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Zwischen Dienstsiegel und Dialog

Die Kommunikation öffentlicher Institutionen verändert sich rasant. Spätestens seit der letzten Bundestagswahl erkennen immer mehr Behörden und Verwaltungen Social Media als wertvolles Instrument der Öffentlichkeitsarbeit an. Doch wie gelingt der Spagat zwischen seriösem Auftreten und einer ansprechenden, nahbaren Kommunikation? Wie erreichen Behörden ihre Zielgruppen wirklich – und wie gehen sie mit Gegenwind um?

Die Erwartungen der Bevölkerung an staatliche Kommunikation haben sich verändert. Gerade jüngere Zielgruppen informieren sich kaum noch über klassische Kanäle, sondern über Plattformen wie Instagram, TikTok oder YouTube. Wer hier nicht sichtbar ist, wird schnell übersehen. Für Behörden bedeutet das: Wer Vertrauen aufbauen, Informationen streuen oder Verständnis für politische Entscheidungen schaffen will, muss dort präsent sein, wo die Menschen sich aufhalten – auch in digitalen Räumen.

Kommunikation mit Mehrwert

Doch Reichweite allein ist kein Selbstzweck. Social Media kann wesentlich mehr: Krisenkommunikation in Echtzeit, Einblick in Verwaltungsprozesse, Bürgernähe durch authentische Kommunikation oder das Aufbrechen von Vorurteilen gegenüber Behörden – die Chancen sind vielfältig. Voraussetzung ist allerdings ein klares Konzept und die Bereitschaft, sich auf den Charakter der jeweiligen Plattform einzulassen.

Interessen verstehen und ernst nehmen

Zielgruppengerechte Kommunikation beginnt mit dem Verständnis dafür, wen man eigentlich erreichen will. Junge Menschen auf Instagram erwarten andere Inhalte als Berufstätige auf LinkedIn. Facebook lebt von Service-Themen, TikTok vom Unterhaltungsgrad. Deshalb gilt: Je besser die Kommunikationsabteilung die Lebensrealitäten, Fragen und medialen Vorlieben ihrer Zielgruppen kennt, desto gezielter kann sie Inhalte gestalten, die auch wahrgenommen und geschätzt werden. Dafür braucht es Datenanalyse, Feedbackkultur – und definitiv auch den Mut, Dinge auszuprobieren.

Zwischen Unterhaltungswert und Seriosität

Eine der größten Herausforderungen für Behörden auf Social Media ist die Tonalität: Wie locker darf, wie sachlich muss man kommunizieren? Die gute Nachricht: Authentizität schlägt Perfektion. Bürgerinnen und Bürger erwarten heute nicht mehr nur Informationen, sondern auch Persönlichkeit. Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass jede Behörde plötzlich Memes posten oder TikTok-Tänze aufführen muss.

Der Schlüssel liegt in der Balance: Inhalte dürfen durchaus unterhaltsam sein, solange sie zum Absender passen. Ein augenzwinkernder Kommentar zur Arbeit im Ordnungsamt kann Nähe schaffen – solange er sachlich fundiert bleibt. Wichtig ist, die jeweilige Plattform ernst zu nehmen, ohne sich zu verbiegen.

Vertrauen aufbauen durch Krisenfestigkeit

Doch nicht jeder Beitrag wird mit positiven Kommentaren belohnt. Gerade in Sozialen Netzwerken sind Gegenwind und Kritik keine Seltenheit – ob wegen missverständlicher Formulierungen, politischer Entscheidungen oder schlicht schlechter Erfahrungen einzelner Bürgerinnen und Bürger. Wichtig ist, nicht in Abwehrhaltung zu verfallen.

Ein souveräner Umgang mit Kritik zeigt Größe – und trägt zur Vertrauensbildung bei. Wer sachlich, freundlich und transparent reagiert, statt zu löschen oder zu ignorieren, gewinnt langfristig. Auch das Eingestehen von Fehlern kann glaubwürdig wirken: „Wir haben dazugelernt, danke für den Hinweis“ – solche Sätze zeigen, dass eine Behörde nicht nur sendet, sondern auch zuhört.

Misserfolge gehören in der digitalen Kommunikation dazu. Nicht jeder Beitrag geht viral, manche Strategien funktionieren nicht wie geplant. Entscheidend ist, diese Erfahrungen auszuwerten und daraus zu lernen. Social Media ist kein starres Instrument, sondern ein dynamisches Feld, das ständige Anpassung und Weiterentwicklung erfordert.

Der Erfolgsfaktor

Professionelle Social Media-Kommunikation ist keine Nebenaufgabe, die „irgendwer mitmacht“. Sie braucht klare Zuständigkeiten, entsprechende Budgets, Weiterbildungsangebote – und vor allem Rückhalt aus der Führungsebene. Wenn Social Media als strategisches Kommunikationsinstrument begriffen wird, können auch Verwaltungsstrukturen davon profitieren: Prozesse werden transparenter, Entscheidungen nachvollziehbarer und die Verwaltung insgesamt bürgernäher.

Mut zur neuen Behördensprache

Social Media bietet Behörden eine große Chance, Nähe, Transparenz und Vertrauen aufzubauen – vorausgesetzt, sie nehmen die Plattformen ernst und begegnen ihrer Zielgruppe auf Augenhöhe. Der Weg dorthin führt nicht über perfektes Marketing, sondern über authentische Kommunikation, strategisches Vorgehen und den Mut, auch mal neue Töne anzuschlagen.

Dabei müssen Behörden keine Entertainer werden – aber sie sollten wissen, wie man Menschen erreicht. Zwischen Dienstsiegel und Dialog liegt eine neue Behördensprache, die sowohl seriös als auch menschlich sein darf. Wer sie beherrscht, wird gehört.

Autorin des Gastbeitrags ist Julia Binder, Social Media-Managerin bei der Landeshauptstadt Stuttgart.

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