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StartRechtElternzeit gleich Wechselschichtdienst?

Elternzeit gleich Wechselschichtdienst?

Die Beamtengesetze der Länder sehen für Beamtinnen und Beamte, die über eine Mindestzeit von 25 Jahren Wechselschichtdienst (bei der Polizei, bei der Feuerwehr, im Justizvollzug) geleistet haben, vor, dass für sie eine um ein Jahr herabgesetzte Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand gilt. Wechselschichtdienst liegt vor, wenn nach einem Schichtplan die tägliche Arbeitszeit regelmäßig zwischen Früh-, Spät- und Nachtdienst wechselt. Mit dem vorgezogenen Altersruhestand soll den besonderen gesundheitlichen Anforderungen an die Jahre im Wechselschichtdienst Rechnung getragen werden.

Freigestellt

Eine Polizeibeamtin aus Nordrhein-Westfalen, die über Jahre Wechselschichtdienst geleistet hatte und zwischendurch Mutter geworden war, machte geltend, dass die von ihr genommene Elternzeit von zweieinhalb Jahren auf ihre Dienstzeit im Wechselschichtdienst anzurechnen sei. So hätte sie die Mindestdienstzeit von 25 Jahren Wechselschichtdienst erreicht und für sie wäre die Regelung über die besondere vorgezogene Altersgrenze aufgrund des langjährigen Wechselschichtdienstes anzuwenden gewesen. Der Gedanke liegt aus praktischen Gründen nahe. Denn gerade die ersten Lebensjahre eines Kindes, in denen regelmäßig die Elternzeit stattfindet, bedeuten nicht nur täglichen, sondern regelmäßig auch anschließenden nächtlichen Einsatz.

Diese Auffassung teilte der Dienstherr nicht und lehnte eine Anrechnung ab. Auch die Klage beim Verwaltungsgericht blieb erfolglos. Vor dem Oberverwaltungsgericht erhielt die Klägerin im Anschluss mit ihrer Berufung recht. In letzter Instanz hat sich nun am 26. Juni 2025 das Bundesverwaltungsgericht mit der Frage der Anrechnung der Elternzeit auseinandergesetzt.

Das Bundesverwaltungsgericht musste die Frage beantworten, ob sich eine Verpflichtung zur Anrechnung der Elternzeiten auf die Zeiten im Wechselschichtdienst aus der Richtlinie 2019/1158/EU ergibt. Diese Richtlinie soll die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige sowie die Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsplatz fördern. Die Richtlinie sieht unter anderem vor, dass Mütter und Väter, die aus der Elternzeit an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, Bedingungen vorfinden, die für sie nicht weniger günstig sind als die, auf die sie Anspruch gehabt hätten, wenn sie Elternzeit nicht in Anspruch genommen hätten. Das gilt auch für zwischenzeitlich eingetretene verbesserte Arbeitsbedingungen.

Dienstliche Belastung

Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Dienstherrn recht gegeben. Entscheidend ist dabei nicht eine Bewertung der tatsächlichen Belastung von Müttern durch die Kinderbetreuung und eine Vergleichbarkeit mit Wechselschichtdienst gewesen. Das liegt deswegen auf der Hand, weil es sich nicht um eine dienstliche Belastung handelt. Das Gericht hebt vielmehr nach der bisher allein vorliegenden Pressemitteilung hervor, dass die besondere Altersgrenze für die durch langjährigen Wechselschichtdienst belasteten Polizeibeamten von diesen Bedingungen nach der Richtlinie 2019/1158/EU nicht erfasst werde. Der Landesgesetzgeber trage vielmehr mit der Regelung über die herabgesetzte Altersgrenze der vorzeitigen Abnahme der Leistungsfähigkeit von Beamtinnen und Beamten Rechnung. Typischerweise folge diese aus den mit dem langjährigen Wechselschichtdienst verbundenen gesundheitlichen Belastungen.

Die Entscheidung ist im Hinblick auf die Zielrichtung der EU-Richtlinie überraschend. Das Oberverwaltungsgericht hatte ausführlich begründet, dass die landesgesetzliche Bestimmung unionsrechtskonform mit der Richtlinie 2019/1158/EU ausgelegt werden müsse. Diese verlange in Bezug auf etwaige Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, Phasen der Elternzeit nach ihrer Beendigung im wiederaufgelebten Beschäftigungsverhältnis so zu behandeln, als wäre es nicht zur Freistellung von der Dienstpflicht gekommen. Was das Bundesverwaltungsgericht der schlüssigen Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Einzelnen entgegenhält und warum es die Frage nicht dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt hat, wird erst in dem noch nicht vorliegenden vollständigen Urteil nachzulesen sein.

Autor des Gastbeitrags ist Dr. Ralph Heiermann, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Arbeitsrecht.

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