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StartDigitalesDSA-Risikoberichte veröffentlicht

DSA-Risikoberichte veröffentlicht

Laut Digital Services Act (DSA) müssen die großen Onlineplattformen der EU-Kommission einmal jährlich eine Risikoanalyse ihrer Dienste vorlegen. Seit kurzem sind diese Analyseberichte auch für die Öffentlichkeit einsehbar. Die ersten Reaktionen von Expertinnen und Experten fallen ernüchternd aus: Die Online-Riesen sehen auf ihren eigenen Plattformen kaum Risiken.

Die Risikobewertung ist in den Artikeln 34 und 35 des DSA festgelegt. Sie gibt vor, dass große Onlineplattformen (mit mindestens 45 Millionen Nutzenden in der EU pro Monat) „systemische Risiken“ in ihren Diensten analysieren und in Form eines Berichts an die EU-Kommission liefern müssen. Diese Plattformen und Suchmaschinen sind einschlägig bekannte Megakonzerne und deren Dienste, darunter Google, Facebook, Tiktok, Amazon und X. Die Kommission bekam deren Risikoberichte bereits im August 2023 vorgelegt. Ein Jahr später, im August 2024, folgten die entsprechenden, von Drittanbietern erstellten Audit-Berichte, welche die Ergebnisse der Risikoanalysen bewerten. Abermals drei Monate später, also seit November dieses Jahres, sind die Berichte für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie zivilgesellschaftliche Organisationen einsehbar.

Veraltet und oberflächlich

Die gemeinnützige Organisation Algorithmwatch hat laut eigener Aussage bislang acht Berichte geprüft und kommt zu dem Ergebnis, die Inhalte seien „veraltet“, da sie sich auf das Jahr 2023 beziehen. Algorithmwatch bezeichnet die Berichte zudem als „oberflächlich und vage“. Auch sei unklar, ob von Risiken betroffene Usergruppen miteinbezogen worden seien, wie es der DSA vorschreibt. „Die ersten Risikoberichte suggerieren, dass auf den Plattformen alles in Ordnung ist“, fasst Clara Helming, Policy Managerin bei Algorithmwatch, zusammen. Eine Aussage, die wiederum das Gegenteil suggeriert. Der unabhängige Digitalexperte Alexander Hohfeld hat mithilfe weiterer Fachleute eine erste Übersicht der Berichte erstellt. Das Prozedere der meisten Plattformen nennt er eine „Tick-Box-Übung“, wobei die Risiken einzelner Plattformelemente wie AGB oder Moderation durchgegangen und abgehakt würden. „Eine tiefergreifende Analyse der algorithmischen Systeme“ sei das oft nicht, so Hohfeld.

X verweigert Dokumente

Artikel 42 Paragraf 5 DSA räumt den großen Onlineplattformen das Recht ein, Informationen in den öffentlichen Berichtsversionen zu schwärzen. Besonders das von Elon Musk geführte Netzwerk X habe von dieser Option Gebrauch gemacht. Gleichwohl lobte das Unternehmen seine eigene Sicherheit und Transparenz. Dem gegenüber steht der Audit-Bericht der Beratungsfirma FTI Consulting, der etwa die Moderationsbemühungen auf X eher negativ bewertet und laut dem Musks Unternehmen den Zugriff auf viele Dokumente verweigerte. Gemäß DSA sind Risiken wie die Verbreitung rechtswidriger Inhalte sowie nachteilige Auswirkungen auf Grundrechte und Wahlprozesse von den Plattformen zu analysieren. Ob es ein Zufall ist, dass mit X ausgerechnet ein Netzwerk Informationen zurückzuhalten scheint, dass sich nach Meinung vieler Fachleute wie kein zweites zum Sammelbecken für rechtsradikale Inhalte und Verschwörungsnarrative entwickelt hat, bleibt zu analysieren.

Inhalt bewertet, Form ausgespart

Der Amnesty International-Ableger Amnesty Tech hat sich mit dem Bericht von Tiktok beschäftigt. Die vom chinesischen Konzern ByteDance betriebene Plattform sehe bei sich selbst nur zwei Risiken für die „psychische Gesundheit“ seiner User: Hoaxes (scherzhafte Falschmeldungen) und gefährliche Challenges, die sich viral verbreiten und zur Nachahmung animieren. Laut Amnesty Tech geht Tiktok allerdings nur auf die Inhalte der Plattform ein – nicht auf deren Design. Genau dieses kann vielen Studien zufolge jedoch süchtig machen. Zum stark kommerziellen Charakter vieler Tiktok-Videos, die schon minderjährige User zu Konsumenten erziehen und dadurch psychologisch negativen materiellen und sozialen Druck befeuern können, findet sich bislang nichts. Aspekte wie dieser sind selbstredend hochkomplex und enorm schwer zu analysieren.

„Bei der ersten Runde konnte man nicht so viel erwarten“, ordnet Hohfeld den ersten Schwung an Berichten ein. Diese seien „so breit und vage“ wie die DSA-Paragrafen teilweise selbst. In den kommenden Wochen und Monaten ist mit mehr Details aus den Berichten zu rechnen, da sich die Fachcommunity gerade erst einliest.

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