(BS/Mirjam Klinger/Anna Ströbele) Die sozialen Netzwerke Facebook, X und TikTok stehen wieder einmal im Fokus der Aufmerksamkeit. Hier verbreiten interne und externe Akteure Desinformation, um die Meinungsbildung zu beeinflussen, Stimmen zu gewinnen und das Vertrauen in den Staat zu untergraben. Den deutschen Sicherheitsbehörden ist die Gefahr nicht neu. Wie haben sie sich auf die Bundestagswahl 2025 vorbereitet – und reicht dies aus, um die Wahl im Februar effektiv zu schützen?
In Rumänien ist passiert, wovor Expertinnen und Experten schon länger warnen: Ein hybrider Angriff soll die Ergebnisse der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen beeinflusst haben. Das rumänische Verfassungsgericht erklärte die Wahl anschließend für ungültig. Weil die Manipulation über TikTok ablief, eröffnete die Europäische Kommission letzten Dezember ein drittes Verfahren gegen die Plattform (Behörden Spiegel berichtete). Untersucht werde, ob TikTok gegen den Digital Services Act (DSA) verstoßen habe, indem das Unternehmen Wahlrisiken nicht bekämpft habe, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Neben TikTok beobachtet die EU-Kommission auch Facebook und X. Denn auch hier findet Desinformation statt, also die gezielte Verbreitung von falschen Informationen, um Menschen zu beeinflussen.
Dr. Gregor Wiedemann ist Senior Researcher Computational Social Sciences am Hans-Bredow-Institut (HBI). Im Rahmen des Projekts NOTORIOUS wertete ein Forschungsteam die Social-Media-Beiträge von Landtags- und Bundestagsabgeordneten hinsichtlich des Klimadiskurses aus. Dabei fiel auf, dass AfD-Politikerinnen und -politiker Falschinformationen verbreiteten. Nutzende teilten diese Beiträge und verschafften der AfD damit eine höhere Reichweite. „Wichtig ist gar nicht, ob die AfD-Politiker die Informationen selbst glauben. Sie erreichen mit dieser Strategie Personen, die für diese Art von Inhalten empfänglich sind und ihre Positionen im politischen Mainstream nicht wiederfinden“, erläutert Wiedemann. Für demokratische Parteien sei es schwer, diese Menschen zum Beispiel über Fakten-Checks oder anderweitige Aufklärung zu erreichen. So werde die Demokratie „massiv untergraben“ – in den Augen des Forschers die größte Gefahr von Desinformation.
Die Vorbereitungen laufen
Bereits im November 2024 machte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) auf mögliche Gefahren während der kommenden Bundestagswahl aufmerksam. Besonders warnten die Verfassungsschützer vor Einflussversuchen aus Russland. Um dem entgegenzuwirken, arbeitet das BfV unter anderem mit dem Bundeskriminalamt (BKA), dem Bundesinnenministerium (BMI) und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zusammen.
Die Präsidentin des BSI, Claudia Plattner, äußerte sich auf dem IT-Sicherheitstag NRW optimistisch: „Die Bundestagswahl hält uns in Atem. Ich glaube, wir sind dafür gut aufgestellt. Jedenfalls sind wir maximal vorbereitet.“ Das BSI informiert und berät die Bundes- und Landeswahlleitungen, Kandidierende sowie Parteien. Im Fokus stehen dabei Szenarien illegitimer ausländischer Einflussnahme sowie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Fälschung von Informationen, z. B. mittels Deepfakes.
Neue Herausforderung
Der Innenminister Nordrhein-Westfalens, Herbert Reul (CDU), erklärte gegenüber dem Behörden Spiegel hinsichtlich der Vorbereitung auf die Wahl: „Wir intensivieren die Maßnahmen, die wir bereits etabliert haben.“ Die Art der Angriffe stelle jedoch eine neue Herausforderung dar, auf die die Sicherheitsbehörden noch nicht ausreichend vorbereitet seien. Es brauche „neue rechtliche Rahmenbedingungen“, eine bessere technische Ausstattung und qualifizierte Experten, betonte Reul.
Das NOTORIOUS-Forschungsteam erhebt nun auch Daten von TikTok und zur Bundestagswahl. Am 5. Dezember 2024 ordnete die EU-Kommission eine Vorratsdatenspeicherung bei TikTok an, um Beweise in Zusammenhang mit der rumänischen Wahl sowie künftigen Wahlen in der EU zu sichern. Wie die Bundestagswahl Ende Februar ablaufen wird, ist noch offen. Sicher ist, dass reichlich Informationen darüber gesammelt werden – und dass der große Einfluss der sozialen Netzwerke im Jahr 2025 nicht mehr unterschätzt wird.





