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StartDigitalesKommentar: Kein Geld für das „Herzensprojekt“

Kommentar: Kein Geld für das „Herzensprojekt“

Obwohl das ZenDiS immer wieder als Erfolg dargestellt und seine Relevanz für die digitale Souveränität der Verwaltung betont wird, spiegelt sich diese Aufmerksamkeit nicht in einer ausreichenden Finanzierung durch den Bund wider. Gleichzeitig können sich die Länder nach wie vor nicht an der GmbH beteiligen. Ein Kommentar.

Das Bundesinnenministerium (BMI) gründete das Zentrum für Digitale Souveränität (ZenDiS), um die öffentliche Verwaltung souveräner aufzustellen – eine Mission, die aktueller und notwendiger ist denn je. Obwohl die Ampelregierung die Souveränität – noch vor Trumps Wiederwahl – in das Motto ihres Digitalgipfels aufnahm und ihre Relevanz immer wieder hervorhob, bleiben die Finanzierung und das Beteiligungskonzept des ZenDiS nach wie vor unsicher.

Keine zusätzlichen Mittel

Die Länder können der bundeseigenen GmbH noch immer nicht beitreten, da rechtliche Prüfungen noch laufen. Und eine Grundsicherung ist nicht vorgesehen – das ZenDiS soll sich nur durch Aufträge finanzieren, erklärte die Bundesregierung kürzlich als Antwort auf eine Anfrage der Linken. Ende letzten Jahres beschloss der Haushaltsausschuss, einen Restbetrag von 34 Millionen Euro an das Zentrum auszuzahlen – geschehen ist dies nicht. Ist das ZenDiS seinen Gründern also doch nicht so wichtig? Und wenn dem so ist, woran liegt es?

Dem ZenDiS mangelt es weder an Beliebtheit noch an Nachfrage zu seinen Produkten openDesk und openCode, die mittlerweile beide produktiv im Einsatz sind und steigende Nutzungszahlen verzeichnen. Auch international gibt es großes Interesse: Letzten Sommer reisten Vertreter des ZenDiS und der Sovereign Tech Agency nach New York, um bei den Vereinten Nationen den „erfolgreichen deutschen Weg“ vorzustellen. Mit dabei war Dr. Markus Richter, Staatssekretär im BMI, Bundes-CIO und Vorsitzender des ZenDiS-Aufsichtsrats. Im Wolkenkratzer der UN diskutierten die Expertinnen und Experten über Deutschlands Rolle im globalen Open-Source-Ökosystem der Zukunft. Doch was können wir beitragen, wenn das eigene Vorzeigeprojekt seinen Auftrag nicht erfüllen kann – sei es aufgrund von rechtlichen Hürden oder einem mangelnden politischen Willen?

Richter selbst scheint vom ZenDiS überzeugt zu sein. Er betont immer wieder die wichtige Rolle der GmbH als „Gestalter“ und „Ankerpunkt“ für die digitale Souveränität in der Verwaltung. Auch der letzte Sachstandsbericht des BMI zu seinem Digitalprogramm unterstreicht die Bedeutung des ZenDiS und seiner Produkte. Trotzdem fließen weiterhin Milliarden Euro in proprietäre Software von US-Anbietern, während das ZenDiS um jede Million kämpfen muss.

Hier geht die Rechnung nicht auf. Wenn Deutschland die digitale Souveränität seiner Verwaltung ernsthaft unterstützen will, muss es das ZenDiS auch konsequent fördern. Lippenbekenntnisse reichen nicht aus – es braucht eine solide Finanzierung, die langfristig Planungssicherheit schafft und dem Zentrum eine kontinuierliche Weiterentwicklung abseits konkreter Aufträge für seine existierenden Lösungen ermöglicht. Ansonsten droht das ZenDiS ein – weiteres – gut gemeintes Experiment zu bleiben.

Neue Koalition in der Pflicht

Und auch darüber hinaus muss die neue Bundesregierung entscheiden, welche Priorität sie der digitalen Souveränität geben wird. Dabei geht es nicht nur um die Förderung von Open Source, sondern auch um eine eigene IT-Infrastruktur, etwa die Netze des Bundes, um die Unabhängigkeit von externen Dienstleistern in kritischen Bereichen zu sichern.

Die Verhandlungspartner sprechen sich in den vorläufigen Ergebnissen der Arbeitsgruppe Digitales für die Stärkung der digitalen Souveränität durch „offene Schnittstellen, offene Standards und Open Source“ aus. Uneinig scheinen sich die Parteien darüber zu sein, ob das ZenDiS hier zusammen mit weiteren Akteuren direkt genannt werden soll (SPD-Wunsch) oder stattdessen eine allgemeine Formulierung (CDU/CSU-Wunsch) Platz findet und die Frage der GmbH somit  – wie kann es anders sein – weiterhin offen bleibt.

2 Kommentare

  1. Vielleicht bin ich komisch, aber ich finde es nicht so abwegig wenn eine GmbH sich selber finanzieren muss. Wie im Artikel beschrieben entwickelt das Zendis eigene Produkte und tritt damit auf dem Markt gegen andere Hersteller in Konkurrenz. Ich finde es da nur richtig, dass sie sich auch martkwirtschaftlich durchsetzen müssen.

    Anders wäre es, wenn das Zendis eine strategische Einheit des Bund und der Länder wäre welche Strategien zur digitalen Unabhängigkeit entwickelt und diese dann umsetzt. Nicht als Konkurrenz zu anderen Unternehmen in Deutschland und Europa sondern indem sie dann entsprechende Software ausschreiben, beschaffen, Rahmenverträge erstellen und evtl. wenn nötig punktuell Anpassungen einkaufen.

    Vielleicht wäre das sogar der nachhaltigere Ansatz? Dann könnte man das Zendis mit genügend staatlichen Mitteln ausstatten, würde die IT schrittweise unabhängig machen und die deutsche/europäische IT Wirtschaft stärken indem man als Kunde und nicht als Konkurrent mit eigenen Lösungen auftritt. In einem solchen Umfeld würden nicht nur bestehende Firmen gestärkt sondern es könnten auch neue entstehen. Etwas das in meinen Augen so wichtig ist, ein konkurrenzfähiges IT Ökosystem basierend auf Open Source Lösungen in Deutschland und Europa. Im Moment kommt mir das Zendis fast wie ein staatliches Monopol für Verwaltungssoftware und Entwicklungsplattformen vor.

    Aber vielleicht bin ich auch zu negativ/naiv

  2. Großartiger Beitrag. Welche Strategie verfolgt das BMI wirklich? Ohne ausreichende und nachhaltige Finanzierung des ZenDiS schaffen wir keine Loslösung von Trump und seinen Milliardären (s. ZDF). Man hat immer wieder den Eindruck, dass das BMI exakt das Gegenteil von dem macht, was in der Digitalstrategie mit dem Leitmotiv „Digitale Souveränität“ steht. Oder täusche ich mich?

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