Dass manchmal wenige Meter über Leben und Tod oder wenige Kilometer über Katastrophe oder Sonnenschein entscheiden, davon weiß Cornelia Weigand, Landrätin des Kreises Ahrweiler, aus eigener Erfahrung zu berichten. Die Spuren der Flutkatastrophe 2021 sind in ihrem Landkreis immer noch sichtbar. Die Zusammenarbeit zwischen dem Katastrophenschutz und dem Deutschen Wetterdienst (DWD) müsse vertieft werden, damit Katastrophen dieser Art besser bewältigt werden können.
Die Liste von Katastrophen infolge von Extremwetterereignissen ist auch in diesem Jahr wieder lang. Das sogenannte Weihnachtshochwasser zum Jahreswechsel, das Hochwasser in Polen, Tschechien und Teilen Süddeutschlands und zuletzt die massiven Überschwemmungen mit zahlreichen Opfern in Spanien sind nur die prominentesten Beispiele. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass Extremwetterereignisse und Flutkatastrophen zunehmen werden“, sagt DWD-Präsidentin Prof. Dr. Sarah Jones beim DWD-Jahresempfang.
Viele Projekte in Entwicklung
Man müsse besser werden und die Informationen des DWD schneller an die Partner übermitteln. Zudem müssten die Informationen und Warnungen für die Bevölkerung verständlich sein, so Jones weiter. Ein Projekt, das dies erreichen soll, ist das Naturgefahrenportal, dessen Veröffentlichung im kommenden Jahr geplant ist. Mit dem Naturgefahrenportal soll die Verknüpfung von Prävention, Warnung und Information geschaffen werden, erklären Dr. Stephanie Hänsel und Dr. Andreas Lambert vom DWD. Durch diese Bündelung soll sich die Bevölkerung vor, während und nach extremen Naturereignissen einfacher informieren können. Es soll ein vollständiges Informationsangebot im Katastrophenkreislauf bieten.
Auch das Warnsystem wird überarbeitet. Unter dem Akronym RainBoW (Risikobasierte, anwendungsorientierte, individualisierbare Bereitstellung optimierter Warninformationen) wird das System neu entwickelt. Dabei sollen der Vorhersagehorizont erweitert, die Verständlichkeit erhöht und eine Individualisierung ermöglicht werden. In die Entwicklung fließen auch die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer mit ein, so Hänsel und Lambert.
Kommunale Schäden von 4,1 Milliarden Euro
Für eine individualisierte Warnung und Prognose setzt sich auch Weigand im Nachgang der Flutkatastrophe 2021 ein. Sie berichtet, dass man im Ahrtal wohl noch Glück gehabt habe – wobei Glück relativ sei. Bei der Flutkatastrophe starben im Ahrtal 135 Menschen, 766 Personen wurden verletzt, und 17.000 Menschen haben alles verloren. Die kommunalen Schäden beliefen sich auf 4,1 Milliarden Euro.
Nach einer Studie im KAHR-Projekt, das die Flutkatastrophe und die Wiederaufbaumaßnahmen wissenschaftlich begleitet, wurden die Auswirkungen von 25 Szenarien der Regenmassen berechnet, in denen die Regenwolken jeweils um einige Kilometer verschoben wurden. In einigen Szenarien hätte das Ahrtal wesentlich schlimmer getroffen werden können. „Wenige Kilometer entscheiden zwischen Katastrophe und Sonnenschein“, fasst Weigand die Ergebnisse zusammen.
Kleinräumig und im Zusammenspiel
Sie fordert eine kleinräumige und schnelle Betrachtung von Wetterentwicklungen. Zudem müssten die Daten von Expertinnen und Experten interpretiert und im Zusammenhang (z. B. Meteorologie und Hydrologie) betrachtet werden. Schlussendlich brauche es ein professionelles Monitoring auf Bundesebene, so Weigand.





