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StartStaat & RathausKostbar und verunreinigt

Kostbar und verunreinigt

Das Wasser kommt aus dem Hahn: Die meisten Bürgerinnen und Bürger in Deutschland machen sich wohl kaum Gedanken über die Ressource, weil sie wie selbstverständlich rund um die Uhr und überall verfügbar ist. Doch wie ist es um Frisch- und Abwasser bestellt?

Immer wieder machen angeblich große Verlustmengen an Trinkwasser aufgrund maroder und veralteter Leitungen Schlagzeilen – den Kommunen fehle es an Personal und Geld, um das Trinkwassernetz flächendeckend in Schuss zu halten. Undichte Stellen im Rohrsystem wären dabei in zweierlei Hinsicht fatal, weil hohe Geldbeträge und eine immer knapper werdende Ressource gleichermaßen einfach im Erdreich versickerten.

Sowohl der Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) als auch der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) widersprechen hier entschieden. Deutschland verzeichne im europäischen und auch im internationalen Vergleich nur sehr geringe Wasserverluste, erklärt Peter Frenz, Leiter Wasserversorgungssysteme beim DVGW, und stützt sich auf Daten der DVGW Netz- und Schadenstatistik für Wasser sowie des Umweltstatistikgesetzes. Dank einer zustandsorientierten Instandhaltungsstrategie bei den Versorgungsleitungen komme es nur selten zu Wasserverlusten, etwa durch Rohrbrüche. Gemäß einer neuen EU-Trinkwasserrichtlinie müssen die Wasserverluste bis 2026 ausgewertet und der EU-Kommission vorgelegt werden. Frenz geht davon aus, „dass der Bewertungsmaßstab auf europäischer Ebene problemlos eingehalten werden kann“.

Zustimmung erhält Frenz vom VKU. Das deutsche Wasser- und Abwassernetz befinde sich in guten Zustand, Wasserverluste konnten innerhalb der letzten 20 Jahre so weit reduziert werden, dass Deutschland im europäischen Vergleich den Spitzenplatz belege, teilt ein Sprecher auf Anfrage mit: „Das liegt an der kontinuierlichen Instandhaltung und den Investitionen der deutschen Wasserwirtschaft von jährlich mehr als acht Milliarden Euro.“ Allerdings müsse hier in den kommenden Jahren mit einem Anstieg der Investitionen gerechnet werden, um bisherige Qualitätsstandards bei Ver- und Entsorgung einzuhalten und um Leckagen zu reduzieren.

Meilenstein im Gewässerschutz

Beim Kanalnetz zur Abwasserentsorgung verhält es sich ambivalenter. Laut Dr. Lisa Broß, Sprecherin der Bundesgeschäftsführung der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) befänden sich zwar rund 25 Prozent des Kanalnetzes in sehr gutem Zustand, zugleich bestehe jedoch bei etwa 20 Prozent kurz- bis mittelfristiger Sanierungsbedarf. Untätig sind die Kanalnetzbetreiber nicht: Jährlich werden laut Broß rund 6.000 Kilometer Kanal saniert – was jedoch nur ein Prozent angesichts einer Gesamtlänge von 600.000 Kilometern ausmacht. „Notwendig wäre aber eine Sanierungsquote von 1,5 bis 2 Prozent, um den volkswirtschaftlichen Schatz Kanalnetz, geschätzter Wiederbeschaffungswert rund 1000 Milliarden Euro, auch für die kommenden Generationen in einem guten Zustand zu erhalten“, erläutert Broß. Wie überall bereiten auch hier Fachkräftemangel und knappe Finanzmittel Probleme.

Um Abwasser sicher zu entsorgen und wieder zu Trinkwasser aufzubereiten, ist neben einer intakten Kanalisation auch die gründliche Reinigung notwendig. Viele Schad- und Inhaltsstoffe aus Medikamenten oder Kosmetika lassen sich nur schwer aus dem Haushaltsabwasser herauslösen. Die Verantwortung sollte aber nicht bei der Bevölkerung allein gesucht werden, heißt es vom VKU. Zwar entsorgten einige Verbrauchende noch immer Medikamente in der Toilette statt über Restmüll oder Schadstoffsammelstellen, doch Aufklärungskampagnen zeigten hier ihre Wirkung. Noch wichtiger sei es, solche Verunreinigungen und bestimmte Schadstoffe gar nicht erst entstehen bzw. in Umlauf kommen zu lassen. Sowohl der VKU als auch Broß begrüßen die aktuell novellierte Kommunalabwasserrichtlinie der EU und den darin enthaltenen Ansatz, die Hersteller von wasserbelastenden Inhaltsstoffen stärker in die Pflicht zu nehmen. Zentral sei hier die Aufnahme einer vierten Reinigungsstufe in Kläranlagen, die gezielt Rückstände von Medikamenten und Kosmetika abbaue, so Broß: „Die Kosten für diese vierte Reinigungsstufe sollen nicht die Kläranlagenbetreiber, und damit ja die Bürger, übernehmen, sondern die pharmazeutische und kosmetische Industrie.“ Im Zuge einer erweiterten Herstellerverantwortung müssten diese Unternehmen 80 Prozent der Vollkosten der vierten Reinigungsstufe tragen – „ein Meilenstein für den Gewässerschutz“.

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