49 oder 58 Euro, was macht das für einen Unterschied? Im Fall des Deutschlandtickets soll die preisliche Erhöhung die Länder und Kommunen entlasten, aber noch attraktiv für die Nutzerinnen und Nutzer sein.
Mitte September berieten sich die Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister von Bund und Ländern in einer Sondersitzung zum Deutschlandticket. Das Ergebnis: eine Erhöhung um neun Euro ab 2025. Die Länder und Verkehrsverbünde sind gespaltener Meinung. So ist der Verkehrsverbund Rhein-Sieg der Ansicht, dass die Erhöhung zwar noch nicht alle Kosten decken würde, allerdings eine gute Basis darstelle und Planungssicherheit für das kommende Jahr gebe. Bayern hingegen hätte sich eine Erhöhung auf 64 Euro gewünscht. Für den nordrhein-westfälischen Verkehrsminister Oliver Krischer ist dies ein zufriedenstellendes Ergebnis. Für ihn sei klar gewesen, dass man ab 2025 um eine Preissteigerung nicht herumkomme, denn auch das Deutschlandticket unterliege wie alle anderen Tickets der Kostensteigerung. Für ihn ist die Erhöhung aber maßvoll: „Mit diesem Preis schaffen wir es, das Ticket weiter attraktiv zu halten und die Finanzierung auf solide Füße zu stellen.“
Ob das stimmt, wird sich noch zeigen müssen. Denn durch die wegfallenden Einnahmen durch Einzeltickets und andere Ticketoptionen hatten viele Kommunen und Verkehrsverbünde mit der Finanzierung des Deutschlandtickets zu kämpfen. Ein Landkreis, in dem der Fortbestand des Deutschlandtickets bereits Ende 2023 nicht mehr sicher war, ist Stendal in Sachsen- Anhalt. Die Begründung war simpel: Mit den damaligen Prognosen musste der Landkreis davon ausgehen, dass die Mindereinnahmen für 2024 nicht vollständig ausgeglichen und für das Ticket gegebenenfalls Gelder aus dem Landkreishaushalt zufließen müssten. Dies habe man noch abwenden können, da die Kosten für das Ticket unter anderem durch Mehreinnahmen aus der allgemeinen Landeszuweisung für die Finanzierung der Verkehrsleistungen im Öffentlichen Straßenpersonennahverkehr (ÖSPV) ausgeglichen worden seien, erklärt ein Pressesprecher des Landkreises. Nun müsse man die Auswirkungen der Preissteigerung beim Deutschlandticket zunächst prüfen, um die finanziellen Auswirkungen abschätzen zu können. Doch eines ist für Stendal klar: „Bund und Länder müssen für einen vollständigen finanziellen Ausgleich der entstehenden Mindereinnahmen sorgen. Das finanzielle Risiko darf bei einer Fortsetzung des Deutschlandtickets nicht bei den Landkreisen und kreisfreien Städten liegen.“
Auswirkungen für die Nutzenden
Mit der Preissteigerung um 18 Prozent sind aber nicht alle einverstanden. Der ökologische Verkehrsclub VCD hält diese beispielsweise für einen Fehler. Sie sei sogar eine Bedrohung für die angestrebte Verkehrswende, meint die Bundesvorsitzende des VCD, Kerstin Haarmann. Dabei beruft sich der Verkehrsclub auf eine Studie des Kopernikus-Projekts Ariadne, denn der „Ariadne D-Ticket Impact Tracker“ zeigt die Auswirkungen des Deutschlandtickets auf Mobilität, Emissionen und mögliche Reaktionen auf die Preiserhöhung. Laut der Studie ist die Nutzung von Zugstrecken von über 30 Kilometern mit 30,4 Prozent deutlich gestiegen, während die Autonutzung um 7,6 Prozent gesunken sei. Aus der stabil gebliebenen Anzahl der zurückgelegten Wege mit unterschiedlichen Fortbewegungsmitteln (wie Rad, Auto oder Zug) ergebe sich beim Gesamtanteil der genutzten Zugstrecken auf die Gesamtzahl aller Wege eine Steigerung von zehn auf etwa zwölf Prozent. Dadurch sei ein Rückgang der gesamten Verkehrsemissionen um etwa 6,7 Millionen Tonnen zu verzeichnen.
Die Studie sagt außerdem einen Rückgang der Nutzung des Deutschlandtickets durch die Preiserhöhung voraus. Die Zugnutzung werde vermutlich um 14 Prozent sinken und die Anzahl der mit dem Auto zurückgelegten Kilometer um 3,5 Prozent zunehmen. Die im ersten Jahr des Deutschlandticket erreichte Emissionsminderung werde mit diesem Rückgang fast halbiert. Wie der VCD erklärt, habe eine zusätzliche Untersuchung von Bund und Ländern gezeigt, dass bei einer Preiserhöhung um zehn Euro bis zu 21 Prozent der Nutzenden ihr Ticket kündigen würden. Zudem sei die Finanzierung des Tickets ab 2026 wieder offen, was zu weiteren Unsicherheiten führe.
„Statt den Preis zu erhöhen, sollten die Länder Jugend- und Sozialtickets auf das Deutschlandticket ausrichten und so weitere Abos generieren. Hamburg macht es vor. Der Bund sollte seinen Anteil an der Finanzierung erhöhen und zum Ausgleich umweltschädliche Subventionen abbauen“, fordert Haarmann. Die Ampel-Regierung habe versprochen, die Anzahl der Fahrgäste auf den Schienen bis 2030 zu verdoppeln. „Daraus wird nichts, wenn sie weiter ihre eigenen Erfolgsprojekte sabotiert“, schließt die VCD-Bundesvorsitzende.