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StartDigitalesEin Kurs für alle

Ein Kurs für alle

Die Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden bietet einen Zertifikatskurs an, der Kenntnisse in Informatik und im Verwaltungshandeln vermittelt. Das Besondere: Der Kurs kann berufsbegleitend und flexibel absolviert werden. Wie das konkret abläuft und wer den Kurs belegt, erzählt Studiendekan Prof. Dr. rer. pol. Tim Pidun im Interview.

Behörden Spiegel: Sie bieten keinen Studiengang an, sondern einen Zertifikatskurs. Was ist der Unterschied?

Prof. Dr. rer. pol. Tim Pidun: Wäre es ein Studiengang, würde das bedeuten, dass die Menschen, die ihn belegen wollen, Studierende sind und das ist in diesem Fall nicht so. Sie sind Gasthörerinnen und Gasthörer.
Das kann man ganz unverbindlich sein. Man kann sich bis zu sechs Module aussuchen, an ihnen teilnehmen und eine Prüfung schreiben, wenn man möchte. Das alles muss man aber nicht in dem festgelegten Rhythmus machen, so wie es die Studierenden machen.

Behörden Spiegel: Wie genau funktioniert das Lernen in eigenem Tempo?

Pidun: Wenn ich ein Studierender der Verwaltungsinformatik bin, ist es wie auf der Autobahn – Ich habe eine Langstrecke in einem Bus vor mir und kann zwar zwischendurch mal kurz auf den Rastplatz, aber ich fahre im Prinzip mit der Reisegruppe durch und bestimme dabei nicht das Tempo der Reise selbst. Also übersetzt: Ich muss sechs Semester durchstudieren und habe dazu dazwischen Prüfungen zu schreiben.
Als Gasthörer ist es anders. Da kann ich frei entscheiden, wie viele Module ich in einem Semester mache. Ich muss nicht zu einem gewissen Zeitpunkt eine Prüfung schreiben, um weiterzukommen, sondern ich mache es genau in meinen Rhythmus.

Behörden Spiegel: An wen richtet sich der Zertifikatskurs?

Pidun: Der Großteil der Menschen, die ihn belegen, steht mit beiden Beinen im beruflichen Leben. Deren Lebenswirklichkeit lässt es nicht zu, dass sie ein ganzes Jahr oder mehrere Jahre irgendwohin studieren gehen. Daher wählen sie den Zertifikatskurs, absolvieren zum Beispiel in einem Jahr die ersten zwei Module, und im nächsten Jahr die nächsten zwei. Manche machen mehr, das ist gar keine Frage, aber es geschieht immer in ihrem Rhythmus, damit sie mit ihrem Privat- und Berufsleben weiter klarkommen.

Behörden Spiegel: Was ist die Motivation der Menschen, den Kurs zu belegen?

Pidun: Ich würde sagen, die Hälfte der Menschen, mit denen ich geredet habe, meinen: Ich bin an dem Punkt, an dem ich mit meinem Wissen aus meiner Vorbildung der Informatik und Digitalisierung nicht mehr weiterkomme. Und ich will mir aktuelles Fachwissen aneignen, ich will das richtig lernen.

Die zweite Motivation ist, im Öffentlichen Dienst eine höhere Qualifikationsebene zu erreichen, das ist ein großer Treiber. Da die HTW zwar eine staatliche Hochschule, aber keine Hochschule der öffentlichen Verwaltung ist, die es in jedem Bundesland gibt, kann ich niemandem garantieren, bestimmte Entgeltstufen zu erreichen oder sogar in ihrer Tätigkeit im Öffentlichen Dienst verbeamtet zu werden.

Aber: Wer den Kurs absolviert, erhält ein Zertifikat, welches sagt: Sie haben wesentliche Teile eines Hochschulstudiums der Verwaltungsinformatik absolviert. Sie haben Hochschulprüfungen geschrieben und bestanden und damit ECTS [Anmerkung der Redaktion: Leistungspunkte] erworben – und das ist durchaus etwas wert. Mit dieser Qualifikation können sie auf ihren Arbeitgeber, egal in welchem Bundesland, zugehen und ihren persönlichen Wert verhandeln. Der Kurs wird in der Regel als eine den Hochschulen für den Öffentlichen Dienst adäquate Weiterbildung auf Hochschulniveau anerkannt. Das habe ich schon mit vielen Ministerien besprochen.

Behörden Spiegel: Wer nimmt an Ihrem Kurs teil?

Pidun: Im Moment sind es sehr viele Verwaltungsmitarbeitende: ich schätze, weil genau dieses berufsintegrierende Weiterbildungsangebot sehr gefragt ist, da bin ich mir ziemlich sicher. Aber ja, der Kurs ist auch für die Verwaltung in Unternehmen anwendbar. Was diese inhaltliche Ausrichtung angeht – Verwaltung steckt nicht nur im Öffentlichen Dienst, sondern auch in der Privatwirtschaft –, da bin ich mit diesem Studiengang ein totaler Exot in Deutschland.

Behörden Spiegel: Was ist der Schwerpunkt des Kurses?

Pidun: So, wie die Wirtschaftsinformatik immer entweder eher wirtschaftsbasiert oder technikgetrieben ausgerichtet sein kann, so ist es auch mit der Verwaltungsinformatik. Wir sind definitiv eher ein Informatikstudiengang als einer der Verwaltungswissenschaft, also eher technikgetrieben, was in dem Kontext relativ selten ist. Wir verstehen Verwaltungsinformatik als Informatikstudium mit Schwerpunktwissen in der Domäne des Verwaltens.

Behörden Spiegel: Findet das Studium in Präsenz statt?

Pidun: Ja. Der Zertifikatsstudent oder die Zertifikatsstudentin macht die Veranstaltungen genau in dem Rhythmus mit wie alle anderen Studenten auch. Sie schwimmen einfach als Mitstudierende mit, ohne wirklich Student oder Studentin zu sein. Ich habe schon oft gehört, dass das erst skeptisch gesehen wird, denn heutzutage werden Weiterbildungen oft remote und en bloc am Wochenende absolviert und nicht im Fluidum einer Hochschule, aber die Teilnehmenden finden rasch Gefallen an dem tatsächlichen Besuch der Uni . Da sind viele junge Menschen, man kriegt neue Impulse und man kommt bewusst aus seiner eigenen gewohnten beruflichen Umgebung raus, das ist das Schöne daran.

Behörden Spiegel: Welche Rolle spielt die Kooperation mit Partnern für die Inhalte des Kurses?

Pidun: Wir bieten Module zu sogenannten „Aktuellen Themen“ an und laden dazu unsere Praxispartner ein. Die erzählen den jungen Menschen quasi „wie es da draußen wirklich läuft“ und geben ihnen wertvolle Tipps. Das ist unglaublich lehrreich. Gleichzeitig können die Vortragenden auf offene Stellen bei ihnen hinweisen – sei es als Werkstudent, im Rahmen eines teamorientierten Praxisprojekts, im Pflicht-Praxisprojekt oder um eine Bachelorarbeit dort zu schreiben. Ungefähr die Hälfte meiner Absolventen sind so in der Wirtschaft gelandet, die andere Hälfte im Öffentlichen Dienst.

Behörden Spiegel: Abschließend, was ist Ihre persönliche Motivation, den Kurs anzubieten?

Pidun: Mir geht es darum, ein Ergänzungsangebot in der Zielgruppe der Verwaltungsdigitalisierer zu haben und zu sagen: Ihr müsst nicht in Vollzeit oder Teilzeit studieren. Ihr könnt es auch langsam angehen lassen und in eurem Rhythmus lernen. Ein großer Vorteil ist vor allem: Ihr studiert zwar in Sachsen, aber euer Wissen ist nicht auf Sachsen oder den Öffentlichen Dienst beschränkt – ihr könnt es überall gebrauchen, sei es in Ministerien, Kommunen, Körperschaften öffentlichen Rechts, in der Justiz, in Softwarefirmen, Beratungsunternehmen, Innenrevisionen, Verwaltungsstabsstellen usw.

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