzeitig sind einst bundeseigene Betriebe in privater Hand, und die nationalen Unternehmen sind stärker als je zuvor in internationale Handels- und Versorgungsketten eingebunden. Diesen Entwicklungen soll die Neufassung der RRGV Rechnung tragen.

Krisenfestigkeit in der Gegenwart

Anspruch der RRGV ist es, in der Bundesrepublik die gebotene Widerstandskraft für einen Konfliktfall zu entwickeln. Diese Formel ist bereits in der Nationalen Sicherheitsstrategie festgelegt. In Kombination mit der RRGV soll so der Rahmen gesetzt werden, um die Durchführung des Operationsplans Deutschland – in ihm ist die militärische Gesamtverteidigung der Bundesrepublik festgelegt – zu gewährleisten.
Um dies in der gegenwärtigen sicherheitspolitischen Lage abbilden zu können, nimmt die Novellierung der RRGV einige wesentliche Änderungen im Vergleich zur 35 Jahre alten Vorgängerfassung vor.
So benennt die Strategie erstmals Bedrohungen aus dem Cyberraum sowie die Hybride Kriegsführungen als Herausforderung für die Bündnis- und Landesverteidigung. „Das höchste Schutzniveau ist im staatlichen Bereich (im In- und Ausland) und in der Wirtschaft zu gewährleisten“, heißt es in der RRGV.
Zusätzlich ordnet die RRGV die neue geopolitische Lage Deutschlands ein. Da die Bundesrepublik nicht länger Frontstaat der NATO ist, hat sich ihre Rolle innerhalb des Bündnisses verändert. In ihrer neuen Funktion dient die Bundesrepublik als Drehscheibe, die Truppen und Materialien verbündeter Kräfte weiter nach Osten verbringt. Für diese Aufgaben legt die RRGV die Rahmenbedingungen für die militärische als auch die zivile Seite fest. Konkret bedeutet das, dass verbündete Streitkräfte im äußersten Notfall Unterstützungsleistungen der zivilen Seite in Anspruch nehmen können.
Darüber hinaus berücksichtigt die neue RRGV, dass viele einstmals staatseigene Betriebe heute in privater Hand sind. Ihre Rolle im Verteidigungsfall ist in entsprechenden Rechtsgrundlagen festgelegt. Diese finden nun ebenfalls in der RRGV Beachtung.

Alte Fähigkeiten neu erlernen

Neben den Anpassungen an die neue weltpolitische Gemengelage widmet sich der Großteil des Textes ganz praktisch der Frage, wie die Bundesrepublik im Verteidigungsfall zu organisieren ist.
Die meisten der geforderten Fähigkeiten waren so oder in ähnlicher Form zu Zeiten des Kalten Krieges schon einmal vorhanden. Die RRGV passt sie jedoch an die neuen technologischen Gegebenheiten an und zeigt, was in den Jahren, in denen eine militärische Bedrohung Deutschlands als realitätsfremd galt, verloren oder in Vergessenheit geraten ist.
So gilt es, die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln sicherzustellen, ein Mindestmaß an Mobilität zu gewährleisten und den Wohnraum zu erhalten. Darüber hinaus widmet sich das Papier auch dem Schutz von Kulturgütern. Sollte die Lebensmittelversorgung in Deutschland knapp werden, räumt die RRGV der Regierung die Möglichkeit ein, „regulierend in die Lebensmittelkette einzugreifen“. Dass eine derartige Maßnahme notwendig ist, begründet das Papier damit, dass die Versorgung im Krisenfall störanfällig sei.
Im Bereich Verkehr betont die RRGV neben der Bedeutung effizienter Verkehrswege innerhalb der Bundesrepublik die Notwendigkeit, den Import internationaler Waren zu gewährleisten.
Sollte der Wohnraum in Deutschland zerstört werden, verpflichtet sich die Bundesregierung in der RRGV, wohnungslos gewordene Menschen zu versorgen.
Ähnliches gilt für den Schutz der Kulturgüter der Bundesrepublik. Gegen die absehbaren Folgen eines bewaffneten Konflikts für Kulturgüter sollen bereits zu Friedenszeiten vorbereitende Maßnahmen getroffen werden.

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