Befristete Arbeitsverhältnisse sind im Arbeitsleben von großer praktischer Bedeutung. Damit dabei auch die Interessen der Arbeitnehmer*innen gewahrt bleiben, schreiben die §§ 72 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 66 Abs. 1 S. 1 LPVG NW unter anderem vor, dass eine Befristung von Arbeitsverträgen nur mit der Zustimmung des Personalrats möglich ist.
In einer neueren Entscheidung hat das LAG Düsseldorf am 7. November 2023 (14 Sa 526/23) den Umfang der Informationspflicht der öffentlichen Arbeitgeber gegenüber dem Personalrat in diesen Konstellationen konkretisiert. Demnach sei es entscheidend, dass der Personalrat so weitreichend unterrichtet wird, dass er allein auf der Grundlage der vorliegenden Informationen vollumfänglich prüfen kann, ob die beabsichtigte Befristung wirksam ist. Hierzu gehöre insbesondere auch die Information über Vorbeschäftigungszeiten.
Fehlender Hinweis auf Vorbeschäftigungszeiten
Der Kläger war seit August 2014 auf der Grundlage mehrerer aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der beklagten Universität, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, beschäftigt. Bei der Beklagten besteht ein wissenschaftlicher Personalrat. Vor einer weiteren geplanten Befristung vom 27. November 2019 bis zum 30. November 2022 beantragte die Beklagte die Zustimmung des wissenschaftlichen Personalrats zu dieser geplanten Maßnahme. Das entsprechende Schreiben enthielt einen ausdrücklichen Hinweis auf eine „Weiterbeschäftigung“ des Klägers. Angaben zu konkreten Zeiten der Vorbeschäftigung waren indes nicht enthalten.
Der wissenschaftliche Personalrat stimmte der beabsichtigten Befristung zu, woraufhin ein neuer befristeter Arbeitsvertrag zwischen dem wissenschaftlichen Mitarbeiter und der Universität geschlossen wurde.
Der wissenschaftliche Mitarbeiter erhob am 21. November 2022 Klage beim Arbeitsgericht Wuppertal und wandte sich gegen die Wirksamkeit der Befristungsabrede im zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrag. Sein Begehren stützte er unter anderem im Wesentlichen darauf, dass der wissenschaftliche Personalrat unzureichend unterrichtet worden sei. Insbesondere hätte die Beklagte den wissenschaftlichen Personalrat über die konkreten Vorbeschäftigungszeiten des Klägers informieren müssen.
Die beklagte Universität wandte dagegen ein, dass der Personalrat selbst keine unzureichende Unterrichtung der Anhörung beanstandet habe, sodass sich auch der Kläger hierauf nicht berufen könne.
Das Arbeitsgericht Wuppertal hat der Befristungskontrollklage stattgegeben. Die Beklagte legte daraufhin Berufung beim LAG Düsseldorf ein.
Die Entscheidung des LAG Düsseldorf
Das LAG Düsseldorf folgt in seinem Urteil nunmehr der Entscheidung des erstinstanzlich zuständigen Arbeitsgerichts Wuppertal und wies die Berufung als unbegründet zurück. Die Befristung sei wegen unzureichender Unterrichtung des Personalrats unwirksam, da die Beklagte auch über die Vorbeschäftigungszeiten des Klägers hätte informieren müssen.
Das Erfordernis der Zustimmung des Personalrats und die korrespondierende Unterrichtungspflicht des öffentlichen Arbeitgebers ergeben sich in Nordrhein-Westfalen aus §§ 72 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 66 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 LPVG NW.
Das LAG Düsseldorf führt in seinem Urteil aus, dass der wissenschaftliche Personalrat im Rahmen der Befristungskontrolle auch die Einhaltung einer gesetzlich zulässigen Befristungsdauer (hier: § 2 Abs. 1 WissZeitVG) als Wirksamkeitsvoraussetzung prüfe. Bestandteil der Überprüfung sei daher auch die Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten des Klägers. Die erforderlichen Informationen müsse der öffentliche Arbeitgeber dem Personalrat auch ohne Aufforderung zukommen lassen. Dies sei hier nicht erfolgt. Ohne konkrete Angaben zu den Vorbeschäftigungszeiten sei es dem Personalrat nicht möglich gewesen, zu überprüfen, ob die insgesamt zulässige Befristungsdauer durch die streitgegenständliche Befristung noch eingehalten werde.
Soweit sich die Beklagte darauf beruft, die Vorbeschäftigungszeiten des Klägers seien dem Personalrat bereits aufgrund einer vorherigen Anhörung bekannt gewesen, weist das LAG Düsseldorf in seinem Urteil darauf hin, dass es nicht Aufgabe des Personalrats sei, zu den einzelnen Beschäftigten Informationen zu sammeln oder aus vergangenen Angelegenheiten selbst zu beschaffen. Vielmehr obliege es dem öffentlichen Arbeitgeber, den Personalrat hinreichend über alle mit einer beabsichtigten Befristung zusammenhängenden Informationen zu unterrichten. Dieser Ansatz kann auch auf den Wortlaut des § 66 Abs. 2 S. 1 LPVG NW gestützt werden und ist Voraussetzung für eine wirksame Zustimmung des Personalrats. Im Ergebnis war die Befristung des zuletzt geschlossenen Vertrages aus dem Jahr 2019 somit unwirksam und die beklagte Universität wurde verpflichtet, den Kläger als wissenschaftlichen Mitarbeiter zu den bisherigen Bedingungen weiter zu beschäftigen.
Besonderheit in Nordrhein-Westfalen?
Normativer Anknüpfungspunkt für die Ausführungen des LAG Düsseldorf sind die §§ 72 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 66 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 LPVG NW. In Nordrhein-Westfalen erstreckt sich die Mitbestimmung des Personalrats demnach unter anderem ausdrücklich über die Einstellung hinaus auf die Befristung von Arbeitsverträgen. Die Nichtbeachtung bzw. Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats führt zur Unwirksamkeit der Befristungsabrede. Insoweit hat der Landesgesetzgeber die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers auch im Hinblick auf die inhaltliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses eingeschränkt.
Die Einführung einer solchen Regelung war keinesfalls zwingend. Die korrespondierenden Regelungen im Bundespersonalvertretungsgesetz (§ 78 BPersVG) sowie in einzelnen Landespersonalvertretungsgesetzen, wie z.B. in Bayern (Art. 75, 76 BayPVG), Hessen (§§ 75, 77 HPVG), Sachsen (§ 80 SächsPersVG) und Sachsen-Anhalt (§§ 66 ff. PersVG LSA), sehen jeweils kein Mitbestimmungsrecht des Personalrats im Hinblick auf Befristungen von Arbeitsverträgen vor. Auch den Betriebsräten steht ein derartig weites Mitbestimmungsrecht bei Befristungen nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) nicht zu. Hier ist lediglich die Einstellung gemäß § 99 BetrVG mitbestimmungspflichtig.
Das Personalvertretungsgesetz in Rheinland-Pfalz enthält zwar grundsätzlich einen Mitbestimmungstatbestand bezüglich der Zeit- oder Zweckbefristung des Arbeitsverhältnisses (§ 78 Abs. 2 Nr. 2 LPersVG). Der Hochschulbereich, in dem der Kläger tätig war, ist davon aber ausgenommen.
Demgegenüber gibt es auch Bundesländer, deren Personalvertretungsgesetze zumindest in ähnlichem Maße wie in Nordrhein-Westfalen eine Mitbestimmung des Personalrats im Zusammenhang mit Befristungen voraussetzen. Beispielhaft sind hier etwa Brandenburg (§ 63 Abs. 1 Nr. 4 PersVG BB), Niedersachsen (§ 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG), Baden-Württemberg (§ 75 Abs. 1 Nr. 2 LPersVG BW) und Thüringen (§ 73 Abs. 1 Nr. 3 ThürPersVG) zu nennen. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Rechtsprechung des LAG Düsseldorf auch in diesen Bundesländern übertragbar wäre.
Die Mitbestimmung als Schutz der Arbeitnehmer*innen
Das LAG Düsseldorf führt aus, der Personalrat müsse so informiert werden, dass er sein Mitbestimmungsrecht wahrnehmen könne. Was auf den ersten Blick wie eine offensichtliche Feststellung erscheint, ist bei näherer Betrachtung eine Konkretisierung der Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers mit Blick auf den Schutzzweck, der der Beteiligung des Personalrats zugrunde liegt.
Die Mitbestimmung dient (namentlich) insbesondere der Wahrung des Interesses der Mitarbeiter*innen an dauerhaften arbeitsvertraglichen Bindungen und ihrem Schutz. Zwar ist für wissenschaftliche Mitarbeiter*innen zur Anfertigung einer Promotion an einer Hochschule keine unbefristete Beschäftigung vorgesehen. Vor dem Hintergrund der hohen praktischen Relevanz von Befristungen entspricht es aber nach Auffassung des LAG Düsseldorf dem Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts, im Interesse der Beschäftigten zu prüfen, ob nicht die Möglichkeit einer längeren Vertragslaufzeit bestanden hätte. In Anbetracht der zulässigen Gesamtbefristungsdauer sind daher zwingend auch die Vorbeschäftigungszeiten zu berücksichtigen.
Zudem soll der Personalrat auch bei Vorliegen einer Rechtfertigung für die Befristung darauf Einfluss nehmen können, ob im Interesse der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers von einer Befristung abgesehen oder eine längere Vertragslaufzeit vereinbart werden kann. Diese allgemeinen Grundsätze des Mitbestimmungsrechts gelten auch im vorliegenden Fall im Rahmen des WissZeitVG.
Insgesamt wird der Wille des Landesgesetzgebers in Nordrhein-Westfalen deutlich, den Interessen der Arbeitnehmer*innen in möglichst hohem Maße Rechnung zu tragen. Vor diesem Hintergrund sind daher auch die Vorschriften §§ 72 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 66 Abs. 1 S. 1 LPVG NW zu lesen. Am Beispiel der Vorbeschäftigungszeiten der Beschäftigten bedeutet dies etwa, dass alle damit zusammenhängenden Informationen mit dem Antrag auf Zustimmung gebündelt zur Verfügung gestellt werden müssen. Ansonsten ist eine Befristung selbst dann aufgrund unzureichender Unterrichtung des Personalrats unwirksam, wenn der Personalrat der Befristung im weiteren Verlauf zustimmt.
Öffentliche Arbeitgeber sind daher gut beraten, stets im Detail zu prüfen, welche Informationen sie dem Personalrat insbesondere in Mitbestimmungsangelegenheiten vorlegen müssen, damit die Maßnahme wirksam ist und nicht nachträglich unschöne Überraschungen drohen.
Die Autorin des Gastbeitrags ist Julia Füllmann von der Küttner Rechtsanwälte Partnergesellschaft.





