Der Digitalausschuss beschäftigte sich vergangene Woche mit dem Thema Open Source, insbesondere im Hinblick auf die Nutzung im staatlichen Kontext. Diese sei noch gering. Die mangelnde Finanzierung des ZenDiS wurde ebenfalls angesprochen.
Prof. Dr. Helmut Krcmar, Leiter des Krcmar Labs an der Technischen Universität München, sagte, Open Source sei mehr als ein technisches Konzept. Es stehe für einen Ansatz der Transparenz, Zusammenarbeit und Innovation. Da es mehr Teilhabe und Flexibilität ermögliche, sei Open Source essenziell in Märkten, die sich viel bewegen. Aus seiner Sicht könne die öffentliche Hand ein Treiber für die Verbreitung von Open Source sein.
Aktuell belaufe sich der reale Anteil von Open Source Software (OSS) in der öffentlichen Verwaltung auf ein paar Prozent, stellte Bianca Kastl vom Innovationsverbund öffentliche Gesundheit fest. Sie betonte, dass OSS schlichtweg sicher entwickelt werden müsse und dann durch das Wissen und die Prüfung Dritter sogar sicherer als proprietäre Software sein könne. Sie bezeichnete es als eine „Anmaßung, den Nachbau von proprietären Produkten wie Microsoft Office auf deutschen Clouds als digital souverän zu bezeichnen“. Kastl empfahl, stattdessen die Office und Collaboration Suite openDesk des Zentrums für Digitale Souveränität (ZenDiS) zu nutzen.
Reales Risiko
Jutta Horstmann, Geschäftsführerin des ZenDiS, sprach von einem „massiven Kontrollverlust“. Die transatlantische Beziehung sei ab Januar (mit Trumps Amtsantritt) unvorhersehbar und es gebe ein reales Risiko, dass Daten abfließen und Dienste kompromittiert werden. Open Source sei der Schlüssel, um sich von Abhängigkeiten zu lösen. Auch mit Blick auf deutlich gestiegene Kosten für Softwarelizenzen lohne sich der Einsatz von OSS.
Der nächste Bundestag müsse verbindliche gesetzliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von OSS in Behörden schaffen, die Verankerung im Onlinezugangsgesetz (OZG) reiche Horstmann zufolge nicht aus. Sie sprach sich auch für einen vorgeschalteten „Souveränitäts-Check“ aus. Über das Budget des ZenDiS für 2025 gebe es noch Diskussionen. Womöglich stünden dem Zentrum weitere 34 Millionen Euro zu. Aktuell hätten sie 24 Stellen, welche für das nächste Jahr „in keiner Weise“ gefährdet seien. Sollte es keine zusätzlichen Mittel geben, könnten die angebotenen Lösungen „auf Sparflamme“ weiterbetrieben werden, informierte Horstmann. Das Geld reiche jedoch nicht für Innovationen und die Wahrnehmung des Gesamtauftrags aus.
Mitgestalter der IT
Peter H. Ganten von der Open Source Business Alliance (OSBA) hält die aktuelle Finanzierung des ZenDiS ebenfalls für „nicht befriedigend“. Er fordert außerdem, Mittel für proprietäre Software in OSS umzulenken und dies mittelfristig zu planen. Dies sei wichtig, damit sich die Industrie darauf einstellen könne. Seiner Meinung nach brauche es einen Rollenwechsel vom Konsumenten proprietärer Software zum aktiven Mitgestalter der eigenen IT-Infrastruktur. Dies sei eine anspruchsvolle Aufgabe. Ganten meint außerdem, die Kompetenzen zur Beschaffung von OSS in der Verwaltung müssten gebündelt werden.
Dr. Oliver Grün vom Bundesverband IT-Mittelstand machte hingegen darauf aufmerksam, dass Open Source und digitale Souveränität nicht gleichzusetzen seien. Das Problem sieht er in der Abhängigkeit von „Tech-Riesen aus dem Silicon Valley“. Die Lösung hierfür sei, die lokale Digitalwirtschaft in der Breite zu befähigen. Etwa 85 Prozent der deutschen Anbieter seien jedoch proprietäre Hersteller. Diese sollten Grün zufolge nicht ausgeschlossen werden.