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StartRechtRüge per Fax – Aufgepasst bei der Zustellung

Rüge per Fax – Aufgepasst bei der Zustellung

Auch beim zustellen einer Rüge gibt es einiges zu beachten, wie ein Beschluss der Vergabekammer Rheinland zeigt. In diesem heißt es:

  1. Ohne vorherige Rüge ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig
  2. Aus der Rüge muss nach § 160 GWB unmissverständlich hervorgehen, welches Verhalten als Vergaberechtsverstoß angesehen wird und inwiefern der Bieter vom Auftraggeber Abhilfe verlangt
  3. Für eine fristgemäße Rüge ist deren Zugang beim Auftraggeber relevant und nicht deren Absendung
  4. Darlgungs- und beweispflichtig für den Zugang der Rüge ist der Rügende

Sachverhalt (Kurzzusammenfassung)

Mit Auftragsbekanntmachung vom 06.03.2024 schrieb die Antragsgegnerin (Ag.) u.a. „landschaftsgärtnerische Arbeiten“ in einem Offenen Verfahren europaweit aus. Die Antragstellerin (Ast.) gab daraufhin fristgerecht ein Angebot ab. Mit Informationsschreiben vom 29.05.2024 informierte die Ag die Ast. über ihren Ausschluss vom weiteren Verfahren gemäß § 134 GWB. Daraufhin rügte die Ast. den Ausschluss mittels Einwurf-Schreiben, welches vom 07.06.2024 datiert wurde. Der Briefumschlag des Schreibens wurde mit dem Frankierstempel der Post mit Datum „07.06.24“ sowie einem Eingangsstempel mit Datum „13. Juni 2024“ versehen. Darüber hinaus wurde das Rügeschreiben von der Ast. nicht nur per Post, sondern auch per Fax an die von der Ag. in der Bekanntmachung sowie dem § 134-er Informationsschreiben benannte Fax-Nummer geschickt. Der Fax „Sendebericht“ enthielt u.a. die folgenden Angaben:

„DATUM/UHRZEIT 07/06 11:59
FAX-NR./NAME … [Anm.: Fax-Nr. von VK anonymisiert]
Ü.-DAUER 00:02:22
SEITE(N) 05
ÜBERTR OK
MODUS Standard
ECM“

Das Fax ging der Ag. jedoch nur unvollständig zu. Vollständig eingegangen ist nur die erste Seite des Schreibens, aus der sich ergibt, dass es sich um eine Rüge handelt, welche Baumaßnahme betroffen ist, welcher Bieter die Rüge einlegt, wer dessen Verfahrensbevollmächtigter ist und dass der Rüge ein Absageschreiben nach § 134 GWB vom 29.05.2024 vorangegangen ist. Darüber hinaus finden sich teils nur einzelne Satzfragmente und komplett leere Seiten. Dazu kommt, dass auch die letzte Seite mit der Unterschrift nicht vorhanden ist. Das von der Antragsgegnerin vorgelegte Fax-Protokoll enthält zudem die Meldung „Übertragung nicht abgeschlossen (3 Seite(n) empfangen)“. Am 07.06.2024 reichte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag mittels Telefax bei der Vergabekammer ein und beantragte zum einen die Einsicht in die Vergabeakte und zum anderen das Vergabeverfahren in den Stand vor Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin zurückzuversetzen und den Zuschlag an die Antragstellerin zu erteilen.

Entscheidung der Vergabekammer Rheinland

Ohne Erfolg! Die Vergabekammer Rheinland entschied, dass der Nachprüfungsantrag der Ast. bereits unzulässig sei. Es fehle bereits an der erforderlichen, dem Nachprüfungsantrag vorausgehenden Rüge des vermeintlichen Vergaberechtsverstoßes gegenüber der Antragsgegnerin. Gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 – 3 GWB ist ein Nachprüfungsantrag nur zulässig, wenn der vermeintliche Vergaberechtsverstoß gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber gerügt wurde. Die Rüge sei zwingend vor der Einreichung des Nachprüfungsantrags zu erheben. Sinn und Zweck dieser Regelung sei es, dem Auftraggeber vor Antragseinreichung noch einmal die Möglichkeit zu geben, den geltend gemachten Vergaberechtsverstößen von selbst abzuhelfen und so ein verzögerndes Vergabenachprüfungsverfahren zu vermeiden. Die Rüge sei eine zwingend von den Vergabekammern von Amts wegen zu beachtende Sachentscheidungsvoraussetzung. An einer solchen Rüge fehle es hier laut VK. Ohne vorherige Rüge sei ein Nachprüfungsantrag unzulässig und allein deswegen abzulehnen.

Die Rüge mittels Post sei verspätet zugestellt worden. Das Rügeschreiben der Ast. datiert vom 07.06.2024 wurde per Einwurf-Einschreiben an die Antragsgegnerin gesandt. Eingegangen ist das Schreiben laut Eingangsstempel auf dem Briefumschlag am 13.06.2024, mithin nach der Einreichung des Nachprüfungsantrages. Zwar trägt der Frankierstempel das Datum 07.06.2024. Allerdings müsse bei Briefpost mit einer regelmäßigen Postlaufzeit von ein bis zwei Werktagen nach Einlieferung ausgegangen werden. Überdurchschnittlich lange Postlaufzeiten seien im Übrigen der Risikosphäre des Antragstellers zuzurechnen. Eine Rüge, die erst beim Auftraggeber eingeht, nachdem bereits ein Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer eingereicht wurde, sei nicht geeignet, eine Zulässigkeitsvoraussetzung für den Nachprüfungsantrag zu schaffen.

Die Antragstellerin hat jedoch zudem das Rügeschreiben bereits am 07.06.2024 um 11:59 Uhr vorab per Telefax an die Antragsgegnerin gesandt, bei der Vergabekammer eingegangen am 07.06.2024 um 14:44 Uhr, mithin vor Einreichung des Nachprüfungsantrages. Dies sei grundsätzlich zulässig. Eine besondere Form für die Rüge sei nicht vorgeschrieben. Sie könne z.B. auch mündlich, per E-Mail oder Telefax oder auf anderen elektronischen Kommunikationswegen gestellt werden.  

Für eine den Anforderungen des § 160 GWB genügende Rüge sei jedoch zudem erforderlich, dass aus ihr für den Auftraggeber unmissverständlich hervorgeht, welches Verhalten als Vergaberechtsverstoß angesehen wird und inwiefern der Bieter vom Auftraggeber Abhilfe verlangt. Auch müsse eine schriftliche oder fernschriftliche Rüge unterschrieben sein, damit der Auftraggeber erkennen kann, dass es sich nicht nur um einen Entwurf handle, und dass die Rüge von dem Unternehmer oder einer vertretungsberechtigten Person stamme.  Beides sei aus dem bei der Antragsgegnerin per Fax eingegangenen Rügeschreiben der Antragstellerin nicht der Fall. Das Rügeschreiben sei nur fragmentarisch eingegangen.  Das am 07.06.2024 bei der Antragsgegnerin eingegangene Fax erfülle somit nicht die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge. Damit sei der Nachprüfungsantrag unzulässig. Dem steht auch nicht der Einwand der Antragstellerin entgegen, dass sie alles für eine ordnungsgemäße Übermittlung Mögliche getan habe und ihr Fax-Sendebericht einen „O.K.“-Vermerk enthalte. Für eine fristgemäße Rüge sei deren Zugang beim Auftraggeber relevant und nicht deren Absendung. Somit sei der „O.K.“-Vermerk auf dem Sendebericht der Antragstellerin irrelevant, da er nur eine Aussage dazu treffe, dass das Fax abgesandt wurde. Zudem kritisiert die VK, dass die Ast. bei der Zustellung der Rüge an einem Freitag um 11:59 Uhr nicht davon ausgehen, dass diese noch auf ihre Vollständigkeit bzw. ihren Inhalt hin geprüft werde. Insbesondere wäre der Ast. auch eine andere Übermittlungsform per besonderen elektronischen Behördenpostfach, E-Mail oder per Boten-/Kurierdienst möglich gewesen. Eine Pflicht des Auftraggebers, z.B. aus Treu und Glauben, auf eine unvollständige Rüge hinzuweisen, sieht die VK im Übrigen nicht.

Einordnung und Fazit

Die VK macht deutlich, dass der Rügende für den (vollständigen) Zugang der Rüge darlegungs- und beweispflichtig ist. Klar ist: Ohne Rüge ist das Nachprüfungsverfahren unzulässig. Bei der Zustellung einer Rüge ist zudem zu beachten, dass diese vom Auftraggeber auch zur Kenntnis genommen werden kann. Dadurch ergibt sich unter Umständen eine Verkürzung der Rügefrist. Bei der Übermittlung einer Rüge ist daher nicht nur die Frist genaustens im Auge zu behalten, sondern auch die jeweiligen Besonderheiten der jeweiligen Übermittlungsform, da am Ende die Beweis- und Darlegungspflicht beim Rügenden liegt.

Autor des Gastbeitrages ist Rechtsanwältin Anika Sanders von Leinemann & Partner Rechtsanwälte mbB.

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