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StartRechtKonsequenzen bei verletzter Verschwiegenheitspflicht

Konsequenzen bei verletzter Verschwiegenheitspflicht

Betriebs- und Personalräte erhalten im Rahmen ihrer Amtstätigkeit Kenntnis von teils höchst vertraulichen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, die sie gesetzlich grundsätzlich weder offenbaren noch verwerten dürfen. Ausnahmen gelten etwa gegenüber dem eigenen Gremium und betroffenen Beschäftigten. Die Grenzen sind in der Praxis vielfach fließend. Ein zu gesprächiges Personalratsmitglied läuft Gefahr, sich das Vertrauen der Beschäftigten, der Dienststelle sowie der übrigen Personalratsmitglieder zu verspielen.

Einzelfälle sind dies – wie ein Blick in die aktuelle Rechtsprechung zeigt – leider nicht. In Extremfällen droht der Ausschluss aus dem Personalrat, arbeits- bzw. disziplinarrechtliche Konsequenzen sowie ggf. sogar strafrechtliche Verfolgung. Der nachstehende Beitrag ordnet die denkbaren Konsequenzen ein.

Grundlagen und Inhalt der Verschwiegenheitspflicht

Die Verschwiegenheitspflicht aus Paragraf 11 Abs. 1 S. 1 BPersVG bzw. Paragraf 9 Abs. 1 LPVG NRW soll die Vertraulichkeit der „Angelegenheiten und Tatsachen“ schützen, die den Personalratsmitgliedern im Rahmen ihrer Aufgaben oder Befugnisse bekannt geworden sind. Darunter fallen sowohl Sachverhalte und Informationen, von denen der Personalrat durch die Dienststelle oder Beschäftigte Kenntnis erlangt hat, als auch personalratsinterne Vorgänge der Willensbildung, d.h. insbesondere Meinungsäußerungen sowie das Abstimmungsverhalten (BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 2006 – 6 PB 17.05, Rn. 17). Nicht erfasst werden offenkundige Tatsachen oder Angelegenheiten, die ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

Eine vergleichbare Regelung findet sich für Betriebsräte in Paragraf 79 BetrVG, wobei diese Regelung die Verpflichtung zur Geheimhaltung explizit auch auf den Zeitraum nach Ausscheiden aus dem Betriebsrat erstreckt.

Personalvertretungsrechtliche Konsequenzen

Die grobe Verletzung der Verschwiegenheitspflicht kann einen Ausschluss aus der Personalvertretung begründen (Paragraf 30 BPersVG, Paragraf 25 Abs. 1 LPVG NRW). Dafür ist ein entsprechender Antrag erforderlich. Antragsberechtigt ist neben dem Personalrat der Dienststellenleitende, ein Viertel der Wahlberechtigten oder eine in der Dienststelle vertretene Gewerkschaft. Stellt der Personalrat den Ausschlussantrag, bedarf es eines wirksam gefassten Beschlusses, wobei das auszuschließende Mitglied nicht stimmberechtigt ist. An seiner Stelle nimmt ein Ersatzmitglied an der Beschlussfassung teil. Der begründete Antrag wird schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht gestellt, in dessen Bezirk die Dienststelle ihren Sitz hat. Mit den inhaltlichen Anforderungen an den Ausschluss befasste sich jüngst das VG München (Beschluss vom 12. Dezember 2024 – M 20 P 24.4285) sowie das OVG Bremen (Beschluss vom 2. April 2025 – 6 B 78/25).

I. Ausschluss aus der Personalvertretung

Eine grobe Verletzung der Verschwiegenheitspflicht liegt vor, wenn der Verstoß von einem solchen Gewicht ist, dass dadurch das Vertrauen in eine künftige ordnungsgemäße Amtsführung zerstört oder zumindest schwer erschüttert wird. Bereits der einmalige Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht ist geeignet, das Vertrauen in diesem Maße zu zerstören.

In der Vergangenheit wertete die Rechtsprechung beispielsweise die Offenlegung von Wahlergebnissen (VGH Bayern, Beschluss vom 03. Mai 2022 – 17 P 21.3277, Rn. 27) als Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht. Bereits die Weitergabe von nur vermutetem Abstimmungsverhalten kann genügen (BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 2006 – 6 PB 17.05, Rn. 18).

Nach der Rechtsprechung können selbst Pflichtverletzungen aus der vergangenen Wahlperiode geeignet sein, wenn sie Ausdruck eines Persönlichkeitsbildes sind und weitere Verstöße dieser Art und eine Gefährdung des Betriebsfriedens dadurch als sicher zu befürchten sind (VG München, Beschluss vom 12. Dezember 2024 – M 20 P 24.4285).

Maßgeblich bleibt aber stets die konkrete Einzelfallabwägung. Die Abwägung berücksichtigt, ob es sich um einen einmaligen Verstoß handelt, eine Wiederholungsgefahr besteht und welche Relevanz die konkrete Pflichtverletzung hat.

Das VG München lehnte im vorliegenden Fall den Personalratsausschluss ab. Die vorgebrachten Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht (u.a. unsaubere Aktenführung, Weitergabe von Informationen über eine beabsichtigte Wiedereinstellung und E-Mail-Kommunikation innerhalb des Gremiums auch über teils private E-Mail-Adressen) genügten den Anforderungen an eine grobe Verletzung nicht. Es fehle vor allem an der objektiven Erheblichkeit der Pflichtverletzung, da die weitergegebenen Daten im konkreten Fall bereits einige Jahre alt waren. Schließlich genüge der Verstoß aus der vorangegangenen Wahlperiode nicht, da das betroffene Personalratsmitglied nicht mehr die Vorsitzfunktion innehabe.

Eng verknüpft mit der Verschwiegenheitsverpflichtung ist auch der datenschutzkonforme Umgang der Mitbestimmung mit sensiblen Daten. Die Rechtsprechung schlägt hier einen zunehmend restriktiven Trend an. Der Versand einer umfangreichen Personalliste an die eigene private E-Mail-Adresse kann den Ausschluss des Vorsitzenden aus dem Betriebsratsgremium rechtfertigen (LAG Hessen, Urteil vom 10. März 2025 – 16 TaBV 109/24). Erfahrungsgemäß werden solche Verstöße gerade von Personal- und Betriebsräten oftmals noch als Kavaliersdelikte verstanden.

II. Vorläufige Untersagung der Tätigkeit möglich

Ein vorläufiger Ausschluss des Personalratsmitglieds bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens ist möglich, wenn die Zusammenarbeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung nicht mehr zumutbar ist. Maßgeblich ist auch hier eine umfassende Interessenabwägung, in die nach dem OVG Bremen die bisherige Zusammenarbeit, die Häufigkeit der Pflichtverletzung und das Bestehen einer Wiederholungsgefahr bis zum Abschluss des Hauptverfahrens einzustellen sind. Handelt es sich um eine einmalige Pflichtverletzung im Laufe einer langjährigen Zusammenarbeit, ist das Abwarten des Hauptverfahrens nach dem OVG Bremen regelmäßig zumutbar.

Arbeits- und dienstrechtliche Konsequenzen

Werden solche Angelegenheiten, von denen das betroffene Mitglied im Rahmen seiner Personalratstätigkeit Kenntnis erlangt hat, weitergegeben, liegt darin regelmäßig auch eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Verschwiegenheitspflicht. Daneben kann auch die (reine) Missachtung der personalvertretungsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht in Einzelfällen eine schwere Verletzung der Pflicht zur Wahrung von Treu und Glauben im Arbeitsverhältnis darstellen. Letzteres ist beispielsweise der Fall, wenn das Personalratsmitglied die Presse bewusst und vorsätzlich falsch informiert (vgl. BAG, Urteil vom 16. September 1987 – 5 AZR 254/86, Rn. 14). Als Sanktion kommen arbeitsrechtlich sowohl der Ausspruch einer Abmahnung als auch einer (fristlosen) Kündigung in Betracht.

Dienstrechtliche Konsequenzen sind möglich, wenn die Verletzung der personalvertretungsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht einen Verstoß gegen dienstliche Pflichten darstellt. In Betracht kommt die Verletzung der beamtenrechtlichen Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten nach Paragraf 61 Abs. 1 S. 3 BBG bzw. Paragraf 34 Abs. 1 S. 3 BeamtStG (BVerwG, Urteil vom 23. Februar 1994 – 1 D 65/91 unter 4.). Wird dies bejaht, kann ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden.

Schadensersatzanspruch und Strafbarkeit

Ein Personalratsmitglied kann sich sowohl gegenüber der Dienststelle als auch gegenüber demjenigen, dessen Angelegenheit bekanntgegeben wurde, schadensersatzpflichtig machen. Die gesetzlichen Verschwiegenheitsverpflichtungen sind Schutzgesetze.

Gleichzeitig können die Straftatbestände der Verletzung von Privatgeheimnissen nach Paragraf 203 Abs. 2, Abs. 5 StGB, der Verwertung fremder Geheimnisse nach Paragraf 204 StGB sowie der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht nach Paragraf 353b Abs. 1 Nr. 3 StGB einschlägig sein.

Für die Praxis

Gerade Vorsitzende des Personal- oder Betriebsrats verfügen aufgrund ihrer Funktion und häufig auch ihrer langjährigen Tätigkeit über umfassende Detailkenntnisse zu Abläufen und Personalien. Nicht selten besitzen sie auch Herrschaftswissen gegenüber dem ZA-Bereich. Die in der Praxis häufig vorkommende Weitergabe vertraulicher Informationen ist gesetzlich strikt reglementiert und zuletzt mehrfach von Dienststellen gerichtlich überprüft worden lassen.

Personal- und Betriebsräte sind daher gut beraten, die Vorgaben ernst zu nehmen, um insbesondere den Ausschluss aus dem Gremium zu vermeiden, aber auch das Vertrauen in die Amtsführung nicht zu untergraben. Für Dienststellen lohnt sich ein genauerer Blick auf die Sachverhalte, bei denen die Weitergabe vertraulicher Informationen vermutet wird.

Der Autor dieses Gastbeitrages ist Dr. Michel Hoffmann, LL.B. von der Küttner Rechtsanwälte Partnergesellschaft.

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