Extremistische Strömungen in der Gesellschaft machen nicht vor der Verwaltung halt. Im Grundgesetz ist das System der „wehrhaften Demokratie“ angelegt. Dieses hat – nach den Worten des Bundesverfassungsgerichts 2017 in dem Verbotsverfahren gegen die NPD – die Aufgabe, sicherzustellen, dass „Verfassungsfeinde nicht unter Berufung auf die Freiheiten, die das Grundgesetz gewährt und unter ihrem Schutz, die Verfassungsordnung oder den Bestand des Staates gefährden, beeinträchtigen oder zerstören“.
Das gilt in besonderem Maße für den Schutz der freiheitlichdemokratischen Grundordnung gegen ihre Aushöhlung von innen durch Extremisten im Öffentlichen Dienst. Bundesbeamtengesetz und Beamtenstatusgesetz verlangen deswegen schon für die Berufung in ein Beamtenverhältnis von den Bewerberinnen und Bewerbern die Gewähr, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Das gilt sowohl für die erstmalige Berufung in das Beamtenverhältnis als auch während des Beamtenverhältnisses.
Verschärfte Verfahren
Das Bundesministerium des Innern hat angesichts der gegenwärtig (anders als in den 1970er Jahren) viel stärker von rechts drohenden Gefahren für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im März 2022 den „Aktionsplan gegen Rechtsextremismus“ vorgestellt. Dieser enthält im Sinne einer Best Practice einen Katalog von 13 Maßnahmen, zu denen auch die Entfernung von Verfassungsfeinden aus dem Öffentlichen Dienst gehört. Nach den Angaben des BMI wird der Aktionsplan konsequent umgesetzt und habe auf „vielen Feldern bereits wichtige Fortschritte gebracht“.
Ein wichtiges Instrument für die Bekämpfung extremistischer Bestrebungen im Öffentlichen Dienst bleibt das Disziplinarrecht, das im Zuge dieses Aktionsplans auf Bundesebene zum 1. April 2024 geändert worden ist, um zügigere Verfahren zu gewährleisten. Dass disziplinarrechtliche Konsequenzen nicht erst drohen, wenn die beamtenrechtliche Verfassungstreuepflicht verletzt ist, sondern schon dann, wenn Äußerungen einer Beamtin oder eines Beamten diese Schwelle noch nicht überschreiten und „nur“ als Verletzung der beamtenrechtlichen Wohlverhaltenspflicht angesehen werden können, zeigt ein aktuelles Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Oktober 2025 (Az. 2 A 6.24).
In Vorbildfunktion
Ein beamteter Professor im Geschäftsbereich des BND, tätig an einer Hochschule des Bundes, veröffentlichte im Jahr 2021 das Buch „Kulturkampf um das Volk. Der Verfassungsschutz und die nationale Identität der Deutschen“. Nach Einholung eines Gutachtens und Durchführung des behördlichen Disziplinarverfahrens erließ der BND eine Disziplinarverfügung, mit der dem Beamten die Dienstbezüge für die Dauer von zwei Jahren um ein Zehntel gekürzt wurden. In dem Buch hatte der Beamte zu deutschen Staatsangehörigen mit türkischen Wurzeln geäußert, so die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts, dass es sich bei diesen teilweise um „Türken mit einem deutschen Pass“ handele, die „in ehrlicher Weise“ ihre Identität lebten und als Patrioten für ihre Heimat einstünden – „dies ist die Türkei“.
Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu festgestellt, dass der Beamte „eine bewertende Abstufung deutscher Staatsangehöriger“ vornehme. Damit beeinträchtige der Professor das für die Ausübung der Dienstpflichten erforderliche Vertrauen seines Dienstherrn und der Studierenden darin, dass er seinem dienstlichen Auftrag und der damit verbundenen Vorbildfunktion gerecht werde. Von dieser Pflicht werde er nicht durch die vom Grundgesetz geschützte Wissenschaftsfreiheit freigestellt. Es müsse berücksichtigt werden, dass der Beamte vornehmlich mit der Aus- und Fortbildung von Anwärtern und Beamten des gehobenen Dienstes betraut sei. Das Urteil erscheint auf den ersten Blick sehr streng, ist aber gerade mit Blick auf die Aufgabe des beamteten Professors, nämlich den Nachwuchs für die Verwaltung aus- und fortzubilden, konsequent. Das Grundgesetz kennt keine Abstufungen deutscher Staatsangehörigkeit.
Autor des Gastbeitrags ist Dr. Ralph Heiermann, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Arbeitsrecht.




