(BS) Die Hinrichtung eines jungen Mannes im Frankfurter Bahnhof am Dienstagabend markiert einen traurigen Höhepunkt der Gewalttaten in Zügen und auf Bahnhöfen. Mit einem Schuss in den Kopf streckte der 54-jährige Täter sein 27-jähriges Opfer in aller Öffentlichkeit nieder. Danach feuerte er noch zweimal auf den am Boden liegenden Mann. Täter und Opfer haben die türkische Staatsangehörige. Wie türkische Medien berichteten, handelte es sich bei der Tat offenbar um einen Racheakt im Zuge einer Familienfehde. Der Täter konnte aufgrund des schnellen Handelns der Bundespolizei unweit des Tatorts festgenommen werden. Gegen ihn wurde wegen des dringenden Tatverdachts des Mordes Haftbefehl erlassen.
Doch hätte dies den konkreten Fall verhindert? Am Frankfurter Hauptbahnhof existiert seit Anfang Juni eine Waffenverbotszone. Zwischen 20:00 Uhr und 5:00 Uhr morgens dürfen eigentlich keine Waffen mitgeführt werden. Den Täter hat das offenbar nicht gestört. Wer eine solche Tat plant, lässt sich von einer Waffenverbotszone nicht abhalten. Er wäre also nur dann vor Ausübung der Tat entdeckt worden, wenn er kontrolliert und gründlich nach Waffen durchsucht worden wäre. Doch wie will man an einem hochfrequentierten Verkehrsknotenpunkt wie einem Bahnhof konsequente Waffenkontrollen durchführen?
Anstieg der Gewalt an Bahnhöfen
Die Gewalt an Bahnhöfen steigt in den letzten Jahren immer mehr. In Frankfurt hat sich die Zahl der Gewaltdelikte mit Waffengebrauch seit den Coronajahren mehr als verdoppelt, ist von 80 im Jahr 2019 auf 176 im Jahr 2022 gestiegen. In ihrem in der letzten Woche erschienenen Jahresbericht registrierte die Bundespolizei 2023 insgesamt 425.090 Straftaten an Bahnhöfen oder in Zügen. „Wie bereits in den letzten Jahren sind insbesondere die Großstadtbahnhöfe von Gewaltdelikten betroffen“, ist darin zu lesen. Die Zahl der Gewaltdelikte stieg erneut um beinahe elf Prozent von 23.110 auf 25.640 Vorfälle. Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 (18.003 Fälle) ist dies ein Anstieg von über 42 Prozent. In 60,8 Prozent (15.579 Fälle) der Gewalttaten handelte es sich um Körperverletzungen, bei 2,2 Prozent (555 Fälle) wurden Messer eingesetzt. Auch die Gewalt gegen Einsatzkräfte ist deutlich gestiegen: Bei 2.979 Übergriffen gegen Beamte wurden 793 Bundespolizisten verletzt, 88 waren im Anschluss dienstunfähig. Auch die Zahl der Sexualdelikte stieg um 12,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und liegt derzeit bei 1.898. Zieht man das Vor-Corona-Jahr zum Vergleich heran (1.184 Fälle), handelt es sich um einen Anstieg von 60,3 Prozent.
Gewalttaten meist männlich
Bei den ermittelten Tätern von Gewaltdelikten handelte es sich zu 78 Prozent um Männer, im Durchschnitt 33 Jahre alt und knapp die Hälfte stand unter Drogen- oder Alkoholeinfluss. Der Großteil war polizeibekannt, rund ein Viertel sogar Mehrfach- oder Intensivtäter. Etwa 50 Prozent der Täter besitzen zudem keinen deutschen Pass. Hessens Innenminister Roman Poseck sagte, Ausländer, die Waffen gegen andere Bürger einsetzten, sollten konsequent in ihr Heimatland abgeschoben werden. Zudem forderte er ein strengeres Waffenrecht und mehr Kontrollbefugnisse für die Polizei. Den spezifischen Fall am Frankfurter Hauptbahnhof bezeichnete er als eiskalten Mord: „Der Täter erschießt sein Opfer ohne Rücksicht auf andere Passanten.“ Alexander Throm, innenpolitischer Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, forderte den Einsatz von Überwachungskameras mit Gesichtserkennung an Bahnhöfen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) müsse endlich ihr Versprechen einlösen und die Waffengewalt in Bahnhöfen und Zügen in den Griff bekommen.