- Anzeige -
- Anzeige -
- Anzeige -
- Anzeige -
StartStaat & RathausSicher ans Ziel – aber gemütlich

Sicher ans Ziel – aber gemütlich

Die Deutschen sind neben Pünktlichkeit und regelmäßigem Lüften außerdem für ihre Neigung zu Spaziergängen bekannt. Da ist es nicht verwunderlich, dass viele Menschen in Deutschland auch gern zu Fuß unterwegs sind. Aber um Sicherheit und gute Laufwege zu ermöglichen, muss dies stärker in der Infrastrukturplanung berücksichtigt werden. Hier hat die Bundesregierung vor Kurzem den ersten Schritt getan.

Um die – laut einer Studie des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) – über 80 Prozent der gern zu Fuß gehenden Menschen in Deutschland mehr zu unterstützen, hat sich die Bundesregierung erstmalig im Kabinett auf eine Fußverkehrsstrategie verständigt. Das Ziel ist, den Fußverkehr „als gleichwertigen Bestandteil einer modernen und umweltfreundlichen Mobilität zu stärken“. Vonseiten des BMDV heißt es, im Fokus stünden Sicherheit, Attraktivität und Barrierefreiheit.

Dazu sollen, neben Handlungsempfehlungen für Kommunen und Länder, auch gesetzliche Rahmenanpassungen vorgenommen werden. Zum Beispiel soll im Anschluss an die 2024 beschlossene Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) in Zusammenarbeit mit den Ländern eine Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwVStVO) vorgenommen werden, die eine rechtssichere Anwendung der StVO-Novelle erleichtert und auch den Fußverkehr begünstigt. Unter anderem können Städte und Kommunen damit leichter Fußgängerüberwege einrichten und Falschparker auf Gehwegen stärker kontrollieren.

Förderung in Teilen schon vorhanden

Doch nur weil der Bund die Wichtigkeit des Fußverkehrs erst seit Kurzem anerkennt, gilt das nicht für alle Bundesländer. So sind in Baden-Württemberg bereits seit 2015 die sogenannten Fußverkehrs-Checks gängige Praxis. Hierbei „bewerten Bürgerinnen und Bürger mit Politik und Verwaltung gemeinsam die Situation des Fußverkehrs vor Ort. In Workshops und Begehungen erarbeiten sie Vorschläge, wie die Wege zu Fuß künftig noch attraktiver und sicherer gestaltet werden können“, erklärt das baden-württembergische Ministerium für Verkehr. Die Maßnahme werde dabei auch vom Verkehrsministerium unterstützt und finanziert. Durch die Checks sollten konkrete Projekte zur Fußverkehrsförderung angestoßen und umgesetzt werden, zusätzlich kämen sie gut bei der Bevölkerung an und rückten das Thema stärker ins Bewusstsein von Politik und Verwaltung. Insgesamt profitierten schon über 100 Kommunen von diesem Programm.

Und dabei seien manche Checks aus dem Vorjahr noch gar nicht vollständig abgeschlossen, wie beispielsweise eine Sprecherin der Stadt Wertheim erklärt. Für die 15 teilnehmenden Kommunen habe der Fokus 2024 auf sicheren Schulwegen gelegen. Daher sei auch bei einer der zwei Begehungen eine Schule beteiligt, hier sollten die Bedürfnisse der Kinder im Vordergrund stehen:

  • Ist der Bürgersteig zu eng?
  • Wo ist eine Querung sinnvoll?
  • Wo könnte man (mehr) Beleuchtung ergänzen?

Ende Januar 2025 fand nun der Abschlussworkshop für Wertheim statt. Dabei seien die zusammengetragenen Kritikpunkte, Eindrücke und Vorschläge sowie die daraus resultierenden möglichen Maßnahmen vorgestellt worden. Ein besonderes Thema seien hier die Elterntaxis gewesen, denn die chaotischen Zustände vor den Schulen würden das Ankommen zu Fuß gefährlicher machen. Ein Vorschlag sei hier das Einrichten von Elternhaltestellen, um den direkten Kreuzungsbereich vor den Schulen sicherer zu gestalten. Nun müsse die Gemeinde entscheiden, welche Maßnahmen umgesetzt werden sollten – abhängig von den rechtlichen, technischen und fi nanziellen Möglichkeiten, so die Sprecherin.

Doch Wertheim hat nicht als einzige Gemeinde von den Checks profi tiert. 2024 hat beispielsweise auch Ravensburg daran teilgenommen. Auch hier seien vor allem der umfangreiche Hol-und-Bring-Verkehr an Schulen ein Problem. Infolgedessen erhielten bei der Abschlussveranstaltung „eine Änderung der Verkehrsführung an der bestehenden Elternhaltestelle sowie das Einrichten weiterer dezentraler Elternhaltestellen“ die höchste Priorisierung. „Zudem sind der Wunsch nach Schwerpunktkontrollen durch das Ordnungsamt zu Schulbeginn und -schluss insbesondere zur Verringerung der Konfl ikte durch Elterntaxis und eine Verbesserung der Signalisierung an einem Knotenpunkt beim Bildungszentrum groß“, erläutert ein Ravensburger Sprecher. Jedoch sei es nicht möglich, die Maßnahmen sofort umzusetzen, denn dafür müsse die Finanzierbarkeit gegeben sein. Eine Erhöhung der Schwerpunktkontrollen durch das Ordnungsamt sei aber schon vor dem Abschluss des Checks erfolgt. Zusätzlich plane das kooperierende Bildungszentrum St. Konrad einen Aktionstag, um die nachhaltige Mobilität zu fördern und die Schulwege für Kinder sicherer zu gestalten.

Maßnahmen mit Nachhall

Aber auch frühere Fußverkehrs- Checks tragen noch heute Früchte. So ging es beispielsweise schon 2019 um das Thema „Gehen – Sitzen – Spielen“, woraus für die teilnehmende Stadt Heidelberg das Konzept der Kinderwegeplanung hervorgegangen ist. Hierbei handele es sich um Stadtteilpläne, in denen Straßen, Wege und Querungshilfen für den selbstständigen Weg für Kinder empfohlen werden. Eltern könnten anhand dieser Pläne sichere Fußwege zur Schule, zum Spielplatz oder zum Sportplatz mit ihren Kindern üben. Daneben konnten zusätzliche Querungs- und Sitzmöglichkeiten entlang der geprüften Straßen umgesetzt werden.

Zusätzlich hat die Stadt „Sicherheitsaudits“ in Auftrag gegeben – hierbei sollen potenzielle Gefahrenstellen auf Kinder- und Schulwegen sowie rund um Senioreneinrichtungen untersucht werden. Ein Sprecher Heidelbergs führt dies weiter aus: „Viele Maßnahmen stehen im Zusammenhang mit den Kinder- Sicherheitsaudits, sind nachhaltig angelegt und werden kontinuierlich weiterentwickelt. Besonders die im Rahmen dieser Audits umgesetzten Verbesserungen, wie sichere Querungen oder der Kinderwegeplan, sind dauerhaft etabliert und werden intensiv genutzt.“

Sich immer wieder neu erfinden

Und der Fußverkehrs-Check bringt auch alten Hasen noch etwas Neues. So hat sich beispielsweise die Stadt Fellbach 2021 zum zweiten Mal dem Check gestellt, denn sie war bereits beim ersten Check 2015 dabei und engagiert sich seit 2018 als Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Fußgänger- und Fahrradfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg. Nun will sie in diesem Jahr eine neue Maßnahme einrichten, um ein sicheres Miteinander im Straßenverkehr zu fördern: den Runden Tisch Stadtmobilität. Er diene dem Austausch zwischen Verwaltung, Politik und Interessensverbänden mit dem Ziel für mehr Verkehrssicherheit in Fellbach, so ein Sprecher der Stadt.

Von den Resultaten des 2021er Checks unter dem Motto „Mehr Miteinander im Straßenverkehr“, konnten bereits erste Maßnahmen, wie die Ergänzung von Zebrastreifen in einer Fahrradstraße, durchgeführt werden. Weitere Empfehlungen wie mehr Aufenthaltsfläche oder sichere Fußgängerüberwege seien im Rahmen der Internationalen Bauausstellung in der Region Stuttgart (IBA’27) geplant, an der Fellbach ebenfalls teilnehme.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein